Idealer Zeitpunkt für Sumpf-Ständelwurz
7. Juli 2017 von Bernhard Baumgartner
An den Bildern der Orchideenfreunde im facebook kann man das Fortschreiten der Jahreszeit ablesen – von den ersten Blüten schon im zeitigen Frühjahr über die Epoche der dekorativen Ragwurz-Arten bis zu der nun vorherrschenden Ständelwurz-Familie. Daneben gab und gibt es (je nach Region und Höhenlage) Frauenschuh, Kohlröserl und sogar den Alpen-Zwergständel. Zu den fotogensten Blüten gehört derzeit natürlich die Sumpf-Ständelwurz.
Rund um St. Veit an der Gölsen haben wir das Glück, mehrere botanische Raritäten zu “besitzen”: Die “Märzenbecherwiese” im Wiesenwienerwald und die Hahnwiese am Ebenwaldweg mit ihrem Schneeglöckchenvorkommen, den Zungen-Mäusedorn in Schwarzenbach und etwas weiter entfernt die Korallen-Pfingstrose im Reisalpengebiet. Die Sumpf-Ständelwurz kommt an einer Stelle im Wiesenwienerwald vor – dem als Schutzfläche beim Gehöft Knoll, vulgo Hochedler, ausgewiesenen Kerschenbach-Ursprung (in der beigefügten Karte mit X bezeichnet).
Für das Betreten dieses Grundstücks sollte man das Einvernehmen mit den Besitzern herstellen (Frau Knoll ist meist auch im Gölsentaler Bauernladen, St. Veit, anzutreffen). Für uns als Einheimische ist es dankenswerterweise etwas einfacher (wie wir hoffen…). Nachdem im Internet sich die Sumpf-Ständelwurz-Bilder bereits gehäuft haben, wussten wir, dass es nun höchste Zeit wäre. Aber bei unserem vorletzten Besuch Anfang Juni sind wir noch zu früh gekommen – schöne Fruchtstände vom Wollgras, Breitblatt-Knabenkraut schon ziemlich verblüht, nur ein knospendes Exemplar der Ständelwurz! Sie wird doch heuer nicht “auslassen”?
Beim historischen, aber erneuerten “Windkreuz” angekommen (knapp daneben am Waldrand eine Wegkapelle, derzeit nach gelb und blau eher unscheinbar gefärbelt), gingen wir südwärts auf die Wiese hinaus. Welch ein Zufall – das Gras ist frisch gemäht, nur das Feuchtbiotop steht noch in hohem und etwas infolge der Witterung vertrockneten Graswuchs. In den flachmoorigen “Nassgallen” und den kleinen Wasserrinnen ist es aber feucht genug geblieben. Am eher trockenen Rand (durch die Mahd daneben gut zugänglich), aber auch inmitten der Feuchtfläche blühen wohl Hunderte Sumpf-Ständelwurz in idealem Zustand: oben noch knospig, in der Mitte mit weit ausgebreiteten Kronblättern, am Stängel abwärts schon verblühend.
Manche hier typische Pflanzen sind schon verblüht bzw. haben schon ihre Fruchtstände verloren, andere wie der Teufelsabbiss oder das Studentenröschen sind noch nicht aufgeblüht. Aber wir sind ja ohnehin wegen der Ständelwurz gekommen, hätten uns aber über ein verspätetes Brand-Knabenkraut auch sehr gefreut.
Trotz des späten Nachmittags erwischen wir noch ein paar Sonnenstrahlen, und der Wind ist sehr mäßig, sodass auch das Fotografieren besonderen Spaß macht. Für uns war der Besuch am Kerschenbach-Ursprung wegen der Sumpf-Ständelwurz-Blüte nur eine kleine, aber sehr gelungene Exkursion. Wer weiter anreist, wird diesen Naturschatz eher in eine ausgedehntere Wanderung einbauen: Rohrbach an der Gölsen – Teufelsstiege – Steinberg – Kukubauerhütte – Göllersreiter – gelbe Markierung nach St. Veit an der Gölsen (Beschreibung in meinen im Gemeindeamt St. Veit an der Gölsen, im Buchshop Spar Binder Lilienfeld und auch sonst im Buchhandel erhältlichen Führern: Das große Wandererlebnis NÖ; Wandern im Wiesenwienerwald – Restexemplare bei den Naturfreunden NÖ und im Gemeindeamt).
Übrigens ist der Höhenweg über die Kukubauerhütte und den Kerschenbach auch als Mountainbike-Route bezeichnet (Alpen- und Donaublick-Strecke).Alle Fotos in diesem Beitrag stammen von mir (Nikon Coolpix 510, sogar die Makros mit Digitalvergrößerung). Das Bilderalbum dazu von meiner Frau Anni ist im facebook zu finden unter: Wandertipp bernhard baumgartner