Haute Route NÖ Erfahrungsbericht 4: Gastartikel von Eveline Urban “Vom Gscheid zum Vorderötscher”
15. Oktober 2009 von Bernhard Baumgartner
Wie flexibel Eveline bei ihrer Tour unterwegs war, zeigt dieser vorletzte Tourentag – und wieder fleißig marschiert… Ich habe den Bericht mit ein paar an die momentane Jahreszeit angepassten Bilder illustriert, um die Schönheit dieser Landschaft zu zeigen. Viele Besonderheiten hat Eveline treffend in ihrer Schilderung vermerkt!
Gastbeitrag von Eveline Urban über die Wanderung zum Teilstreckenziel Mitterbach mit einem Abstecher in die Ötscherschluchten
Vierter Tag:
Wehmütig stelle ich fest, dass die Halbzeit schon überschritten ist.
Abmarsch vom Gscheid 07.00, noch ein Blick auf den Göller (07.15), nun Richtung Walstertal, in das man über den Krumbachsattel (08.00) gelangt; wer sich Wörtern wie „schön”, „interessant” oder „malerisch” verwehrt, weiß nicht, wie dieser Streckenabschnitt zu beschreiben ist.
Wege großteils eben – Schwemmlandwiese, Abzw. Rottenbachtal.
Am Hubertussee (09.25) ein Eisvogel, Enten. Künstliche Romantik. Hier noch mehr trügerische Idylle als bisher (Reservatcharakter). Eine Hubertuskapelle in Neo-Irgendwas, eine Klauskapelle im Corbusier-Stil, ein Bülow-Denkmal an der Klause. (09.50).
Kurz nach der Klause am Ende des Hubertussees (09.55) führt rechts ein Weg hinein (Anmerkung: Forststraße durch die Schwarzwalster nach Fadental, Blumenparadies mit subalpinen Arten in der Dolomitschlucht auf 800 m Seehöhe) – diesem folgend erkennt man, dass auch er markiert ist – nach 20 Min. zweigt er links in den „Schindelbachgraben”. Leicht ansteigend. Wieder (etwa beim Wasseralmbach) zweigt am Talschluss ein markierter „Direttissima-Pfad” von der Forststraße ab (10.40) – dieser Pfad dürfte allerdings schon aufgegeben sein – es liegen drei Bäume über den Weg, das Gras ist bauchhoch. In die umgekehrte Richtung findet man ihn überhaupt nicht mehr!
Eine achtspurige „Familien”-MTB-Strecke führt über den Schindelgrabensattel (11.15) nach Mitterbach hinunter. Auch mitterbachseitig noch Reste eines alten Zick-Zack-Wanderpfades, durchkreuzt von der MTB-Strecke. Es nieselt. 12.05 – Kapellergut. 12.20 – Kirche Mitterbach. Es regnet.
Ich hatte geplant, über die Gemeindealpe und den Eisernen Herrgott zum Vorderötscher zu gehen. Aber die Gemeindealpe stellt gerade den Liftbetrieb ein.
Es waschelt. Ratlos. Ziehe mich zum Bahnhof zurück, wo auch andere Wanderer eintrudeln. Allgemeine Heimfahrstimmung.
Aber so soll meine Wanderwoche nicht enden – so nicht! Der Zug kommt um 13.10. In Erlaufklause steige ich wieder aus (13.15).
Auf dem Weg zum Ötscherhias kommen mir weitere Ausflugsabbrecher entgegen – ein buntes Völkchen, wie in der Ysperklamm; bei Schönwetter muss da einiges los sein! Der Ötscherhias (14.20) hat wohlweislich seine „Terrasse” mit Plastik überspannt, sodass ein halbes Dutzend Tische zusätzlich im Trockenen stehen. Langsam werden die Regenpausen immer länger. Die Kulisse des Ötscherbachs ist so verlockend, dass ich mir das nicht entgehen lassen will und meine Wanderung fortsetze (14.45) .
Flußaufwärts durch die Ötschergräben, vorbei am Mirafall und an der Abzweigung zum Moisengraben (16.15), bis zum Greimelbach (16.45), dann bergauf (hier zieht sich der Weg schon, ist aber abwechslungsreich), dann die letzten hundert Meter, bis die Lichtung mit dem Schutzhaus Vorderötscher kommt (16.55).
Es hat sich gelohnt! Dies ist ein wunderschöner Platz, an dem sogar ein Nussbaum und Salat gedeihen. Laut Prospekt hier eines der „am wenigsten besiedelten Gebiete Österreichs”. Ein ehemaliger Siedlungsplatz von Salzburger Holzfällern.
In der Nacht: hoffnungsvolles Warten, dass der Regen aufhört, er tut es aber nicht.
Anmerkung: Neben Nestelberg ist die Lichtung beim Vorderötscher einer der “schönsten” Plätze rund um den Ötscher. Wo heute die sog. Ötscherstraße verläuft (vom Hagengut bis Erlaufboden) standen seit dem 18. Jh. die Keuschen der aus dem Salzkammergut zugezogenen Holzknechte. Siehe meinen Blogbeitrag über Josefsberg (Suche: ….) und HB´s Kommentar beim letzten Beitrag zum Holzbringungsgerät bei Evelins Bild. In den 1960er Jahren wurden diese Holzknechtweiler durch die Straße samt Strom und Telefon erschlossen – und waren bald danach entsiedelt. Sogar der traditionelle Gasthof Spielbichler, wohl auch im Interesse der Jagd- und Forstinhaber (damals Stift Lilienfeld – seit dem 13. Jh. !). Literaturhinweis vermeide ich hier, kann in Kommentar nachgeholt werden! Die “Holzknechte im Ötscher” - alle damals Geheimprotestanten ! – sind jedenfalls eine siedlungs- und volkskundliche Kuriosität, wenn ich das so (untreffend) bezeichnen kann.