Lahnsattel / Rund um den Kriegskogel
11. Oktober 2013 von Bernhard Baumgartner
Verloren im Urwald?
Eine Woche ist seit unserem kleinen Wanderabenteuer vergangen (Donnerstag, 3. Oktober; Bilder bereits seither in meinem facebook “Bernhard Baumgartner”), und nicht etwa der Schock wegen dem verlorenen (und mit unwahrscheinlichem Glück wieder gefundenen) Handy hat so lang gedauert, sondern die Tage seither waren eben zu sehr angefüllt… Doch nun zum Bericht über diese etwa ungewöhnliche Route!
Ganz schön frostig! Ein “angefülltes” Wochenende vor uns, dazu noch Kälteeinbruch nach den föhnig zugestauten Tagen mit raschem Aufklaren – so bot sich der Donnerstag voriger Woche für eine Tour an. Wohin? Endlich zum bunten Herbstlaub in die höheren Voralpen (im Gölsental erst diese Woche entschiedenere Laubfärbung!), womöglich auf die Wildalm in den Mürzsteger Alpen, die wir schon vom tiefsten Winter und einem frühsommerlichen Tag her gut kennen. Unsere Route soll nicht die gewöhnliche von der Paßhöhe zur Sulzriegelalm sein, sondern aus der Lahnsattelmulde quer über den Kriegskogelbach.
Mit Rückmarsch über den “Normalweg” ergibt das eine hübsche Rundwanderung bis zur Almhütte, je nach Weiterweg zum Gipfel (und zurück wieder über die Sulzriegelalm) 2,5 bis 4,5 Stunden. Das Auto am Paß stehenlassen und zuerst Abstieg zu den westlichen Lahnsattelhäusern, das ist eine gute Idee (sonst parken wir immer weiter unten beim Wegkreuz nahe dem Friedhof). Gleich packt uns der eisige Südostwind – auch so kann Föhn sein! Haube und Handschuhe lassen die Kälte gerade noch erträglich sein.
Trotz Minusgraden haben die Lahnsattler heute “Waschtag”! Gleich nach den Wohnhäusern zweigen wir rechts über die Weide zum Lahnsattelbach ab, der über eine Loipenbrücke gequert wird. Danach geht es über einen feuchten Wiesenhang auf spärlichen Wegspuren südlich zum Waldrand. Dort beginnt ein Forstweg, und hier im Windschatten wärmt doch die Sonne ein bißchen. Offenbar ist es trotz Reif davor warm genug gewesen, um noch einige Pilze hervorzulocken! Für ein rasches Vorankommen nicht gerade förderlich…
Der Forstweg geht einen Seitengraben östlich des Kriegskogels aus und mündet in eine von der Bundesstraße bei der Brücke an der Landesgrenze kommende Forststraße. Das dicht bewaldete und auf Werfener Schichten stark versumpfte Gelände ladet nicht zu einem Abweichen von den gebahnten Wegen ein! Also rechts weiter auf der erreichten Forststraße, die leicht steigend in östliche Richtung einbiegt. Dann aber müssen wir in den Hochwald hinein, und wenn man diese Stelle nicht weiß, stellt sich diese Route alsbald als (leichte) Extremtour heraus!
Urwaldgefühle, Verlustschock und Finderglück!
Wenn wir nicht diese Walddurchquerung schon mehrmals gemacht hätten, würden wir uns nicht so sicher in diesen hochstämmigen, aber sonst fast einem Urwald ähnlichen Baumbestand hinein bewegt haben. Denn Spuren gibt es praktisch keine, und als Richtungsweiser dient nur der Bacheinschnitt am linken Waldrand. Verblüfft steht man dann am oberen Waldrand, wo der Steilhang zur Sulzriegelhütte hinaufzieht, bei einem “Zaunstiegl” ! Zuvor gibt es aber noch das erste Finderglück, neben zahllosen schönen Fliegenpilze auch teils gewaltige und nicht mehr brauchbare, aber sogar ganz hübsch frische Herrenpilze.
Jetzt wäre schon Zeit für die Jausenpause! Aber sollen wir vielleicht doch zuerst noch den Steilhang hinauf zur Sulzriegelhütte in Angriff nehmen? Dieser von vielen Sumpfstellen behinderte und kreuz und quer von Viehsteigeln durchsetzte weglose Aufstieg wäre doch lieber gleich bewältigt. Also wieder die Rucksäcke geschultert – und sprachloses Entsetzen, wenn das auch übertrieben klingen mag – die Deckeltasche von Annis Rucksack steht offen (sicher von mir beim Verstauen ihrer Handschuhe vergessen, den Reißverschluss zuzuziehen)! Die Handschuhe sind weg, kein großes Problem, aber auch das Handy, und das nach gut zwei Stunden querwaldein beim Schwammerlsuchen!!!
Obwohl wir unser zweites Handy zuhause gelassen haben und daher auf die Anrufhilfe nicht zurückgreifen können, machen wir uns auf gut Glück und möglichst irgendwie genau unserer Route nach an den Rückweg. Hoffnung gibt es keine – oder fast keine! Dann da war doch ein Stück weiter unten das Plätzchen mit den paar pfundigen Herrenpilzen, und die Spuren vom Schwammerlputzen müssten doch zu finden sein… Dieser Platz war also irgendwie von uns selbst markiert – und unglaublich – ein Handschuh und der zweite und fast versteckt im Heidelbeergesträuch das Handy! “Eh scho wissen, wer so viel Glück haben kann”….
Ein Kuhsteig als Wanderweg!
In Hochstimmung machen wir uns nun doch an den Aufstieg zur Sulzriegelalm, aber beim “Zaunstiegl” schauen wir den Steilhang hinauf und auf die Uhr… Auf Almhütte und schon gar auf den Gipfel müssen wir sicher verzichten, also nur hinauf zur Almstraße des Wildalm-Normalweges. Weil wir die Tücken der durchfeuchteten steilen Almwiese kennen, gehen wir zuerst noch im Wald weiter nach rechts, und als wir über den Zaun steigen, stehen wir auf einem deutlich ausgetretenen Viehsteig! Dieser ist nicht etwa beim “Haagen” (Zaundrähte spannen) entstanden, sondern vom Weidevieh ”angelegt” worden, wenn es bis zum Zaun herunter gegrast hat und dann an der Abzäunung bergwärts weitermarschiert ist. Diese überraschend bequeme Steigspur quert dabei steile und dicht verwachsene Waldhänge, einmal geht es über einen rutschigen Bacheinriss hinweg. Aber die Eindrücke eines solchen Naturwaldes sind wirklich gewaltig, wie etwa der “Steher” einer riesigen Tanne, dessen Durchmesser die Länge meiner Walkingstöcke weit übertrifft.
Nach längerer Waldstrecke kommen wir glücklich auf die Wiesenlichtung südöstlich vom Kriegskogel und zur Almstraße. Oberhalb zieht eine steile Wiesenrinne vom P. 1356 m (dem östlichen Kammpunkt der Wildalm) herab, die wir schon einmal mit Tourenschi herunter gefahren sind. Nun geht es auf der Straße weiter, kurz nach einer Schottergrube rechts einen steilen Abschneider nehmend, und auf der Forststraße am Westhang des Kriegskogels nordwärts. Wo diese endet, quert ein nicht besonders ausgeprägter Steig durch den dichten Forst schräg weiter und mündet in die Forststraße, die zur Lahnsattel-Paßhöhe führt. Gut ist´s gegangen, viel ist passiert und zum Glück ist nichts passiert – also ein gelungener Bergtag ohne Gipfel, aber sogar mit reicher Beute!