Tour in den Urwald: Zum “Lehardi” im Oistal und Versuch am Schwarzkogel
13. Juni 2012 von Bernhard Baumgartner
Eigentlich war am Fronleichnamstag (7. Juni) die Gemeindealpe geplant, mit Breimauer und Feldwies. Aber wie am Vortag (am Hochstadelberg erlebt) war das Vormittagswetter nicht so einladend für die Höhenwanderung, und so fuhren wir gleich über den Zellerrain nach Neuhaus. Als Alternative sollte es ins Oistal gehen, vielleicht doch schon zur Frauenschuhblüte!
Aber bereits beim Start (10.20 Uhr, relativ spät) leuchtete tiefblauer Himmel über die endlosen Wälder, und so wurde folgende (im Geheimen schon überlegte) Tour daraus.
Neuhaus – Faltlhöhe – Oistal – Rainriedel zum “Lehardi” (P. 1242 m der ÖK) – Schallenkogel – Erkundung zum Schwarzkogel, gleicher Rückweg (3 1/2 Stunden).
Wir marschierten also ins Seitental Richtung Faltlhöhe, noch frische Luft und den vielfach mäandrierenden Bach entlang, sodass die Forststraße nicht lästig wurde. Rasch waren wir drüben im weltfernen Talgrund der Weißen Ois, langgezogen bergan und kurzer Abstieg, bis dorthin nur 3/4 Stunde. Unterwegs trafen wir schon zwei Wanderinnen, die uns berichteten, dass der Frauenschuh im Oistal noch nicht blüht (bei Neuhaus schon). Ein starker Hinweis auf die “Kälteinsel” dieser Ost-West verlaufenden schluchtartigen Talfurche, wo im Talgrund das Krummholz wächst, auf den höheren Hängen hingegen der Bergmischwald!
Der Seitengraben zum “Lehardi” (selbstverständlich nirgends eine Markierung, denn zwischen Großem Zellerhut und Dürrenstein gibt es keine) bot die erste Überraschung – ein breit ausgeschobener Forstweg links vom mit gestürzten Bäumen verschlagenen Graben, auch rechts davon eine noch breitere Forststraße. Am Dolomitgrushang blühten hier sogar noch Clusiusprimeln und eine noch ansehnliche Schneerose!
Die Route gestaltete sich also wesentlich anders als aus der Karte ersichtlich. Ich habe die aktuelle ÖK mit den Routen eingefügt, aber auch die alte Landesaufnahme (1933/34 bzw. Berichtigung 1948, Blatt 72/3 Lackenhof), und da wird ersichtlich, wieviel genauer die alten Karten waren!
Jedenfalls war aus dem Karrenweg eine steil ausgeschobene Forst-Trasse geworden, trotz der tiefen “Ableiten” (“Oloatn”) schon wieder stellenweise ausgeschwemmt, die in einen kleinen Sattel mündete (erster Sattel). Dort geht rechts ein alter Karrenweg in den Weitentalgraben ab, von wo schon wieder eine neue Forststraße heraufblickte.
Der hier schon begrünte Forstweg führt weiter am Hang hinan zu einem weiteren (zweiten) Sattel mit Ausblick zum Dürrenstein mit dem Rotwald-Urwald-Gelände und erstem Blick zum Schwarzkogel. Nur dem Gefühl und der ÖK nach (leider die alte Spezialkarte zuhause gelassen, schien ja eine ganz problemlose Route) ging es nun über die Lichtung auf kaum wahrnehmbaren Spuren geradeaus weiter.
Den “bewaldete Aufschwung” (eigentlicher Rainriedel) oberhalb umgingen wir leicht links, aber ganz hoch haltend, auf einer schwachen Steigspur – und was trafen wir oberhalb an? – wieder eine neue Forststraße im “dritten Sattel”! Diese kam ebenfalls aus dem westlichen Graben herauf und führte uns am Rücken geradeaus entlang, aber nur kurz, denn nun wendete sie sich in die östlichen Hänge, wo Motorsägengeräusche zu hören waren!
Eigentlich glaubte ich schon, die Sattelhöhe läge nun unmittelbar vor uns, aber die befand sich noch hinter ein oder zwei, zum Glück nicht sieben, Bergen! Aber kurz darauf wurde es ernst mit dem alten “Lehardiweg”. Bei Linkswendung der Straße zweigte rechts ein kurzer Wegstich ab, mündete in einen alten, schon völlig begrünten Karrenweg, aus dem eine Steigspur weiterführte. Durch einen rechts sehr steil abfallenden Waldhang erfolgte die Querung, irgendwo lagen schwarze “Hirschknödel” herum, eine grasige Stelle erforderte Vorsicht (mit Jungbuchen als Sicherung oberhalb). Neben uralten Buchen war die folgende Passage besser erhalten, dafür gähnte unterhalb eine Steiltrichter hinab in den mit Fallbäumen verlegten Graben (dort unten schon wieder ein neuer Forstweg!). Ein Wassergraben war relativ gutmütig zu queren, und an der jenseitigen Kante schloss sich sanfteres Gelände an, durch eine mit Gehölz unterschiedlichsten Alters, vorwiegend aber Rotbuchen, bewachsenen Rinne. Endlich öffnete sich vor uns die Kammlichtung am “Lehardi” (inzwischen war bereits die Mittagszeit).
In den Beschreibungen von Werner heißt dieser Sattel (wie in der alten Spezialkarte) “Rainriedel”. Der Landesgrenzstein zwischen NÖ und Stmk. trägt hier die Nummer 100 und ist auffällig markiert. Ich glaube aber eher, dass sich der Name Rainriedel auf den nach Norden abstreichenden Seitenkamm bezieht, der kurz über dem Oistal am Götschnkogel sogar hohe Felsen aufweist. Urigste Baumgestalten, etliche stehdürre Käferfichten darunter, aber auch junger Rotbuchennachwuchs bedecken zwischen sanftem Rasen diesen eindrucksvollen Flecken des weltfernsten Vorgebirges!
Was wir hier mit dem “Lehardi”, dem Viehpatron Hl. Leonhard, erlebten möchte ich in einem eigenen Bericht darstellen. Nur als Hinweis – Richtung Großem Zellerhut steilt hier hoher Fichtenwald auf (der Zustieg vom Faltl her zweigt etwas oberhalb unserer Talquerung ab und benützt auch einen Seitenkamm, den Hahnpfalzriedel, hinauf zur westlichen Kammschneide mit ihren Lichtungen). Gegen Westen hingegen sah es etwas gemütlicher aus, also wollten wir noch den Weiterweg Richtung Schwarzkogel erkunden!
Kurz vor dem Bildbaum (von dem noch berichtet wird, bei unserem Eintreffen war er nicht erkennbar!) zweigt rechts eine Ahnung von Steigspur ab und erreicht bald eine “unebene Verebnung” – ob hier vielleicht einmal sogar Almhütten standen? Hier hielten wir uns, durch wahrscheinlich Wildspuren verleitet, eher an die linke Kammseite, aber beim Abstieg erkannten wir – ein schwacher Steig, sogar ausgeschnitten, folgt direkt dem Kamm! Trotzdem landeten wir bald auf einem Nord-Süd gelagerten kleinen Gipfelplateau, dem Schallenkogel (laut alter Karte 1279 m hoch). Eigenartig der kaum bauchhohe Buchennachwuchs, dazwischen aber kein gestürztes Altholz zu bemerken! Die Altbäume standen ringsherum, abgestorbene Riesensteher, dürre Käferfichten, gewaltige Tannen und Rotbuchen, ein absoluter Urwaldeindruck.
Zwischen den Stämmen öffneten sich spärliche Ausblicke – im Norden zum breitformatigen Ötscher, im Südwesten zur Kräuterin mit dem Hochstadel und Hochschwabkulissen. Uns interessierte vor allem der Weiterweg zum Schwarzkogel. Zwischen teilweise abgestorbenem Jungwuchs und den nordseitigen Hochwaldrand entlang wäre es anscheinend problemlos in einen Sattel hinab gegangen, dann über eine Kammerhebung (wie dem Schallenkogel) zum Bergfuß. Dort steigt man (nach Werners Angaben) durch sehr steilen Hochwald hinauf zur übersteilen östlichen Rasenflanke des Gipfels. Werner ist dort sogar schon mit Schi herabgefahren, aber trotz des geringen Höhenunterschiedes von 150 m ist diese Stelle sogar lawinengefährlich, da der Schnee vom Steilrasen und zwischen den locker stehenden Baumriesen ungehindert abrutschen kann.
Der Schallenkogel (gleichartige Namen auf der Südseite im Salzagebiet) trägt übrigens den Grenzstein “K K 99″. Wir verzichteten auf den Weiterweg zum Schwarzkogel (zugegeben um uns nicht zu überfordern, außerdem hatte uns der “Lehardi” schon einige Zeit gekostet), ich muss eben auf Werners Tourenerfahrungen zurückgreifen.
Beim Rückweg gab es nur ein kleines Problem beim eigentlichen Rainriedel, wo wir am “dritten Sattel” der Straße folgten, aber plötzlich nicht mehr wussten, wo wir durch den Wald heraufgekommen waren. In Abstiegsrichtung leicht rechts des Aufschwunges waren aber bald die schwachen Steigspuren gefunden und die Lichtung unterhalb zum “zweiten Sattel” erreicht. Von da an ging es auf den bekannten Forstwegen hinab ins Tal und über die Faltlhöhe zurück nach Neuhaus.
Die so leicht anmutende Route aus dem Oistal hinauf zum “Lehardi” hatte sich also als ganz interessante Tour entpuppt, für die man auch einige Berg- und Orientierungserfahrung braucht! Wenn man die Forststraßen über die Faltlhöhe vermeiden will, geht man am besten dann entlang der Ois bachaufwärts und kommt über das “Kalmergatterl” links hinüber ins Höllerbachtal. Dieses weist unterhalb einer am Hang verlaufenden Forststraße im Grabengrund einen alten Steig auf, und überall sollte es von Frauenschuh-Orchideen wimmeln.
Wenn man im Oistal bachabwärts geht, wird eine herrliche Schluchtlandschaft durchwandert (Beschreibung in meinem jetzt zu Ende gehenden “Wandererlebnis Mariazellerland & Ötscher”), aber vom Stausee der Oisklause bzw. vorher von der Rehberghütte geht es auch nur auf Forststraßen über die Jägertalhöhe zurück nach Neuhaus.
Mancher Nichtwanderer würde meine, wir wären “Rindviecher” beim Begehen einer solchen verzwickten Landschaft – aber dafür hat uns der Hl. Leonhard selbst beschützt – und wir ihn ebenfalls, wie noch zu berichten…
1 Reaktion zu “Tour in den Urwald: Zum “Lehardi” im Oistal und Versuch am Schwarzkogel”
Ja, die vielen neuen Forststraßen ………
Diskussionspunkt für viele Leute, die sich “überraschend” in die Irre führen lassen, sogar “eigentliche Einheimische”…..
Nur ein alter Recke wie Du hält da stand.
Text und tolle Bilder ein Genuß, den “Hatscheroskar” dürft Ihr beide abwechselnd am diamantenen Bande tragen !!
Das letzte Bild ist wahrlich ein “Siegerfoto”.
HB