Vielleicht meine letzte Waldviertel-Neutour?
17. Juni 2016 von Bernhard Baumgartner
Und das war gestern (16. Juni) – von Obermeisling im Kremstal aus über alle Höhen und durch alle Gräben bis Ostra. Aber insgesamt war das doch keine Neutour für mich, denn bereits in meinem ersten Waldviertelführer von 1994 habe ich die (sicher spätestens zwei Jahre davor gemachte) Tour beschrieben. Von Senftenberg über das Heimliche Gericht bis Reichau und Ostra und zurück nach Senftenberg (kann ich mir heute gar nicht mehr vorstellen, was für eine Riesenstrecke).
Inzwischen habe ich mit Anni die felsigen Berghöhen beiderseits vom Kremstal zwischen Senftenberg und Königsalm noch intensiv bewandert. Zuletzt war ich am 11. Juni mit der Nachbegehung vom Heimlichen Gericht (Bild) beschäftigt, wobei wegen dem üppigen Pflanzenwuchs im heurigen Jahr und einer fehlenden Markierungstafel mir der Abstieg auf die Felskanzel einfach nicht gelingen wollte.
Inzwischen habe ich meine Tour von Felling (mit dem stillgelegten Rosenschloss) nach Albrechtsberg (hat eigene Tourenbeschreibungen) für das neue und erweiterte und grenzenlose Waldviertel gestrichen. Stattdessen wollte ich etwas Neues aus dem Kremstal, und nach Vorbereitung laut ÖK war es dann gestern (16. Juni) so weit! Eine (fast) neue Tour im Kremstal mit Ausgangspunkt Obermeisling, übrigens Lilienfelder Stiftspfarre von 1212!
Der Nepomuk, eine der drei Statuen auf der Friedhofsmauer neben dem Pfarrhof, gibt uns das Startzeichen, und auf dem zum Glück gerade noch ausreichend markierten Mariazellerweg-606 kommen wir bald an einem (etwas vernachlässigten) Wegkreuz vorbei. Im finsteren, verwirrend gegliederten Steilwald, durch den wir hinauf zum “Kogelberg” (?) steigen.
Dort war ich schon einmal, aber der asphaltierte Feldweg über die freien Höhen nach Westen hat sich gewiss auch seither verändert. Nun wird er dominiert von hochstehendem Getreide und äußerst spärlichen Feldblumen.
Eher leicht bergab kommen wir mit weiten Ausblicken zum nächsten Halt- und Rastpunkt, dem Nepomukkreuz. So lasch, wie ich dasitze, bin ich aber noch nicht, denn es muss ja noch weitergehen! Für mich zurück nach Obermeisling hinunter (gleich mit zwei Verhauern an schlecht grün markierten Abzweigungen), um das Auto zu holen. Für Anni gemütlich auf dem Güterweg (unverirrbar und auch asphaltiert) nach Reichau.
In Reichau treffen wir uns wieder. Das kleine Straßen- und Bauerndorf ist echt hübsch beisammen, das Zelt fürs Feuerwehrfest schon aufgestellt. Vor 20 Jahren habe ich im damaligen “Wandererlebnis Waldviertel” (Die schönsten Wege, NÖ Pressehaus 1994 und 1997, Restexemplare sogar noch bei mir) notiert: Schule und Gasthaus schon längst aufgelassen… Dasselbe gilt inzwischen auch für viel größere Orte wie Obermeisling…
Vor dem Weiterweg nach Nöhagen bietet sich von Reichau aus eine ideale Kleinrund nach Ostra hinauf an – von der Betonbrücke am unteren Ortsende abzweigend rot markiert durch den Käfergraben und vom Weißen Kreuz auf asphaltiertem Güterweg nach Ostra.
Der Stögerriedel ist mir von jahreszeitlich früheren Wanderungen als bemerkenswerter randpannonischer Standort in bester Erinnerung. Nun, im heurigen Juni, steht das Gras bis über Kopfhöhe – wahrscheinlich wären wir von fern nur so zu sehen gewesen wie die Rehe im hohen Getreide – die Lauscher gerade noch herausschauend! Teilweise ist das Gelände wegen der Umtriebigkeit des Besitzers arg ruderal beansprucht…. oben waren wir trotzdem. Und der Abstieg nach Reichau, in Ostra beim stillgelegten Trafohäuschen abzweigend und gelb markiert, ist wieder hübsch und naturnahe. Im Tal gibt es sogar noch eine Furt über den Reichaubach, die auf glitschigen Trittsteinen (schon 1994 erwähnt!) zu bewältigen ist. Lauern zwar keine Krokos oder Piranhas in den lustig dahinplätschernden Fluten, ergibt das doch einen Fotospaß…
Von der dörflichen Idylle in Reichau hinaus auf die Hochfläche wird es wieder ernst. Zuerst ein Stück die Straße Richtung Stixendorf entlang, vor der Straßenbrücke jedoch auf einen spärlich rot markierten Karrenweg abzweigend. Über einen alten Holzschlag hinweg gibt es zwar nur die Spuren des alten Fahrweges zwischen hohem Gras, dafür geht es im folgenden Hochwald auf einem Forstweg gut weiter. Übrigens – ein Pilzchen und schöne Eierschwammerl gab es in diesem moosigen Grund.
Wo dieser Fahrweg auf eine Wiese hinausführt, fanden wir zum Glück links, noch im Wald, die richtige Wegabzweigung – gelb und rot markiert, durch eine kleine Furt hindurch. Bei der nächsten Kreuzung waren als Markierung nur mehr die orangen Ringerl des offensichtlich neueren “Ringweges” die Richtungsweiser – scharf rechts hinaus ins freie Gelände.
Sobald man im südöstlichen Waldviertel aus den steilrandigen Tälern und Gräben hinaus kommt auf die Hochfläche, bietet sich ein – zu den Voralpen völlig gegensätzliches – Landschaftsbild. Sanft dahinwellende Fluren, überwiegend von Feldern bedeckt, Waldviertler Wald nur hinunter in die Tiefen. Bei etlichen Äckern bemerkten wir die beliebten “Feldgartln” – neben Erdäpfeln oder Getreide ein paar Zeilen Gemüse – weil das dort viel besser wachsen soll als im gehegten Garten! Die Rehe und Hasen werden ihre Freude daran haben (deshalb sind abschreckende Plastikfetzen aufgehängt, besser wären alte Strümpfe, mit Menschenhaar gefüllt), denn ihnen schmecken etwa Fisolen wahrscheinlich besser als dem bäuerlichen Nachwuchs, der sicher Pommes und Burger bevorzugt…
In Nöhagen, das über die freien Hochflächen zuletzt in kurzem Straßenmarsch erreicht wird, gibt es eine für Wanderer außergewöhnliche “Gourmé-Einkehr” – Gasthof Schwarz, im Sommer mittwochs bis sonntags geöffnet, Reservierung wird dringend empfohlen, gilt aber für Wochentagswanderer mittags wohl kaum… Und wie kommen wir nun von der Hochfläche wieder ins Kremstal hinunter?
Dazu bietet sich der alte Burgweg zwischen Nöhagen und Hohenstein (wo talaufwärts sich das vorher gezeigte Kraftwerk befindet) an. Die Ruine Hohenstein ragt gegenüber einem felsigen Umlaufberg aus dem Wald heraus, am besten zeigt sie sich aber mit der Ortskapelle.
Der Abschluss der Tour, bei der man insgesamt 18,5 km gehen kann und drei “Berganundabstiege” zu bewältigen hat, erfolgt wieder auf dem Mariazellerweg-606. Dabei kommt man am Sitz der Hammergewerken Penn vorbei, deren Familiengrab neben einer anderen Hammerherrenfamilie an der Kirchenmauer in Obermeisling angelegt ist. Zum Schluss geht es ganz malerisch die munter dahingischtende Krems entlang, aber das dicht verwachsene Ufer ist zwar gut markiert, aber fast noch ein Stück Urwald in diesem sonst so anmutigen Tal!