Palfau: Halbwegs am Gamsstein
9. Oktober 2012 von Bernhard Baumgartner
Zwar hab ich heuer schon den Gamsstein von der Nordostseite her (Sandgraben, Hollenstein) “derpackt”, aber die Südseite von Palfau her war mir noch unbekannt. Meine Planung – wenn im späteren Herbst die Lärchen golden werden, wollte ich die große Runde vom Salzatal her machen. Aber die Verhältnisse haben sich jetzt tatsächlich so verändert, dass ich nicht mehr warten konnte. Wer weiß, wie das Wetter noch wird, wenn auch der zum letzten Wochenende angekündigte Schneefall auf den höheren Gipfeln der Voralpen ausblieb – aber immerhin, der Hochschwab war schon ab der Zweitausendergrenze angezuckert, wie wir am Montag bemerkten.
Nach dem prachtvollen Samstag (zwischen Puchenstuben und Gemeindealpe Fototour mit Mariensteinwanderung) sollte zwischen Sonntag und Dienstag eine kurze Zwischenbesserung eintreten. Diese wollten wir unbedingt nützen, und fuhren am Montag, 8. Oktober, schon relativ zeitig die fast 100 km über Pielachtal – Gaming – Göstling nach Palfau im Salzatal. Start zur Tour unterhalb der Kirche ca. halb zehn Uhr. Diesmal hatte der Wetterbericht voll recht – je weiter wir nach Westen vorangekommen waren, desto weniger Wolken, und in Palfau schien schon die Sonne, letzte Wolkenfahnen auf den Bergen…
Uns war klar, die große Gipfelrunde wird es diesmal nicht (die obere Region habe ich bereits begangen), aber der Palfauer Panoramaweg über Naturfreundehütte und Moarniederalm bietet sich statt dessen als ebenfalls lohnende Runde an. Übrigens ideal, wenn oben schon oder noch zu viel Schnee liegt!
So, und jetzt zur eigentlichen Tour: Nahe der auf einer steilen Kuppe ragenden Pfarrkirche (unten Konglomerate der Salzaterrassen, entlang der Zufahrt zum Bergbauern auffallend) geht es den asphaltierten Güterweg entlang zum auf einer sonnigen Hangfläche gelegenen Bergbauern hinauf. Frisch geputzt ist das gepflegte Gehöft (die junge und freundliche Bäuerin trafen wir bei der Schutzhütte, gerade mit dem “Abhagen” beschäftigt). Nach einer am Waldrand oberhalb gelegenen Hütte (kann gemietet werden!) geht es steil in den Wald hinauf. Überall eine Menge Schwammerl, Steig etwas rutschig nach dem Regen in der Nacht zuvor, weniger an den steinigen als an den lehmig-erdigen Stellen.
Zuletzt geht es über die ”Hüttenwiese” – mit Blick ins Salzatal und zu den westlichen Ausläufern des Hochkars – steil hinauf zur Schutzhütte der Naturfreunde Palfau. Herrliche Lage, das Musterbeispiel einer von den örtlichen Mitgliedern betreuten Hütte, leider seit Mitte September bis in den Mai geschlossen. Aber auf der Hüttenbank ist es gemütlich in der Sonne zu sitzen, und die erste Jause ist auch schon angesagt, nachdem wir zeitig aufgestanden waren.
Bei der Wegkreuzung kurz links oberhalb der Naturfreundehütte scheiden sich die Wege. Direkt geht es über den steilen Hühnerriegel zum Gipfelkreuz am Gamsstein (bei der Einnündung des Steiges zum Gipfelgrat auf 1770 m, der höchste Punkt erhebt sich ca. 200 weiter westlich und ist um vier Meter höher). Für uns aber beginnt nun die Walkingstrecke rechts (östlich) auf der Forststraße, ca. in 1000 m Höhe mit sanften Anstiegen und Gefällsstrecken.
Die sonst so geschmähten Forststraßen haben auch ihren Vorteil, wenn man vor allem die Knie schonen soll! Und wegen der fantastischen Ausblicke kommt auch keine Langeweile auf, dazu wie schon bemerkt die prächtigste Laubfärbung!
Hat sich beim ersten Aufstieg vor allem der Tamischbachturm in den Vordergrund gedrängt, kommt jetzt immer mehr der Buchstein ins Blickfeld – markant die Tieflimauer, der ebenso scharfe Kleine nicht vom massigeren Großen Buchstein abgehoben. Dafür zeigen sich dann auch Admonter Reichenstein und Sparafeld, und schließlich kommen sogar noch Hochtor und Planspitze zum Vorschein.
Aber der Star des Panoramas ist der Lugauer – mit seinen wehenden Wolkenfahnen wirkt er fast wie ein rauchender Vulkan! Der westliche Hochschwab verbirgt sich etwas hinter der unmittelbaren Waldbegrenzung des Palfauer Salzatals, aber dahinter ragen die Spitzen der Eisenerzer Alpen.
Hat der Aufstieg zur Schutzhütte eine gute Stunde gedauert, würde die Panoramastrecke wohl nur ebenso lang dauern – wenn nicht das Schauen und Fotografieren wäre! Aber dazu machen wir ja auch unsere Wanderungen, nicht nur zum Marschieren, und mit Genuss gebummelt zahlt sich aus, denn das “dicke Ende” kommt sicher noch, denn wir müssen ja auch noch ins Tal hinunter.
Zuvor aber eine zweite Rast auf der Moarniederalm, einer sanften Almwiese mit Teich und Traumfotomotiv auf die Gesäuseberg von Nordosten her.
Dann beginnt der Abstieg – keine alten Wege mehr, nur Forststraßen, die von der Oberen Palfau bzw. aus dem Raffelgraben sich heraufschlingen und dann bis zum Niederscheibenberg am Hollensteiner Weg weiterziehen. Immerhin gibt es auch Abwechslung – Ausblick zwischen golden leuchtenden Bäumen ins Salzatal, dazwischen ein eigenartiger Gesteinsaufbruch – zwischen Kalkmassen (Reiflinger und Gutensteiner Kalk folgen talwärts auf die massiven Wettersteinkalke des Gipfelzuges) quellen blaugraue Tonmassen hervor. Sie können nur mit Rauwacken und Werfener Schichten an der tektonischen Linie zusammenhängen, an der von Süden her die Ötscherdecke auf das System der Lunzer Decken (Südteil Sulzbachdecke) aufgeschoben sind.
Weiter unten ist die Steinböschung herabgebrochen, und es liegen extrem schöne Blöcke von Reiflinger Kalk herum. Ich kann nicht widerstehen und gleiche meinen nach den Jausenzeiten schon recht leicht gewordenes Rucksackgewicht mit ein paar abgeschuppten Steinplatten aus.
Dann rückt das Tal näher, der Gipfelzug taucht hoch oben auf, aber bis wir endlich unten sind, folgen endlos die Kehren des Forstweges. Unten im Flachen lagern die wiederkäuenden Rinderherden, sogar mit einem Bullen, der zwar bedrohlich aussieht, aber auch nichts anderes im Sinn hat, als sein geweidetes Gras zu verdauen…
Auf der Seitenstraße (die Hauptstraße verläuft unten an der Salza), die durch das Ortsgebiet nach Großreifling führt, gehen wir noch einen Kilometer bis zum Auto. Vorbei an gepflegten Häusern und der im heurigen Jahr geschlossenen Volksschule (die restlichen acht Kinder teilen sich auf die Schulen in Landl, Gams und Göstling auf – statt in einem Schulbus zu einer Schule zu fahren, wie das funktionieren soll?). Ja, und das Auge des Gesetzes wacht - an dieser wichtigen Stelle wird Radarmessung durchgezogen! Aber der Polizist ist ganz freundlich – wir haben die Höchstgeschwindigkeit trotz Walkingstöcken sicher nicht überschritten – und bei einem kleinen Tratcherl erfährt man eben die lokalen Besonderheiten am besten!
Heimfahrt über Mariazell (insgesamt 265 km gefahren) – welch eine Pracht – das wildromantische Salzatal im späten Nachmittagslicht, zwar ohne anzuhalten, aber trotzdem ein unvergesslicher Eindruck dieser so nahen Gebirgsszenerie. Zum Schluss noch eine süße Orgie beim Pirker in Mariazell, denn anders kann man unseren ausufernden Appetit nicht bezeichnen – Topfenstrudel mit allem Zubehör, Lebkuchenparfait mit sooooviel Schlagobers und Schokolade… Ach, diese Sünden! Immerhin hatten wir vor, uns von dem berühmten und wirklich köstlichen Lebkuchen einen Vorrat mitzunehmen, aber der Gusto auf Süßes war uns inzwischen vergangen. Es war jedenfalls ein würdiger Abschluss dieses ganz herrlichen Tages!
2 Reaktionen zu “Palfau: Halbwegs am Gamsstein”
Aaah, is der scheen! Wär vielleicht was von Göstling aus? Dort wollen wir ja auf jeden Fall nochmal hin, und dann wär die Anfahrt nicht so weit.
Eli, das ist eine günstige Gelegenheit – relativ kurze Zufahrt von Göstling (ca. 15 km), angenehme Verhältnisse am Südhang, Anstieg zur Naturfreundehütte etwas steil und stellenweise rutschig, aber nur etwas mehr als 1 Std. (gemütlich), Rest auf bequemen Forststraßen recht langwierig, vor allem Abstieg von der Moar(nieder)alm, aber bis dorthin und´noch etwas weiter unten die schönsten Ausblicke! Viel Glück! Grüße! BB