Durch die hinteren Ötschergräben – als Sonntagskind!
21. Mai 2012 von Bernhard Baumgartner
Nach der gestrigen Hochbärneck-Wanderung war es für mich höchste Zeit, noch beim hohen Wasserstand durch die hinteren Ötschergräben (zwischen Greimelsteg und Ötscherhias) fotografierend zu wandern.
Bei der Abzweigung nach Erlaufklause eine Ankündigung: “Gedenkmesse am Schagerfeld, 20. Mai 2012, 10 Uhr” – das heißt – Zufahrt auf der Ötscherstraße bis zum Gedenkstein beim ehemaligen Hinteren Hagenhof möglich – auf einfacher Strecke 2,5 km erspart!
Nach diesem ersten Glücksfall machte ich mich an den Marsch auf der Ötscherstraße Richtung Gasthaus Vorderötscher (Schutzhaus, leider derzeit geschlossen). Na ja, wo weit wird´s ja nicht sein, und das müsste sich ausgehen, bis um die Mittagszeit so wie die echten Messeteilnehmer wieder herauszufahren…
Jetzt in der Karte nachgemessen, diese Strecke sollte 5 km lang sein, aber nicht mit der normalen Kilometergehleistung zu vergleichen (eher 3,5 km/h). Nach guten 20 Minuten eine Markierungstafel – zum Vorderötscher 1 1/2 Stunden. Das wird aber knapp, zeitmäßig und auch für die “Kniehaxn”… Jetzt kommt die zweite Sonntagskind-Überraschung: Bald nach dieser erschreckenden Tafel tauchte hinter mir ein Kleinbus auf! Heischende Daumen- und Handbewegungen! Wirklich, die lieben Leute blieben stehen, verstauten mich noch auf einem freien Sitzplatz und nahmen mich bis 10 Min. vor der Abzweigung zum Vorderötscher mit. Vielen herzlichen Dank an die Familie Schager aus Lackenhof (diese waren früher Wirtschafter auf dem Hagengut und machten bis zur Messe noch eine kleine Spazierfahrt) – aus meiner Sicht war das ein bestes aller “guten Werke”… Außerdem plauderten wir bei der Fahrt noch ganz nett über die alten Zeiten, und selbstverständlich kannten sie ja meinen Freund Werner (Tippelt, füge ich jetzt das letztemal dazu).
Nach Abmarsch um 9 Uhr beim Gedenkstein stand ich schon um 9.45 Uhr beim geschlossenen Schutzgasthaus Vorderötscher. Hier nahm ich die einzige Stärkung für unterwegs – zehn Handvoll herrliches Quellwasser aus dem Hausbrunnen, der immer fließen mag. Dann ging es steil hinunter durch den Greimelgraben mit seinen hübschen Wasserkaskaden zum Greimelsteg (1/2 Stunde, wie für den Aufstieg unten angegeben, also mit “Knievorsicht” unterwegs).
Beim Greimelsteg öffnet sich talabwärts die Ötschergraben-Schlucht, zuvor machte ich jedoch noch den Abstecher zum ganz nahen und idyllischen Schleierfall. Dann ging es hinein in die Fels- und Wasserwildnis! Der Steig ist überall spannend, und mit Hund und Kind wäre ich hier schon ganz schön vorsichtig. Ich konzentierte mich auf den schmalen Pfad und auf´s Fotografieren – schöner hätten die Verhältnisse gar nicht sein können: klares, aber nicht übergrelles Licht, nicht mehr zu viele Schatten, frisches Grün in Konkurrenz zum stellenweise smaragdgrünen Ötscherbach.
Eine Stelle aber hatte es in sich – über Nacht (wie mir zwei junge Bergsteigerinnen aus Tschechien berichteten) war der Steig abgerutscht und nur eine rieselnde und felsplattige Steilfläche übrig geblieben. Entlang eines noch hängenden Pfostens wandte ich zuerst die Hosenbodentechnik an, um dann in geringerer Höhe über dem Wildwasser beherzt in den Feinschutt zu treten und so diese heikle Stelle zu überwinden. Die beiden “Mädchen” (kann ich mir als Senior schon erlauben zu sagen) waren ganz tüchtige Geherinnen, hatten am Vortag diese Strecke begangen, im Ötscherhaus übernachtet und waren jetzt auf dem Rückweg. Sie “gamsten” auch höher am Hang über den Abbruch hinweg, wofür mir einfach Mut und Geschick gefehlt hätten… Bei einer markanten Stelle danach baten sie mich, von ihnen ein Foto zu machen – “keep smiling” – und schon nahm die Beherztere der beiden sehr gut Deutsch sprechenden mir meine Kamera aus der Hand, um mich als Gegenleistung ebenfalls abzulichten. Eigentlich meinte ich, schön wären ja nur sie beide und ich nicht, haute mich trotzdem in Positur, aber das knieweiche Ergebnis erspare ich mir für den Blog (außerdem vergaß ich vor lauter keep smiling, den Bauch einzuziehen)!
Jetzt weiter zur immer lebhafter durch Gegenverkehr belasteten Wanderung. An einem kleinen Wasserfall beim Sperriegel vorbei ging es zum Moisinggraben, wo die Markierung zum Jäger Herz abzweigt, anschließend vor der Brennleiten (dort oberhalb am Hang ein phänomenales Vorkommen von Flaumigem Steinröschen, wie ich von Werner leider erst nachträglich erfuhr) wieder zur Abwechslung nach den schroffen Hangquerungen ein Stückchen gemütlicher durch den Wald.
Beim Mirafall war Hochbetrieb – weniger vom Wasser her, denn die Schneevorräte des Ötschers sind auch schon ziemlich abgeschmolzen. Aber das naturbegeisterten Wandervolk stürmte sogar den Wasserfall hinauf, dass nur mehr die oberste Stufe ohne menschliche Kulisse zu sehen war!
Zuletzt folgt noch ein ganz eindrucksvolles Stück Hangsteig, bis der Ötscherhias-Steg als absolute Staustelle erreicht war. Gerade hätten die Mittagsglocken läuten können! Aber die Schlange vor der Labestation war so lang, dass ich mich gleich an den Aufstieg machte. Noch ein kleiner Seitenweg zum Tiefblick auf den Ötscherhias, dann zur malerischen erneuerten Hiasbauernmühle (ich glaub mich zu erinnern, dass sie so geheißen hat, als ich meine Nachforschungen über die ehemaligen Holzknechtsiedlung “im Ötscher” angestellt habe). Schneller als erwartet kam ich wieder zur Ötscherstraße und brachte sogar den Anschlussweg zu meinem jetzt schon illegalen Parkplatz beim Schagerfeld gut hinter mich. Es war zwar heiß, aber durch die “Ötschergräben” (darunter kann man die Schlucht des Ötscherbaches mit seinen Seitengräben verstehen, oder vielleicht besser den Majestätsplural für dieses Naturwunder) blies immer wieder der hier gar nicht föhnig warme Föhnwind herein. Er hat sich wohl vom letzten Schnee auf den Hochalpen noch einen erfrischenden Hauch geholt.
Es war jetzt halb eins, und insgesamt war ich gute 3 1/2 Stunden unterwegs gewesen, für eine Gesamtstrecke von 12 km, wobei mir aber fast 3 km durch die Familie Schager erspart wurden. Mit dem zu erwartenden normalen Zugang vom Parkplatz bei der Staumauer Erlaufklause wären es noch um 5 km insgesamt mehr gewesen. Also war ich sicher ein beglücktes Sonntagskind, nicht nur vom Wetter her…
Wie der Tag weitergegangen ist? Fast wäre ich bei HB noch in Taschelbach angelandet, aber mit der höchst dringenden Stärkung im Zellerrain-Gasthaus und der noch angehängten Suche nach den letzten Krokussen in Neuhaus – das ist noch eine eigene Geschichte – wäre mir der Tag sonst zu kurz geworden.
5 Reaktionen zu “Durch die hinteren Ötschergräben – als Sonntagskind!”
man kann sagen was man will, aber diese region ist einfach traumhaft schön – freu mich schon dort wieder herum zu streifen, ich hoffe es geht sich heuer noch aus ( (kinder-)zweitageswanderung wäre ja geplant) – DANKE für die fotos
Zwar heißt das aktuelle Spamwort “Pannonien”, aber mit diesen Exkursion in die östliche Ebene mit ihren Restbergen ist jetzt vorbei und wir sind voll alpin konzentriert…
Nach euren klettrigen Partien, zuletzt die pittoresken Balbersteine, seid ihr ja voll trainiert für die Ötschergräben. Ideal wäre mit Kindern die Übernachtung im Schutzhaus Vorderötscher, aber leider heuer (und hoffentlich nicht dauernd) geschlossen. Also bietet sich vielleicht eine Ötscher-Umrundung an: Beginn in Wienerbruck, gleich scharf hinab über den Lassingfall und durch die Ötschergräben zur Nächtigung im Ötscherschutzhaus. Anderntags auf den Gipfel und retour (den Rauhen Kamm werdet ihr doch nicht hinabklettern wollen, da wärt ihr mir ja schon richtig unheimlich – oder absolute Mutprobe mit Seilsicherung als Wahnsinnserlebnis). Mit dem Lift hinunter nach Lackenhof und vielleicht noch weiter bis nach Nestelberg (bei Frau Gross in der ehemaligen Volksschule nächtigen). Natürlich könnte man nach dem Gipfel sich in Lackenhof feudal einquertieren und vielleicht einen Badenachmittag einlegen… Von Nestelberg hinab zum Kirchensteg und durch die Vorderen und Hinteren Tormäuer (dazwischen Einkehr im Gasthof der echten Alten Schule!!!) zurück nach Stierwaschboden und über den Lassingfall zum Ausgangspunkt.
Also ein richtiger Wanderurlaub, ohne Fernreise!
Wir fahren übrigens im Juni wieder zum Kreischberg (Superangebot) und werden endlich auch die Grebenzen erwandern.
Grüße! BB
@ BB
Frau Schager ist die Schwester meiner Frau
Eli würde sagen “ggggggg”
HB
@ HB
Die Welt ist klein – besonders rund um den Ötscher! Aber die mit meinem Retter mitfahrenden Damen gehörten wohl eher zur vorigen Generation, also wären die Verwandtschaftsverhältnisse noch zu klären…
Ganz lieb war jedenfalls diese Partie zu mir, obwohl ich gar nicht gehatscht bin! Über den Spielbichler August haben wir auch geredet, der mit die alten Gästebücher vom jetzt stiftlichen “Spielbichler-Gasthaus” gezeigt hat (das älteste von um 1840 hat sich leider jemand ausgeborgt…). Ich hab interessante Bilder daraus aufnehmen dürfen. Einige Ureinwohner vom Hinterötscher (zumindest deren Nachfahren) kenne ich von Traisen, denn nicht alle Ötscherianer sind in Mitterbach gelandet, sondern auch im Traisentaler Industriegebiet.
LG BB
@ BB :
” gehörten wohl eher zur vorigen Generation ” ……….: du hast recht, zwischen den beiden Schwestern sind 19 Jahre Altersunterschied (Kriegsjahre, Gefangenschaft …..)