Haute Route NÖ Erfahrungsbericht 3: Gastbeitrag von Eveline Urban “Von Frein bis zum Gscheid”
14. Oktober 2009 von Bernhard Baumgartner
Gastartikel von Eveline Urban – Originalbericht von der Überschreitung des Göllers, Haute Route NÖ, Etappe Frein an der Mürz – Kernhofer Gscheid
Dritter Tag: „Tag der Nutzfahrzeuge”
Freinerhof. Ein Schönwettermorgen. 07.00 Abmarsch, die besagten drei Kilometer auf der Straße Richtung Lahnsattel bzw. Donaudörfl (wenig Verkehr). 07.30 – Kaltwagl – Forststraße Natternbach – der Wald hier ist zum Weinen hässlich (es stehen DREI Baum-ausreiß- Entästel-Kurz-und-Klein-Bagger herum). Den Lahnsattler Urwald finde ich nicht, (er ist nicht markiert: vielleicht, um nicht allzu viele Touristen anzulocken, vielleicht, damit niemandem auffällt, wenn auch er klammheimlich abgeholzt wird). 08.00 Donaudörfl – Habe es mit dem Anstieg nicht eilig, da der Göller noch total wolkenverhangen ist.
08.15 – Durch den Saugraben zum Gölleranstieg. Problemloser Anstieg zum Waldhüttsattel – zwar wenig markiert, aber verirren kann man sich nicht. Die Forststraße wurde wegen des Festes auf der Hofalm am 15. 8. neu angelegt, da opfert man gern einmal ein paar Bäume, die eine Markierung tragen. Ich werde von einem Naturfreunde-Lieferauto, zwei Straßenmeisterei-Autos und einem Schrebergartenhüttel, das von einem Traktor gezogen wird, überholt, bis ich relativ schnell auf dem Sattel bin (09.30). Weiter: links zur Göllerhütte, über eine total von „Harvestern” zerfurchte Almwiese (09.55), die zu allem Überfluss gerade von einem grün gekleideten Mann auf einem Motorrad überquert wird.
Die Göllerhütte (10.15) hat offen ! Dies war schon auf dem Waldhüttsattel angekündigt gewesen und sollte später auf dem Gipfelkreuz noch einmal angeschlagen sein – das Internet hatte es verschwiegen. Nach kurzer Einkehr (bis 11.00) – die Nebelschwaden über dem Gipfel heben sich nur ungern – weiter zum Gipfel (12.45), der nun wirklich frei von Wolken ist.
Vorher (12.00) Gedenkkreuz für Sepp Böchling – gest. 29. 1. 1929: „Was wir bergen in den Särgen ist der Erde gleich. Was wir lieben ist geblieben, bleibt in Ewigkeit.” Auch der Gippel gen O ist gut zu erkennen, sogar der Schneeberg, nach N der Türnitzer Höger, nach W Gemeindealpe und Ötscher,nach S die Herde der steirischen Berge. Die Zeit, die ich mit dem Nichtfinden des Lahnsattler Urwalds eingespart habe, kann ich mich jetzt länger auf dem Göller herumtreiben – suche mir ein windstilles Platzerl zum Genießen, einen Felssporn (laut Karte der „Gsenger”), übersät mit Deutschem Enzian (13.45 – 15.00).
Hinunter über den bewaldeten Kamm zum Kernhofer Gscheid – dieses ist virtuell „durchfurcht” von verschiedenen Wanderrouten, die sich hier bündeln, u.a. einem der vielen Mariazellerwege. Da das GH Gruber Mittwoch/Donnerstag Ruhetag hat, habe ich im GH Raffinger reserviert – das ist 1 km weiter östlich und durchaus empfehlenswert (Ankunft 16.40).
Rückblick auf den vergangenen, Einstimmung auf den nächsten Tag: zwei Ansichtsexemplare, die im GH aufliegen: Lautscham, Dietmar: Das Tal der Walster, Verlag Gerhard Höller, Franz-Samwald-Str. 13, 2630 Ternitz, ISBN 3-85226-094-9. Lange, Fritz: Vom Dachstein zur Rax (Georg Hubmer), Sutton Verlag GmbH, Hochheimer Str. 59, 99094 Erfurt, ISBN 978-3-86680-184-4.
“BB´s Senf dazu”: Über den Lahnsattler Urwald habe ich unlängst einen Artikel in den Blog gestellt! Er wäre zum Greifen nah gewesen – wo die Natternbach-Forststraße in die vom Gscheidl kommende Zellersteig-Forststraße mündet, wenige Schritte rechts, dann fallen vor allem nördlich der Straße die riesigen Bäume auf, dazwischen das Totholz mit bereits wieder darauf sprießenden Jungbäumchen, dazu Moose, Farne, Pilze in Massen… Zum Weiterweg beim Donaudörfl entweder im allmählich nicht mehr so ausgeprägten Urwald westlich, wo die alte Wegspur des Zellersteiges (Markierung selbstverständlich, soweit vorhanden, blau, auf die Forststraße verlegt) zur Kreuzung neben dem Saugrabenbach hinabführt (dort Wegweiser des Wiener Mariazellerweges Via Sacra).
Noch Interessantes zum Lahnsattel: Eine Holzfällersiedlung seit 1783, protestantische Gemeinde, Kulturhaus mit Museum im “Zentrum” des Ortsgebietes (ehemaliges Gasthaus, das auch früher als Schule diente, wird derzeit abgerissen). Der Göller soll von den “herabgellenden” Lawinen den Namen haben, ist aber sicherlich eher slawischen Ursprungs. Tatsächlich durch den Raubbau am Bergwald und sogar an den “Latschen” (= Legföhren, diese ergaben besonders wertvolle Holzkohle) verheerende Lawinenstürze aus dem Lahngraben. 1844 mit 11 Toten, die letzten Verschütteten wurden erst im August an der Stelle des Bergfriedhofes aus dem zerschmelzenden Lawinenschnee gegraben.
Neben der heute “industrialisierten” Holzverwertung gibt es rund um den Lahnsattel ein reiches Almleben: Gippelalm - von Kernhof her beschickt, früher Treibsteig aus dem Weißenbach bei St. Aegyd zum “Gippeltürl”, in den 1930er Jahren angelegt, vorher Felsensteig durch die Gippelmauer, wo die Tiere mit Stangen zum Felsen gedrückt werden mussten, um nicht abzustürzen. Hofalm – wie zur Gippelalm nicht mehr “Almauftrieb”, sondern Transport des Weideviehs über die neuen Forststraßen. Besonders urig die Niederalm oder Sulzriegelalm am östlichen Auslauf der Wildalpe (habe in die beigefügte Karte eine mögliche Rundwanderung eingezeichnet). Dort habe ich mich voriges Jahr mit meinem Freund Werner (Tippelt) getroffen, als er am Almtag mit den Ötscherbuam aufgespielt hat – deswegen das Bild (Werner Gipshand, ich Strohbehüteterkopf).
Abschließende Bemerkung: Wie´s im Wald zugeht, hat ja Eveline anschaulich geschildert. Gegenüber dem Vortag war diese Tour ja (nur fast!) eine milde Strecke, zumindest habe ich es nach der Schilderung so empfunden. Eine Ausweiche für die Strecke von der Rax nach Frein ist mir auch gerade eingefallen, dass man nicht so weit ins Tal absteigen und die schrecklichen Forststraßenhatscher in Kauf nehmen muss (im Kommentar zu Bericht 2).