Korntauern – Göttinger Weg und Römerpfad
4. September 2012 von Bernhard Baumgartner
Durch das Gasteiner Tal führte schon in frühgeschichtlicher Zeit eine Handelsroute, die Römer verbanden hier auf kürzester Strecke Juvavum / Salzburg mit Teurnia / Spittal an der Drau. Von der Salzach hinein in “die Gastein” ging es aber vor der Urstraße durch den Klammpass (heute bewundert man angesichts des Straßentunnels die Abenteuerlichkeit dieser Felspassage) über die “Drei-Waller-Kapelle” hoch über Klammstein (eine für uns noch ausstehende Wanderung).
Über den Tauerhauptkamm führten dann zwei Routen zwischen Böckstein und Mallnitz – der Hohe Tauern oder Korntauern bzw. der Niedere oder Mallnitzer Tauern aus dem Naßfeld mit der Hagener Hütte. Uns interessierte besonders der Korntauern, da ich dort nur bei der Begehung des Tauernhöhenweges nahe vorbeigekommen war (den Mallnitzer Tauernweg haben wir vor ein paar Jahren von Sportgastein aus erkundet).
Der Tauerntunnel bietet für Gastein eine vorzügliche Erweiterung des Tourengebietes, egal ob man mit dem Auto durchfährt, um in Mallnitz oder noch weiter davon flexibel zu sein, oder bei Bahn- und Busbenützung. Der Ankogel mit Auffahrt fast bis zum Hannover Haus hatte uns schon einmal gefoppt (Montag und Dienstag kein Betrieb), da waren wir weiter aufs Schareck gefahren bzw. hatten wir ein große Runde über die Glocknerstraße geplant (alles im Blog schon einmal berichtet). Diesmal waren wir vorgewarnt, aber statt dem Ankogel (waren wir beide und ich sogar mehrmals oben) sollte es eine Höhenwanderung zum Korntauern werden.
Das schönste Wetter für unsere “Gasteiner-Wanderzehntage” war am Sonntag (19. August) angesagt. Allerdings unterschätzte ich den Andrang bei der Tauernschleuse, und so verließen wir die Ankogelbahn erst um die Mittagszeit, immerhin auf über 2600 m. Fast alle Gäste “wurln” hier zum Hannover Haus hinauf, um als höchstes der Gefühle dann die Pistenrouten zur Mittelstation hinabzuwandern. Die Ankogel-Anwärter waren ja sicher schon früher unterwegs, wir begnügten uns mit den ersten hohen Gipfelblicken – neben Ankogel als Hintergrund des Seebachtals die Hochalmspitze, das Säuleck und die auch ganz markante Maresenspitze, sogar ein Blick zum Hocharn, dem eisigen Nachbarn des Rauriser Sonnblicks, öffnete sich unverhofft. Ganz bezaubernd aber war die Aussicht über das Mallnitzer Tal gegen die Kreuzeck-Gruppe mit ihren im Gegensatz zu Gastein dunklen und fast abweisend wirkenden Gipfeln. Wie überhaupt die Nordseite der östlichen Tauern im späten Sommer, wenn die zierenden Schneefelder schon weitgehend abgeschmolzen sind, ein freundlicheres Bild bietet.
Irgendwelche Umarbeiten hatten eine Wegumleitung verursacht (noch dazu über die Schotterpiste), wir folgten aber dem Alpenvereinsweg gleich über den Grat zum Elschesattel – schon nach wenigen Schritten abseits des Touristentrubels (wenn dort überhaupt ein solcher herrscht, höchstens am Parkplatz unten erschreckend) und mit einigen Blümchen (Zwergseifenkraut) und Fotoblicken. Dann ging es in das weitflächige Kar der Hinteren Lugge hinein, immer den 502-Markierungen nach.
Ein sanftes Stück ‘Tauern-Höhenweg
Im Spätsommer ist diese “Haute Route”, abgesehen von den wenigen expnierten Stellen, ziemlich problemlos, zahme Steige sind allerdings die Ausnahme, oft gibt es Blockfelder mit “Sprungschritten” oder steilhangige Querungen. Hier geht es auf dem Abschnitt “Göttinger Weg” gemütlich dahin (trotz Sperrtafeln, aber sicherlich nicht die erste Strecke betreffend, oder doch wegen der Bauarbeiten?).
Was uns aufhält, sind die Gesteinsverhältnisse: Zwischen den Zentralgneis-Kernen von Sonnblick und Hochalmspitze-Hafner treten nämlich im Ankogelbereich vielfältigere, bunte Gesteinsserien (ältere Schieferhülle des Tauernfensters) auf, die bei Mineralsuchern als sehr fündig gelten. Die vielfach hervortretenden Quarzgänge sind daher vielfach “beklopft”, aber ein klarer Bergkristall bleibt wohl den professionellen “Strahlern” oder einem außergewöhnlichen Zufall vorbehalten. Noch dazu, wo unser Geologenhammer im Auto gelassen wurde! Viel leichter zu finden sind etwas Glimmerschiefer mit Granaten oder überhaupt “schöne” Steine – das verbrauchte Jausen- und Getränkegewicht im Rucksack wird daher bald von den Funden ausgeglichen… Und die Zeit läuft auch schon fast davon, denn nach 16 Uhr fährt die Gondel von der Mittelstation zu Tal, also flott jetzt weiter!
Das Luggetörl leitet über einen schärferen Kamm hinüber ins nächste Kar unter dem Korntauern. Hinauf sollen sogar einige alte Eisenklammern helfen, jenseits schlingt sich der schmale Steig geschickt an Felsplatten vorbei wieder ins weitläufige Kar hinab. Nur Blockhalden hemmen das rasche Dahinwandern, aber dafür geht es eher bergab und erst zuletzt ein Stückchen hinan zur Wegteilung zwischen dem Tauernhöhenweg und dem querenden Römerweg, von dem eine kurvige Steinschlichtung deutlich bereits erkennbar ist.
Wie eine Gedenktafel anmerkt, wurde dieser Tauernweg schon vor 5000 Jahren begangen, also in jener fernen Zeit, als der berühmte Bronzezeitmensch Ötzi im Schnalstal den Alpenhauptkamm überquerte und dabei sein eisiges Grab “fand”. Dabei war es im damaligen Klimaoptimum sicher viel wärmer auf den hohen Bergen als heute. Als Saumpfad oder vielleicht sogar stellenweise als Karrenweg ausgebaut haben den “Tauern” dann die Römer und sicher noch die Gewerken des Mittelalters, und bis in die Neuzeit hinein waren die Römerwege in intensiver Benützung. Erst der Durchschlag des Tauerntunnels um 1907 lenkte den Personen- und Warenverkehr von den Höhen ins Tal.
Auf dem Römerweg
Wegen der fortgeschrittenen Zeit müssen wir auf den Aufstieg zur Schartenhöhe des Korntauerns leider verzichten. Aber der Rastplatz kurz vor dem Kleinen Tauernsee und dieses in Blockwirrnissen eingelagerte “Doppel-Seelein” lassen uns das verschmerzen, denn es geht schon dem mittleren Nachmittag zu, und erst jetzt ist die Mittagsjause angesagt. Zum Glück erweist sich meine Zeitschätzung für den Abstieg zur Mittelstation diesmal als voll zutreffend und sogar mit Reserve geplant (Anni ist da seit unserer Dürrensteintour eher skeptisch gewesen…).
Der Römerweg selbst ist eine stellenweise erstaunlich gut erhaltene Trasse, mit Dammschlichtungen, Steinpflasterungen und oft als Rasenband im Blockwerk erkennbar (in den Bildern durch Bearbeitung hervorgehoben). Wo das Gelände steiler ist, haben sicher Erosion und Bergstürze den alten Verkehrsweg beeinträchtigt, zumal er seit mehr als 100 Jahren ja nicht mehr benützt und daher nicht instandgehalten wird. Das Bild mit dem vom Schönbretterkopf herabgekugelten Riesenblock mit Anni als Zwergerl daneben zeigt die Naturgewalten ganz deutlich.
Im schönsten Nachmittagslicht und bei angenehmer Wärme ist dieser Abstieg ein wahrer Genuss, immer den hohen Felskamm vom Säuleck zum Maresenspitz vor Augen und im Rückblick die Gamskarlspitze mit ihrem hohen, von einem winzigen Gletscherrest erfüllten Gipfelkar. Zuletzt werden die gequerten Hänge immer steiler, und von den historischen Wegspuren ist hier nichts mehr zu bemerken. Dafür kommen die ersten Lärchen und Wetterfichten in Sicht, und das blühende Heidekraut lässt die Zwergstrauchheiden violett aufleuchten.
Krönender Abschluss der Tour ist der Blick auf die nun voll beleuchtete Granitwand der Hochalmspitze über dem Lassacher Winkelkees. Kaum zu glauben, dass wir in unserer noch gar nicht so lange zurück liegenden Periode eines alljährlichen Dreitausenders dort über den Detmoldergrat hinunter gekraxelt sind. Ganz zu schweigen von der Winkelscharte, die wir 1965 bei viel Neuschnee durchstiegen haben, sicher damals viel leichter als bei dem heutigen voll ausgeaperten und sicher von Steinschlag noch mehr bedrohten Zustand.
Gerade wartet die vorletzte Gondel schon startbereit, und beim Hinabfahren kommen wir in der kaum belüfteten Kabine erst so recht ins Schwitzen, wie den ganzen Tag nicht! Die Rückfahrt mit der Autofähre kann auch ohne Verzug erfolgen, und bei zunehmenden Hitzerekorden an den nächsten Tagen ist Genießen in der Alpentherme Bad Hofgastein angesagt – auch ein Bergerlebnis, aus dem wohlig warmen oder frisch kühlen Becken oder dem Liegestuhl das optische und virtuelle Gipfelerlebnis zu absolvieren…
1 Reaktion zu “Korntauern – Göttinger Weg und Römerpfad”
Hach, das sieht ja wunderschön aus. Da möchte ich sofort hin.