Im Dreiländer Naturpark Raab-Örseg-Goricko
26. März 2016 von Bernhard Baumgartner
Ein überraschender Geburtstags- und Oster-Kurzurlaub! Das Wetter hat auch gepasst, denn bei kaltem Nordwind und Schnee am Alpennordrand fährt man am besten nach Südosten.
Zwar schaut es dort auch noch nicht frühlingsmäßiger aus als bei uns zuhause (schöne Blütezeit eigentlich nur im pannonischen Gebiet), aber immerhin ist es trocken und zeitweise freundlich mit ein ganz bisschen Sonne.
Zufahrt über die Südautobahn, von Bad Waltersdorf Richtung Fürstenfeld, aber gleich wieder von der belebten Grenzstraße weg und abseits durch verträumte Gegend nach Jennersdorf. Hier beginnt bereits der österreichische Anteil des Dreiländer Naturparks. Tolle Sache – ab 2003 durch grenzübergreifende Schulprojekte begonnen, hat sich daraus bis 2006 dieser Naturpark entwickelt!
Wir kennen diese Gegend aber vor allem von unseren Fahrten auf der Suche nach der (für uns im Gebiet nördlich der Alpen Beheimateten) seltenen Hundszahn-Lilie. Die haben wir bei Windisch-Minihof und Windisch-Liebau gefunden (die Stelle müsste ich auch erst wieder suchen, nachdem schon einige Jahre seither vergangen sind).
Diesmal ist aber unser Wanderziel der “Dreiländerstein” im Grenzwinkel von Österreich, Ungarn und Slowenien. Nach der Freytag&Berndt-Wanderkarte Nr 412 (Südoststeirisches Hügelland) kann man sich relativ gut orientieren, jedenfalls bei allen unseren Urlaubsunternehmungen, sozusagen als Ausflug in die slowenische Nachbarschaft, wenn man etwa in Bad Radkersburg untergebracht ist. So zweigen wir in der kleinen Streusiedlung Tauka von der Hauptstraße ab und fahren auf schmäleren Asphaltstraßen hinauf zum Kölbereck.
Ein Wegweiser zeigt die Abzweigung zum Gasthof Lang an, den Startpunkt für die Wanderung, und nun befinden wir uns auch schon an der mit rot-weiß-roten Pfählen (neben den Grenzsteinen) markierten Staatsgrenze.
Vom Parkplatz geht es nur mehr ein kurzes Stück am Wiesenrand weiter, dann hinein in die geschlossenen und noch völlig kahlen Laubmischwälder (typisch auch Edelkastanien). Der in eine Forststraße übergehende Fahrweg wird beiderseits von den slowenischen und österreichischen Grenzsteinen gesäumt, und auf jedem Stein ist das Maß zur genauen Grenzlinie angegeben – Anni steht im Bild sozusagen mit einem Fuß bei uns und mit dem anderen im Nachbarland!
Der Grenzweg zieht über einige Kuppen und Sattelmulden hinweg, keine aufregende Sache, lässt man die in der eher eintönigen Natur verborgenen historischen Ereignisse und das damit verbundene Schicksal der Menschen in diesem Grenzwinkel außer Betracht…
Nach kurzem steilerem Anstieg kommt eine Gipfelkuppe in Sicht, außerdem eine Familie als einzige Begegnung auf der einstündigen Wanderung. Nun stehen wir vor dem Dreiländerstein, daneben ein Unterstand samt kleinem Kinderspielplatz (als sollte an die Kinder gedacht werden, in welchen unsere Zukunft lebt) und interessante Infotafeln.
Hauptkontrahent bei der Grenzziehung nach dem “Friedensdiktat” von S. Germain 1919 war der neu entstandene Staat der Serben, Kroaten und Slowenen Jugoslawien. Das im Vertrag von Trianon 1920 (beides Schlösser bei Paris, wo die Verträge unterzeichnet wurden) “geschrumpfte” neue Ungarn – so wie die vom Habsburgerreich übrig gebliebene junge Republik Österreich – war vom Schicksal der staatlichen “Verzwergung” betroffen und spielte eher eine Nebenrolle an diesem geschichtsträchtigen Punkt. Es erscheint wie ein Wunder, das wir an der Wende vom zweiten zum dritten Jahrtausend unserer Zeitrechnung erleben konnten, dass die Menschen nun ohne Grenzen leben können – wenn die Geschichte nicht einen Sprung zurück macht…
Der Rückweg durch die einsamen Wälder, wo gerade noch ein Holzstoß oder eine in Grenznähe führende österreichische Forststraßen oder ein paar Bienenstöcke an die sich entfernter haltenden Siedlungen erinnern, verläuft relativ rasch. Dann kommen wir schon wieder zum (montags bis mittwochs nicht geöffneten) Gasthof Lang. Unser nächstes Ziel ist eine vom Wiesenhügel am Kölbereck herabblickende Kapelle.
Eigentlich steckt ein Glockenturm in dieser hölzernen Kapelle, und ihr Baudatum ist am Kreuz abzulesen.
Zurück zur Hauptstraße und auf dieser Richtung Slowenien – der Grenzübergang bei Bonisdorf ist völlig unbesetzt, etwas erstaunlich bei den “Schutzankündigungen” unserer Südgrenze (im Gegensatz zu Mureck, das wir drei Tage später passierten). Wir müssen nur aufpassen, die nächste Abzweigung nicht zu verpassen – Richtung Grad mit dem slowenischen Naturpark-Zentrum.
Die Landschaft, die wir jetzt durchfahren, ist recht malerisch, mit der südlichen Steiermark vergleichbar, aber nicht so üppig wie etwa bei Gamlitz, eher mit der Umgebung von Bad Gleichenberg vergleichbar. Zuerst gibt es nur verstreute Ansiedlungen, Waldpassagen und Wiesen dazwischen, dann unten im Tal die Ortschaft Kuzma. Auf einer folgenden Berghöhe ragen Schlossdächer über die Baumwipfel, doch als wir der ansteigenden schmalen Straße folgen, kommen wir auf einen freien Höhenrücken mit einzelnen Häusern. Ein freundlicher Mann kümmert sich gerade um die Weinhecke neben seinem schon vor langer Zeit gebauten Elternhaus, wo schon die hölzernen Balken unter dem abbröckelnden Verputz hervorkommen. Andere kleine Gehöfte sind aber durchaus schön beisammen, das Umfeld fleißig bewirtschaftet.
Im Talort Grad befindet sich die moderne Präsentation des Naturparks – Erlebnispark Vulkanija genannt – leider wie das Schloss Montags geschlossen. Beim Schloss, das großteils aufwändig renoviert erscheint und auf einem Fußweg oder über eine Straßenserpentine erreichbar ist, befindet sich ein schöner Landschaftspark, aber dieser ist wie die Landschaft überhaupt noch sehr kahl. In der Saison und während der freundlicheren Jahreszeiten dürfte das alles sehr ansprechend sein. Wir wählen als Ausweg den Aufenthalt in einer Therme und überdauern so den österlichen Kaltlufteinbruch auch ganz angenehm. Jedenfalls haben wir wieder eine neue Gegend kennengelernt, und mit dem Hineinschnuppern wächst sicher der Appetit auf mehr…