“Südböhmische Grenzsprünge” – Teichwanderung bei Chlum u Trebone
5. Oktober 2011 von Bernhard Baumgartner
Zu meinem wie im Land der Berge gestalteten Wandervorschlag (im meinem Blog > Suche: Chlum) bringe ich diesmal mit noch mehr Bildern unser Wandererlebnis:
Teichwanderung rund um Chlum bei Wittingau/Trebon
Zeitpunkt der Tour noch beim herrlichen Sommerwetter Mitte Juli, bevor der “Sommerherbst” hereingebrochen ist. Beim Kuraufenthalt gibt es sonntags natürlich kein Programm, und so heißt es nur, sich vom Mittagessen abzumelden (mit der Böhmischen Küche am Ausflugsziel hatten wir leider keine gute Wahl getroffen…). Und schon ging es los, ohne Lastautoverkehr über Schrems und den großen Grenzübergang Richtung Chlumetz oder Chlum u Trebone, wie es in Tschechien heißt.
Diese Gegend westlich von Litschau, von dort über den kleinen Grenzübergang Schlag sogar mit dem Auto erreichbar, gehört schon zum Südböhmischen Teichgebiet. Unter den Rosenbergern, den im späten Mittelalter hier herrschenden Adeligen, wurde die Teichwirtschaft mit Fischzucht intensiviert. Die Mulden dieser sanft welligen Landschaft wurde mittels der kleinen Zuflüsse in weitläufige Seen verwandelt, eine künstliche Natur, die aber längst wie ursprünglich wirkt. Dazu muss man sich allerdings die vielen Dämme wegdenken, aber gerade auf diesen verlaufen ja die schönsten Wanderstrecken.
Die hochgelegene Barockkirche von Chlum ist auch ein bis nach Österreich reichendes beliebtes Wallfahrtsziel. Wir nahmen sie als Start und Ziel unserer Tour, und daher ging es gleich anfangs bergab, am sehenswerten Schloss mit seinen Gartenanlagen vorbei, zum Ufer des “Heytman”, wie der fjordartig in die Hügel eingesenkte Teich heißt. Dieser ist wie der folgende Stankauer Teich auch ein beliebtes Freizeitgelände. Als die Tschechen in der kommunistischen Zeit noch nicht ins westliche Ausland reisen durften (also waren Jugoslawien und Ungarn dementsprechend beliebt), tauften sie ihre Feriensitze hier mit Wunschnamen – Amerika, Texas, Kanada zum Beispiel. Ein großes Campinggelände zwingt die Route von der Uferpromenade auf die Landstraße, doch kaum ist die Dammüberbrückung eines Seitenarmes überquert, geht es schon rechts ab wieder auf einen weniger belebten Fahrweg. Wir “verkoffern” uns etwas, und plötzlich stehen wir am Grenzübergang Richtung Schlag, einem beliebten Radweg. Von der Kreuzung mit ihren Infotafeln und keinerlei Resten der einstigen Grenzhindernisse zweigen beiderseits Wege ab, die aber nicht zum Wandern dienen, sondern der eigentliche “Grenzweg” sind. Die beste aller Markierungen entlang – so werden die Grenzsteine auch im Gratzenerland etwa bei Buchers bezeichnet – geht es hier endlos weit durch die Wälder.
Wir müssen ein Stück zurück und der Karte nach eine unmarkierte Forststraße verfolgen, die bei einer bald folgenden Verzweigung links den Chlumetzer Wald durchquert. Entgegenkommende Radfahrer bestätigen uns die Richtigkeit des Weges, was auf Englisch und mit Zeichensprache gut gelingt. Nach gar nicht so langem Dahinwandern durch dichte Wälder geht es links auf eine malerischen Damm zwischen dem Teich Spackov und dem endlos lang gestreckten Stankauer Teich. Diese ist bei der Ortschaft Stankov touristisch intensiv genützt, verläuft dann aber als schmaler Waldfjord fast bis zur nördlichsten Spitze Österreichs in Rottal.
In Stankau / Stankov ist Mittagszeit, alle Gaststätten dicht belagert – wir begehen einen logischen Missgriff, statt ins “gewöhnliche” Gasthaus oder ins Fischrestaurant (diese sicher privat geführt), setzen wir uns in den Gastgarten beim Hotel Ceska Canada (eher ein offiziell, das heißt früher staatlich geführtes Lokal). Enttäuscht von der hier gar nicht ansprechenden Böhmischen Küche (ausgenommen das Bier, einen derartigen Fettpatzen von Schweinsbraten haben wir noch nie erlebt…) machen wir uns dann wieder auf den Weg.
Von nun an ist die Route bestens, wie bei unseren Nachbarn gewöhnt, mit Markierungen versehen. Teilweise auf spärlich befahrenen Asphaltsträsschen, dann wieder auf Sandfahrwegen geht es nhc “Texas” und über heideartiges Gelände weiter zum nächsten Dorf. Dieses heißt Lutova, früher Luttau, hat eine hoch gelegene Kirche, einen großen Dorfteich und ein biederes Wirtshaus. Die Jause dort war gut, der Kaffee auch, die Hinterhof-Infrastruktur abenteuerlich, die kochende Wirtin nur Tschechisch sprechend, dafür am Stammtisch der “Pascha” (Wirt?) souverän böhmackelnd alles organisierend! Die Infotafeln, zahlreich wie die Markierungen, aber leider nur in Englisch (es kommen ja als Ausländer vor allem Nicht-Deutsch-sprechende Touristen hierher, oder???).
Hier kann man sich aussuchen, ob man der gelben Markierung nach die große Teichrunde angeht, oder auf der schmalen Asphaltstraße südwärts zum Kreuzungspunkt der Routen bei “Kanclir” geht. Die kürzere Strecke ist auch nicht viel befahren, und so gewaltige Baumriesen wie am Teich Stary Kanzlir entlang haben wir noch nie gesehen! Die gelbe Markierung führt über Heidegelände weiter westwärts zur Ortlichkeit “Basta”, dreht dort nach Südwesten und stößt bei einer Kreuzung auf die anschließende rote Markierung. Diese Stelle heißt “Stary Hospodar rybnik” und ist mit einer entsprechenden Markierungstafel versehen.
Nun wendet sich die große Runde zurück Richtung Chlum, aber bis dorthin ist es noch weit und ein einmaliges Naturerlebnis. Die Wege, eigentlich Forststraßen mit viel Radfahrerverkehr am Wochenende, ziehen meist ein Teichufer entlang, begleitet von vielen uralten Bäumen und unterbrochen von malerischen Ausblicken. Erst zuletzt geht es an einem Forsthaus vorbei durch eintönigeren, aber vom Baumwuchs her prachtvollen Wald bis zur Kreuzung mit der abkürzenden Seitenstraße bei “Kanzlir”.
Vom Rest der Tour ist dann nicht mehr viel zu berichten – rot markiert geht es durch Waldgelände und über Wiesenhügel zurück nach Chlum, abzweigend von der aus Lutova kommenden Straße zum Parkplatz auf dem Kirchhügel. Bei der Rückfahrt wunderten wir uns über die Kolonnen der am Straßenrand abgestellten Autos – waren es Schwammerlsucher oder Heidelbeerenpflücker? Nichts da – bei dem heißen Sommerwetter lauter Badegäste an den in den Wäldern entlang der Hauptstraße verstreuten Teichen.
Abgesehen vom Hejtman und dem Stankauer Teich am Beginn unserer Runde, erlebten wir aber nur Fischteiche und teilweise unter Naturschutz stehende Wasser- und Waldflächen. Information dazu fanden wir auf Deutsch bei der Chlumetzer Kirche und ebenfalls für uns verständlich auf einer Infotafel, an deren Standort ich mich nicht mehr erinnere – die Region Trebon wurde demnach 1977 zu einem Biosphären-Reservat der UNESKO erklärt, dieses Landschaftsschutzgebiet umfasst immerhin 700 Quadratkilometer und weist so seltene Arten auf wie den Seeadler oder die bei uns in Österreich (am Kuhschellenberg in der Gmünder Blockheide) schon längst ausgerottete Frühlings-Küchenschelle. Also Anreiz genug, dieses interessante Gebiet wieder einmal und vielleicht zu einer anderen Jahreszeit aufzusuchen – im späten Herbst kann man übrigens dort sicher auch das Abfischen der Teiche erleben.