Am “Goldenen Strand”
14. November 2014 von Bernhard Baumgartner
Nach all dem strahlendblauen Meer, das uns in der St. Paul´s Bay aber mit keinem besonders einladenden Strand verlockte, sollte wir endlich zum Baden kommen! Die schönsten und beliebtesten Sandstrände Maltas liegen im Nordwesten, zu unserem Glück dort, wohin die direkten Autobusverbindungen führen. Eine Linie gibt als Ziel Gnejna Bay (“dschneina bay”) an, obwohl etliche Badelustige schon anstehen, bekommen wir noch einen guten Platz, und dann geht die Fahrt schon los.
So wie an der Küste sieht die Natur auch im “Inselinneren” aus, es ist 4. Oktober, gerade zwischen der sommerliche Trockenzeit (wie bei uns die Ruhephase in der Natur) und dem nach den ersten Regenfällen allmählich aufkommenden winterlichen Grün.
Bei dieser Fahrt geht es nicht die Küste entlang, sondern zu zwei sehr typisch wirkenden Städten mit engen Straßen, vielen traditionellen Bauten in unterschiedlichem Erhaltungszustand und vor allem dichtem Verkehr. Die Autobusschofföre kommen mir oft wie Akrobaten vor… Zunächst fahren wir durch Naxxar (“nasch-schar”), eine Stadt mit über 10 000 dicht gedrängten Einwohnern und einer eigenartigen Maria-Geburt-Kirche. Dem Führer nach soll diese wie ein Potemkinsches Dorf wirken – dem kleinen Barockbau wurde nämlich 1912 wie eine Kulisse die großartige Fassade vorgesetzt.
Diese gewaltige Kirchenkuppel ist allerdings keine Scheinarchitektur – die “Rotonda Sta. Marija Assunta” in der benachbarten und fast doppelt so großen Stadt Mosta. Sie ist die viertgrößte Kuppelkirche Europas (nach Pantheon und Petersdom in Rom und dem Dom in Florenz). Durchmesser 39 m aus dem in der Farbe vom Häusermeer abstechenden maltesischem Kalkstein, 1833 bis 1862 in Eigenarbeit der Bewohner um die alte, erst später abgerissene Pfarrkirche erbaut. Im Bild, das Anni von der Festungsmauer Mdinas aufgenommen hat, sieht man auch die daneben ganz klein wirkenden Kirchentürme. Fast ohne Zement tragen sich die Steine durch ihr Gewicht selbst und haben eine verblüffende Festigkeit, die im 2. Weltkrieg sogar drei Bombentreffern widerstanden hat (zwei Bomben prallten von der Kuppel ab, eine durchschlug das Gewölbe der mit 300 Gläubigen besetzten Kirche, explodierte aber wie durch ein Wunder nicht). Ich glaube mich zu erinnern, dass (irgendwo gelesen) die Einwohner das Geld aus dem langjährigen Zwiebelverkauf gesammelt hatten und deshalb eine steinerne Zwiebel die Kuppel krönt…
Dann geht es über freies Land weiter, verkarstete Hügel, zahllose Steinmauern um kleine Felder und Gärten, hie und da ein typisches Windrad zum Wasserschöpfen. Mgarr (“imdschar”) ist der letzte Ort vor der Küste, einige urzeitliche Tempel soll es dort geben, aber auffallend ist die an der Ecke des Ortes errichtete “Egg Church” von 1927 – wegen der enormen hochragenden Kuppel so benannt, und das will etwas heißen bei der Konkurrenz von Kirchenkuppeln, ohne die kaum eine größere Ortschaft in Malta auskommt. Bei dieser “Eierkirche” zischt der Bus nach rechts ab (geradeaus könnten wir zu Fuß die dritte der fantastischen Buchten erreichen), an einer Sackgasse wird nochmals rechts abgebogen (jetzt wissen wir, wo man zur zweiten fantastischen Bucht aussteigt) und dann rollt der Bus abwärts zu einm belebten Parkplatz – Endstation!
An allerhand Kiosken geht man den Asphaltweg zum Strand hinab, aber es überwiegt dennoch der Eindruck einer wunderbaren Küstenlandschaft. An den wirklich feinen Sandstrand schließen bizarre Klippen an, aufgebaut aus mürbem Sandstein und harten Kalkschichten. Von den Hotels reichen die Freizeitanlagen bis ans Meer herunter, samt Gastronomie und Liegeflächen. Wir können unser mitgebrachtes Strandmaterial eingepackt lassen, denn hier gibt es komfortable Liegen unter Sonnenschirmen (Eintritt insgesamt 10 Euro samt den zur Verfügung stehenden Badetüchern, fast nicht zu glauben…).
Nach kurzem “Relaxen” geht es ins kristallklare Wasser – dieses konkurriert bei rund 25 Grad mit der Lufttemperatur! Und das Wetter ist immer noch schön, wir können uns nach dem erfrischenden Baden in Dalmatien Anfang September gar nicht vom Schwimmen und “Herumgrundeln” trennen. Erst nach Mittag grollt es in der Ferne…
Aber wir warten noch ab, und erst als Regenschleier vom Meer her immer näher rücken, verlassen wir unseren Genussplatz. Ziel ist der Wachturm auf dem Felsvorsprung zur nächsten Bucht, den wir über von der Sonne dürr gebrannte Flächen mit einzelnen hitzeresistenten Pflanzen erreichen.
Durch einen Felsspalt blickt man zur nächsten Bucht hinunter – Tuffieha Bay – die noch naturbelassener und einladender wirkt als die Golden Bay, sicher eines unserer nächsten Ziele, wenn es so sommerlich bleibt! Auf der Hochfläche ist eine Art Naturlehrpfad angelegt, der aber vor allem berühmten Menschen gilt.
Die Pflanzen hätten uns vielleicht mehr interessiert, aber bemerkenswert ist neben einer Zwergpalme (selten gesehen) höchstens ein Gelber Hornmohn. Übrigens tut man sich leicht mit den Blütenbestimmungen, denn nur wenige Arten blühen im Herbst, also ist die Auswahl in der “Mittelmeerflora” wesentlich erleichtert.
Zum Bus für die Rückfahrt gehen wir nicht zur nahen vorletzten Haltestelle, sondern zur Endstation oberhalb der Golden Bay. Erstens gibt es hier eine Einkehrmöglichkeit im “Apples”, und außerdem bekommen wir im Bus eher einen guten Platz (für die lange Fahrt auch angenehm, die dauert ohnehin noch lange genug). Übrigens guter Kaffee und irgendwie typisch britische Süßspeisen.
Der erste Badetag ist also gut gegangen und “schmeckt nach mehr Meer” ! Abends wird es nach einem Spaziergang noch rechts schön laut – Samstag und das Vergnügungsviertel St. Julian´s in unmittelbarer Nachbarschaft – außerdem beginnt es zu gewittern, die fernen und immer näher rückenden Donner hören sich an wie ein Feuerwerksgeknatter. Wir sind also akustisch vorgewarnt, denn am nächsten Tag (Sonntag, 5. Oktober) bricht das für Anfang September (!) schon erwartete Unwetter mittags los – Orkan und Sturzfluten! Aber am Abend ist dann alles schon vorbei, und bei dem späten Spaziergang können wird erst- und einzigmalig Jacke und lange Hose brauchen…