Bei der Fahrt von Österreich zum Plattensee, dem Ungarischen BALATON, egal ob über Sopron oder Köszeg (die bessere Route) – dabei durchquert man die Kleine Ungarische Tiefebene. Über die Grenze hinaus ist das Land zwar nicht absolut flach, hie und da gibt es sogar niedrige Hügel, etwa in der Nähe des aus der Steiermark (Raabklamm !) kommenden Flusses Raab / Raba. Bei klarer Sicht erscheint sogar der schon ferne Schneeberg wie ein Himalayagipfel, überhaupt wenn er noch weiß über die grünende Ebene leuchtet. Erst von der gequerten (von Sarvar her) oder befahrenen (von Vasvar her) Hauptstraße Nr. 8 kommt man auf die Hügelberge des Bakonywaldes zu. Aber halt – da erhebt sich im Nordosten über der “brettlebenen” Niederung ein echter Gipfel, die pyramidale Gestalt eines tertiären Vulkanberges, wenn auch nicht von alpinem, sondern von pannonischen Format – der SOMLO ! In der niedrigen Ebene wirken sogar seine 432 m Gipfelhöhe imposanter als es das nächste Bild zeigt.
Dieses Bild haben wir bei unserem ersten Besuch Ende Oktober 2013 aufgenommen, Stimmung damals schon sehr herbstlich, trotzdem starker Besuch wegen eines in Ungarn schulfreien Tages. Dass der über den sanft ansteigenden Weingärten schroff und teilweise sogar felsig aufragende Steilrand ein doppeltes Plateau verbirgt, wo allerhand Merkwürdigkeiten zu entdecken sind, haben wir damals schon bemerkt. Erst beim nachträglichen Stöbern im WEB hat sich herausgestellt, dass dieser SOMLO nicht nur das kleinste, aber womöglich feinste Weinbaugebiet Ungarns ist, sondern sicher auch seit uralten Zeiten kultische Bedeutung und Siedlungs- wie Schutzfunktion hatte. Aus diesem Grund wollten wir bei unserem letzten Frühlingsaufenthalt noch einmal dorthin kommen (Wein habe ich leider wieder nicht mitgenommen… daher vielleicht nicht das letztemal dort gewesen….).
Hier sind noch ein paar Bilder von 2013, die Tafel bezüglich EU-Förderungen verweist auf die Erschließung als Schutzgebiet im Jahr 2011 (ebenso groß sind die derzeitigen Werbetafeln der Orban-Regierung für Widerstand gegen die EU…). Bei der Anfahrt war uns das Wetter noch zu schlecht für den Abstecher zum Somlo, dafür zeigte sich der Tag der Heimfahrt am 10. April mit den besten Verhältnissen. Also fuhren wir von Tapolca auf der Nebenstraße über Nyirad (vorbei an Straßenrändern voll Frühlingsadonis und neben sicher auch botanisch interessanten Kalkhügeln, leider zu wenig Zeit…) nach Devecser an der Hauptstraße Nr. 8. Ein kleiner Orientierungsfehler (zu früh abgebogen) brachte uns noch dazu quer durch das Dorf Somlovasarhely, immer wieder interessant, solche abseitigen Orte zu sehen. Wieder auf der Hauptstraße zweigten wir nahe einer auffälligen Raststation in Richtung zum schon ganz nahen Somloberg ab.
Unser Ziel war die südlich des Gipfels stehende Margit-Kapelle (wie bei unserem letzten Besuch), aber zuerst näherten wir uns dem Berg von Westen her, wo sich auch eine Kirche auf einem Weingartenhügel befindet. Die Auffahrt ist nicht unspannend, weil durch Hohlwege zwischen martialischen Basaltsteinmauern, zwar asphaltiert, aber ziemlich schmal und bei Gegenverkehr unangenehm (trotz Rückfahrkamera unseres Mazda CX/5). Doch dann landeten wir gut am Parkplatz neben der richtigen Kapelle, wie schon bekannt etwas ruderal und säuberungsbedürftig, aber insgesamt ist der Eindruck der verstreuten Kelterhäuser gut (kleine Weinbaubetriebe und vielleicht Wochenendsitze, verwilderte Grundstücke gäbe es bestimmt leicht zu erwerben, wenn auch die derzeitige Regierung solchen Ambitionen eher feindlich gegenüber zu stehen scheint).
Neben der Margit-Kapelle die "Ruine" eines uralten, aber wieder frisch austreibenden Lindenbaums
Vor allem die Kirschbäume stehen in vollster Blüte, und vom Steilhang unterhalb der Basaltfelsen leuchten die Wilden Weichseln herunter. Neben einer im Gelände beschilderten Fotogalerie beginnt die (wie immer gute) Markierung auf den Somlo, die bald aus den Weingärten hinaus durch einen idyllischen Hohlweg den Hang hinaufweist.
Grete und Anni startbereit!
Dann kommen wir auf eine breite Terrassenfläche hinaus, die jetzt im Frühling wie ein verwachsener Brachacker wirkt, im Herbst aber von einigen Blumen bewachsen war. Geradeaus geht es auf den letzten Gipfelanstieg zu, der zwischen Strauchwerk steil und mit Stufen auf der rötlichen Erde “bezwungen” wird (poröses vulkanisches Tuffgestein im Gegensatz zum harten Basalt).
Bunte pannonische Wolfsmilch
Auf dem Gipfelplateau gibt es dann schon wieder etwas Neues, nämlich eine Gedenktafel (wie im Bild), das steinerne Schutzhaus mit seiner Aussichtswarte ist an einem so gewöhnlichen Tag natürlich geschlossen. Aber interessanter ist ohnehin das riesige, aus Holz konstruierte Kreuz mit der Heiligenstatue daneben. Bei einer Natur-Lehrpfad-Tafel würde der direkte Weg zu der am Nordhang weiter unten ragenden Burgruine / Vhar führen, den wir leider (wieder) nicht begehen.
Die überlebensgroße Figur des Sv. Istvan stellt den Nationalheiligen und Patron Ungarns dar, den Heiligen Stephan, der im 11. Jh. die Magyaren einigte und das ungarische Königtum mit der symbolisch so bedeutenden Stephanskrone (diese in Kopie im Budapester Parlament, Original in Wien bei den habsburgischen Herrschaftsinsignien) begründete. Zimperlich waren dieser heilige, die Ungarn zum Christentum bringende Herrscher sicher nicht (wie ich dem WEB entnehme), denn als die Nachfolge seiner Familie durch Verwandte in Frage gestellt wurde, ließ er diese blenden und ihnen die Ohren mit Blei ausgießen…..
Was soll das bedeuten? Sicher ist es ein wichtiges Symbol....
Wir spazieren nun (statt zur Ruine, auch ein Grund zum Wiederkommen) westlich über die Wiese hinunter, wo sogar schon Kastanien (und der Flieder sowieso blühen) und kommen zum westlichen Bergrand mit einer weiten Aussicht über die Kleine Ungarische Tiefebene. Leichter Dunst verhindert, dass wir etwa den Schneeberg sehen könnten, aber von den südseitigen Aussichtspunkten sind die Vulkangipfel bei Tapolca gut auszunehmen. Die grüne Wiesenfläche und ihre blühende Umrahmung mit Bäumen und Sträuchern ist jedenfalls ein sehr hübscher Eindruck!
Pimpernuss und Kirschen
Der markierte Lehrpfad wendet sich hier links zur Südseite und kommt an einer interessanten Infotafel vorbei. Entsprechend der österreichischen Katasteraufnahme von ca. 1820 wurde in Ungarn um 1870 (nach dem Ausgleich zwischen Österreich & Ungarn, Beginn der K. u. K. Habsburgerherrschaft, Franz Joseph als Kaiser von Österreich und König von Ungarn) eine ebensolche Vermessung durchgeführt. In dieser Karte sind am oberen Bergrand entlang zahlreiche Weinkeller / Pincen mit Namen versehen eingetragen! Die Weinberge sind hier heroben allerdings verschwunden und die Gebäude nur mehr als Steinhaufen erhalten. Interessant ist, dass der Somlo eher kleinbäuerlich bewirtschaftet war, sich aber in der Ebene darunter zwei riesige neue, teilweise unter der Erde verbaute Betriebe befinden (einen davon konnten wir als Brennerei vermuten). Was in der Landwirtschaft unter den Kommunisten als eine Art “Kolchosen” betrieben wurde, scheint sich nach der “Entstaatlichung” und dem Übergang zum kapitalistischen System wieder rückschreitend zu verändern, so wie einst der Adel der ungarischen Magnaten seine Großgrundbesitzungen hatte.
Eine "Puchinger-Pince" gibt es auch neben der Margit-Kapelle!
Nun kommen wir schon in den Nachmittag hinein, und durch den malerischen Hohlweg geht es wieder hinunter zu den Weingärten und zum Rastplatz bei der Margit-Kapelle. Dabei sehen wir sogar eine Smaragdeidechse, die wegen der angenehmen Wärme höchst lebendig und kaum zu fotografieren ist.
Nach ausgiebiger Rast bei mildem Wind und Sonnenschein machen wir uns dann an die Rückfahrt. Leider erwischen wir einen anderen “Zufahrtshohlweg” und versäumen das vorher gesehene Weingut, also geht es ohne zusätzliches Gepäck (unser Auto platzt ohnehin schon aus allen Nähten) an die Heimfahrt. Diesmal Richtung Sopron, aber bei Kophasa nach Deutschkreuz abzweigend und über die Burgenland-Schnellstraße nach Wr. Neustadt und ins schon heimatliche vertraute, mit zahlreichen Radarfallen versehene Triestingtal. Alles gut gegangen, nichts Unangenehmes passiert, und schön war´s!