Hitzeflucht? Auf dem Hochkar, abseits der Schipisten
27. Juni 2019 von Bernhard Baumgartner
Das letzte Mal auf dem Hochkar waren wir an einem heißesten Tag des Jahres, trotzdem war die Gipfelrunde (allerdings mit Lifttalfahrt) ein angenehmes Erlebnis. Am Mittwoch, 26. Juni, war wieder ein so heißester Tag angekündigt, aber weil das Wetter als sicher vorhergesagt wurde, machten wir uns trotzdem an diese Tour. Vorbereitung – Jausenkauf mit saftig gefüllten Kornweckerl, und typischer Baldrian-Mehlspeis bei der Bäckerei Käppl in St. Veit, außerdem Abfahrt (schon?) um sieben Uhr. In einer Stunde und 45 Minuten die 100 km bis zum Hochkar-Parkplatz geschafft.
Die Liftszenerie mit den frisch grünen Pisten, wo schon die ersten Kühe weiden, wollen wir diesmal nicht wieder begehen, daher Richtung Alpintour, beim Schutzhaus vorbei und die Schotterstraße nach dem Wegweiser “Bergsee” (= Wasserspeicher für Beschneiungsanlagen) hinan. Hier herrscht noch angenehmer Schatten. Außerdem entdecken wir (wie schon bekannt) in der Felsstufe eine riesige Rosette des Kiesn-Steinbrechs, Blütezeit vielleicht Ende Juli. In der oberhalb erreichten Almmulde gehen wir weder zum See, noch entlang der Markierung weiter, sondern ziemlich geradeaus durch die Senke in einen schmalen, relativ frisch ausgebaggerten Einschnitt. Dieser ist insofern interessant (noch nie begangen), weil er die roten Juraschichten unterhalb des “Roterdkogels” quert. Tatsächlich befindet sich dort ein Wasserfasser für den See, wir gehen an dieser Stelle rechts in die nächste Dolinenmulde hinein (der markierte Weg quert weiter südlich oberhalb). Hier ist noch Frühjahr, mit ein paar Soldanellen und Clusius-Primeln, außerdem kühle Luft, denn frischen Wind gab es an diesem Tag nur wenig. Etwas steil halbrechts aus der Senke hinaus, erreichten wir die Karrenfelder (von tiefen Rillen durchzogene Steinflächen, typische Karsterscheinung) am Nordrand der Schrotleitneralm. Wie vielfach war in den Steinritzen die Rosenwurz in schönster Blüte.
Anni hat diesen interessanten Standort so im Bild festgehalten:
Dann wechselten wir auf den markierten Steig, der in weiter Kehre am Hang gegen die Schmalzmauer hinaufführt. Dabei gab es phänomenale Flecken mit Kalkglocken-(Clusius)-Enzian, außerdem noch immer blühende Nelkenwurz, aber insgesamt keine (wie erwartete) Blütenfülle, wohl weil die Schneelage zu hoch gewesen ist, das Abschmelzen erst vor relativ kurzer Zeit erfolgte – wie bei den Hochkarbildern im Wetterpanorama des ORF mit zu verfolgen.
Leicht bergab wird dann der Sattel der “Seelucken” erreicht (mit Blumenschauen und Fotografieren knapp zwei Stunden vom Parkplatz… nur keine Eile, noch dazu bei den hohen Temperaturen). Während Anni zum Rastplatz nördlich neben dem Steig zur Brunneckerhütte weitergeht, steige ich – schon lange beabsichtigt – neben dem Zaun Richtung Schmalzmauer hinan. Hier sind ganz wunderschöne Blumenstandorte, die ich bisher nur analog als Dia fotografiert habe, nun höchste Zeit für aktuelle Digitalbilder!
Heute ist ganz schön viel los, vor allem laute Jugendgruppen marschieren zu den Almen am östlichen Hochkar. Wir beziehen unseren ausgiebigen Mittagsrastplatz auf der mit bequemen Steinsitzen ausgestatteten Kuppe nördlich des Sattels. Hier sollte es sogar Kohlröschen geben, aber offensichtlich sind wir etwas zu früh dran, außer einer knospigen Mücken-Händelwurz und einer ebenso spärlichen Höswurz ist nichts zu finden. Dafür ist die Aussicht ganz vorzüglich, trotz des angekündigten Saharastaubes – zwar sind die östlichen Gipfel wie der Schneeberg nur zu ahnen, aber die nähere Szene mit Dürrenstein, Zellerhüten, Kräuterin und Hochschwab zeigt sich vorzüglich. Außerdem bildet die Schmalzmauer mit ihren Felsabstürzen ins Seelucken-Kar eine bizarre Kulisse, gegen Westen fällt neben dem fernen Toten Gebirge vor allem der Große Buchstein mit seinem noch von Schnee erfüllten Kar auf.
Für den Rückweg (auf die Schmalzmauer verzichten wir wegen der Hitze und der fehlenden Blumenentwicklung) gehen wir auf dem Steig zurück bis zur (relativ neuen) Almstraße am Westhang der Schmalzmauer und dann gleich auf dieser in angenehmer Neigung hoch über der Schrotleitneralm weiter bis zum Leckerplan. Dabei gibt es an den etwas schattigen Böschungen noch einige Frühblüher.
Beim weiteren Abstieg auf der Forststraße wechseln wir von der Alm- zur Bergwaldflora, außerdem werden gerade die Rinder zur Schrotleitneralm aufgetrieben. Selbst durch die “Mäulgab” (Kleie und Salz) des Halters, lassen sie sich aber recht viel Zeit, eher lockt der nahe Wassergrand. Am Vortag erfolgte übrigens der Auftrieb über die Hochkarstraße, wie an den “Kuhfladerspuren” zu bemerken war. Nach etwa zwei Stunden (wie beim Hinweg) langen wir beim hitzeglühenden Parkplatz an und starten gleich mit voller Klimaanlage die Talfahrt.
Unsere Landung in Göstling ist überraschend kühl – in den Gewölben der Konditorei Schnessl, umgeben von den tollen großformatigen Taucherbildern und den unglaublichen Steinschliffen aus der Ybbs, dazu noch die Himbeer-Kardinalschnitte und eine interessante Unterhaltung mit dem Konditormeister. Nach diesem angenehmen Abschluss unserer Hochkarfahrt beeilen wir uns, durch die heißen Täler wieder in unser gut kühles Nachhause zu kommen!