“Umsatteln” in der Walster…
10. Juli 2012 von Bernhard Baumgartner
… von “Schusters Rappen” auf die “Drahtesel” !
Da stehen die Räder ganze Zeit in der Garage herum, immer heißt es nur – jetzt müssten wir endlich einmal radfahren… Aber draus geworden ist nichts – bis gestern: Endlich den Schlüssel zum Radschloss gefunden, heraus mit den Radln, abgestaubt (geschmiert muss erst werden) und die Reifen aufgepumpt. Sogar die alte Pumpe kriegt noch Druck nach dutzende Male pumpen, aber die Luft hält!
Nächster Akt – wenn wir nicht nur im Gölsen- und Traisental radeln wollen, müssen die Räder ins Auto. Hätten wir schon längst probieren sollen, aber endlich war es soweit, Rücksitze umgeklappt, und Annis Rad war schon hineingelegt. Aber jetzt mein (für meine Körpergröße etwas überdimensioniertes) Trekkingrad – ojeh, da schaut das Hinterrad noch heraus, also Vorderrad abmontieren, soll ja ganz einfach sein mit dem Drehbügel… Entweder sind wir technisch zu unbegabt oder wollte das Rad nicht aus der Gabel, weil es das noch nicht erlebt hatte. Zwar gelockert, aber dann wieder fest hineinmontiert und die Lösung: Schieben!!! Und drinnen war es. Gar nicht mehr ausgepackt, denn für heute sollte das Wetter auch für eine Vormittagstour passen.
Heute morgen: Vom Mostviertel her blaut es auf, im Wetterpanorama zeigt sich das Hennesteck in Annaberg mit Sonnenlicht (Gewitter am Nachmittag – ? – da halten wir schon wieder zuhause Siesta).
Anfahrt über Annaberg und Schmelz nach Ulreichsberg, denn dort beginnt die wunderhübsche und sanfte Strecke durch die Walster. Wochentags kaum belebt, das ist die Hauptsache, denn sonntags brausen hier Autos und Motorräder in Massen. Bei 17 Grad schwingen wir uns (es reimt sich sogar) aufs Rad und strampeln los, herrlich das Tal mit dem lebhaften Rottenbach entlang (kommt vom Walsterursprung nahe dem Tirolerkogel). Nach dem Bildstock “Heilige Familie”, wo der Wiener Wallfahrerweg über den Krumbachsattel (der Krumbach fließt aber “krumm” mit seinen vielen Mäandern) vom Kernhofer Gscheid her einmündet, kommt bald der Otterbach vom Fadentaler Sattel dazu. Und schon brausen wir bei der Wuchtlwirtin vorbei, ohne Einkehr, denn es soll ja nur eine Vormittagsfahrt werden (immerhin 100 km Fahrstrecke, selbstverständlich fürs Aut…).
Beim Hubertussee auf der Straße am Südufer entlang ergeben sich die ersten Fotohalts, und schon biegen wir über die Staumauer mit der Margarete (die Heilige, aber der Frau von Arthur Krupp seinerzeit gewidmet) zum Parkplatz bei der Klauskirche ein. Wunderschöne Stimmungen am Wasser! Über den See hatten wir schon “Rosenkranzgeräusche” herklingen gehört – jetzt trifft gerade eine große Wallfahrergruppe aus Wien ein. Die Teilnehmer, von kleinem Mädchen bis zur Großmama, werden nicht nur spirituell den stimmigen Kirchenraum genossen haben, denn inzwischen war es ganz schön warm geworden (wir waren ganze Zeit kurzhosig und kurzärmlig unterwegs).
Jetzt am nördlichen Seeufer, vorbei am Hubertus-Bildstock gleich die Rückfahrt antreten? Also das wäre sogar uns zu wenig gewesen! Daher bogen wir neben dem “Kleinen See” ab, unter der ehemaligen Volksschule vorbei (hier unterrichtete seinerzeit die hochgeschätzte Lehrerin, Dichterin und Mariazeller Heimatchronik-Verfasserin Schulrat Imma Waid, ich hatte das Glück, sie noch kennenzulernen und manches von ihrem Wissen in unserem alten “Mariazeller Bergland” – mit Werner gemeinsam – einzubauen).
Dieses Seitental mit seiner recht guten Sandfahrbahn führt zum “Schnittlermoos”, einer hübschen und stellenweise sumpfigen Weitung mit Blick zum Sulzberg und Schwaighüttenboden, rechts davon ein Dolomitriedel, wo im Frühsommer wunderschön viel Enzian blüht (Clusius-Kalkglocken-Enzian). Eine kleine “Schiebestrecke” brachte uns über die kurze Kehre hinauf ins Fadental und links zur Nachschau beim ehemaligen Labenbacher.
Dieses noch vor wenigen Jahren sommers und winters durch Mountainbiker und Langläufer so stark frequentierte Haus liegt nun ausgestorben da, der Wintergarten – einst der bevorzugte Platz beim Einkehren – gibt schon den Geist auf. Königskerzen blühen im Pflaster des einstigen Gastgartens, und die unterhalb angelegten Schmuckteiche verwildern ebenso.
Nur die uralte Rotbuche am Umkehr-Kreisel steht noch wie immer, und was die schon gesehen hat in ihrem langen Dasein, wird ihr die Gegenwart höchstens idyllisch vorkommen lassen (hier verlief ja auch die Zonengrenze zwischen Briten und Russen während der Besatzungszeit).
Die anschließende Fahrt nach dem niedrigen Sattel ins Walstertal war ein brausender Genuss, und auch die Rückfahrt bis zur Kreuzung in Ulreichsberg verlief vollkommen mühelos, weil kaum ansteigend. Dafür sahen wir dort noch eine Orchidee, die wir bisher aus der Walster nicht gekannt hatten – die Sumpfständelwurz, vorherrschend waren aber die wie purpur-rosene Kolben aus dem Grün ragenden Mücken-Händelwurzen.
Mit Fotografieren zwei Stunden, die geringe Kilometerzahl verschweige ich lieber zugunsten des Erlebniswertes, den ich hoffentlich gut genug schildern konnte. Nächstesmal fahren wir ins Halltal, parken bei der Walsterbrücke, fahren durch den Rechengraben und die Schwarzwalster ins Fadental, dann über die Wuchtlwirtin zum Hubertussee und zurück. Das wird eine “suprige” kleine Radtour werden (denn eine Radtortour wollen wir ja eher vermeiden). Ja, nachmittags hat es schon wieder gehörig gewittert…
1 Reaktion zu ““Umsatteln” in der Walster…”
Mir gehts wie Euch – Fahrrad schläft im Keller vor sich hin! Dabei könnte ich es auch ganz leicht ins Auto verladen!
Dachte mir schon, die Schnittlermoos-Straße seid Ihr raufgefahren? Ich kenn sie ja vom Langlaufen anno dazumal! Ok, das steile Stück doch geschoben – bin schon wieder beruhigt!
War sicher eine sehr schöne Runde!!
Wär vielleicht gar nicht so dumm, das Rad mitzunehmen, wenn ich (fragt sich nur wann) ein paar Tage in der Gegend verbringe.