Naturwunder UNA – zur Quelle “Vrela Une”
21. September 2015 von Bernhard Baumgartner
eigentlich verlaufen die vorbereitungen und ideen zu unseren unternehmungen anders als bei dieser – im neuen headerbild schon angezeigten – tour!
Aufmerksam auf dieses Ziel – offensichtlich ein hervorragendes Naturdenkmal – wurden wir im vorjahr durch eine Hinweistafel mit wasserfallbild an der straße von zadar her bei maslenica. nur blieb damals zu wenig zeit dafür. heuer aber waren wir schon neugierig genug, um bereits am 24. august, dem dritte urlaubstag, uns auf den sicher langen weg zu machen.
unsere fahrtroute zur unaquelle aus der straßenkarte (bei jeder entscheidenden Kreuzung eine Hinweistafel): seline – maslenica – gracac – richtung knin – vor otric richtung srb – vor donja suvaja (dort hinweistafel 100 m, sind vorbeigefahren und mussten im dorf umkehren). unsere orientierung bei solchen fahrten funktioniert so – anni fährt und ich sitze als navi mit der karte daneben…
gleich die erste strecke richtung gracac bot einen höhepunkt: oberhalb der karstflächen am fuß des wild zerklüfteten velebit nahe von obrovac quer durch die steilhänge auf schwindelnder trasse bis zum crno-pass, leider kein stop und trübes wetter. dieser 766 m hohe, scharf eingeschnittene übergang der traditionellen fahrtroute durch das binnenland zum südlichen dalmatien (bevor vor ca. 20 Jahren die autobahn gebaut wurde), leitet von der karstlandschaft zur vorwiegend von rotbuchen geprägten waldzone an der leeseite (vom meer aus gesehen) des hohen und wetterscheidenden gebirges über. in vielen kurven bergab wurde der größere ort dieser gegend erreicht – gracac: stausee für die jenseits der berge hinstürzende druckrohrleitung, nahe die sehenswerte carovacka-tropfsteinhöhle, wichtige straßenkreuzung.
damals sogar schnee auf dem velebit anfang september! bei unserer fahrt verhielt sich das wetter aber freundlich, recht mild war es, und mittags kam sogar die sonne heraus. überschwemmung hätten wir nicht brauchen können, denn der talfluss am sattelübergang richtung knin hätte trotz der dort verlaufenden bahnstrecke (nach split) kaum einen höheren wasserstand vertragen. wir waren schon gespannt auf die abzweigung von dieser strecke – letzte tafel in gracac, dann lange nichts, aber im nächsten tal hinweis scharf links “ispod vrela UNE” ! jetzt ging es scharf nordwärts, anfangs durch ein breites tal (abzweigungen zu kleinen dörfern und tafeln zu vogelschutzgebieten !). die gegend sehr freundlich, waldberge zur rechten an der bosnischen grenze, nur wenig steigend den pass srbski klanac hinauf (793 m).
die spannung steigt, aber so weit wie im bild sind wir noch nicht. zuerst geht es vom sattel in steilen und engen kehren in einen waldschlund hinab, immerhin schon einen zufluss der jungen una entlang. dann folgt ein stellenweise besiedeltes tal mit kleinen dörfern und weilern. nach donji srb, direkt an der bosnischen grenze (aber ohne übergang) wird die talseite gewechselt, dann unvermittalt links der ausgangspunkt, nun schon 88 km gefahren…
vor einem neuen holzhütterl steht ein sonorer herr als wächter und kassiert die weggebühr, verständigung schwierig, angebotenen slibowitz dankend abgelehnt, dafür köstlich kalten (vermutlich) kriecherlsaft bekommen. die anlage steht mit dem nationalpark krka in verbindung, und ohne den gut ausgebauten und mit massiven holzgeländern abgesicherten steig würde man kaum zur una-quelle gelangen können. eine große tafel informiert über die naturgegebenheiten (ich habe das wesentliche in den text eingebaut). es ist gerade vor der mittagszeit, und wir marschieren gleich los. vorweg – 15 minuten ist viel zu wenig, insgesamt mit schauen und fotografieren mindestens eine stunde insgesamt.
mit etlichen kehren und querungen geht es weiter hinauf, oben und unten felsen, dazwischen das dürftige und steil abfallende waldgelände, flora ähnlich unseren südlicheren gegenden (mannaeschen, hopfenbuchen, frauenhaarfarn, pelzfarn, scheibenschötchen; außer zyklamen alles abgeblüht). einige aussichtskanzeln zeigen vorerst nur die steile waldschlucht mit ihren felsen, dann ein erster blick auf das ziel – tief unten ein wasserfall und dahinter schon zu ahnen der “blaue topf” der unaquelle.
nicht nur der erste blick auf den gar nicht so kleinen quellsee ist faszinierend! türkis-blaugrün-kristallklar, so zeigt sich das aus einer (erforschten!) Tiefe von 200 m aufdringende Wasser, ‘Temperatur ca. 8 Grad, gut dass es nicht so heiß ist, sonst würde kältenebel in der senke liegen. tauchen verboten! so heißt es aktuell – 1999 erforscht, aber angeblich schon zur Römerzeit bekannt, 2007 durch kroatische Taucher der vorläufig tiefste, noch nicht weiter verfolgte abschnitt erreicht…
das bergseitige ufer lässt sich nicht begehen, aber die talseitige schwelle betritt man mit etwas vorsicht, um nicht in die tiefe abzurutschen. hier rieselt das wasser zwischen grasartig bewachsenen steinblöcken hindurch – diese langen fransen sind aber eine Laubmoosart (gitterzahn- oder sichelblattzahnmoos). auf der rechten seite wechselt das türkisblau zum grellen spiegelbild von urigen baumgestalten und felspartien.
durch kleine felswannen rieselt das wasser weiter und stürzt dann als verzweigter wasserfall in den tieferen bachlauf. auf den steinblöcken sollten die nur wenige millimeter großen flussmützenschnecken (eine wasserlungenschnecke, wie eine kleine muschel geformt) zu entdecken sein, im bachlauf bachforellen und koppen, gesehen haben wir keine, auch keine der hier vorkommenden würfelnattern.
nach unendlich vielen fotos (bunt gemischt hier von uns beiden) nehmen wir nur zögernd abschied von diesem einmaligen naturplatz, den wir sicher niemals mehr erleben werden…
die weiterfahrt führt von diesem abgelegenen dinarischen gebirgswinkel wieder durch die einsamen täler entlang der kroatisch-bosnischen grenze. wie und wie dürftig die menschen hier leben und überleben müssen, zeigt sich an den siedlungsbildern – wohl jedes dritte bis fünfte haus eine ruine, obwohl der jugoslawische bruderkrieg der 1990er jahre nun schon bald zwei jahrzehnte vorbei ist. manche bauten sind dürftig oder leidlich gut instandgesetzt, ganz selten ein neuer oder renovierter Hof, überall reichlich zwetschkenbäume, schafgatter, hausgärten mit wenig blumen und viel gemüse. so hat es bei uns in den ersten nachkriegsjahren bis in die 1950er ausgesehen…. zur einkehr werden wir nirgends verlockt, aber beim jausnen unterwegs sind wir ohnehin sehr spartanisch (brot, käse, wasser), obwohl ein näheres kennenlernen auch nicht geschadet hätte und vielleicht überraschend interessantes ergeben hätte.
wir fahren das breite tal der una, die hier die grenze bildet, entlang bis gegenüber von martin brod, wo una und unac zusammenfließen. die gegend jenseits der grenze vermeiden wir aber – immerhin habe ich im WEB zahlreiche Bilder des flusses bis zu seiner mündung in die save gefunden, bihac wäre einer der nahen hauptorte. bei einer zerstreuten ortschaft namens dobroselo, einem wirklich freundlichen tal mit den hohen bewaldeten grenzbergen im hintergrund, finden wir die abzweigung zurück zum küstenland. in zahllosen kehren und durch dichten wald mit vorwiegend riesenhaften rotbuchen geht es zu einem sattel auf tausenderniveau. die straße wechselt von gutem zustand in grenznähe zu immer dürftigerer erhaltung im weiteren verlauf, dann öffnet sich eine weitgespannte wiesenlandschaft bei podselo und mazin. armselige dörfer, verstreute häusergruppen und höfe – dazwischen ausgebreitete grasflächen, hie und da etwas grün, wo abgemäht, oder roterdig von einem abgeernteten acker. so viel platz und so wenig nutzung, unvorstellbar in unseren kleinräumigen voralpinen lagen zuhause!
über einen flachen sattel hinweg folgt das nächste polje (karstmulde ohne oberirdischen wasserabfluss), hier halten wir noch einmal kurz. stahlblauer mannstreu und wenige blumen beleben das sonnenverbrannte gras, von irgendeiner alm holpert in einer staubwolke ein kleiner laster herab. und noch etwas gibt es zu bemerken – vielfach bienenstöcke (leider ohne kaufmöglichkeit), eine markierungstafel zu einem gipfel, außerdem ein mit steinen bewehrter graben entlang der höhenlinie, wohl eine schutzstellung aus dem krieg, nicht vorstellbar ob aus richtung der serbischen bundesarmee richtung küstenland oder von den verteidigenden kroatischen truppen her. immerhin gibt es hier keine markierten minenfelder wie anderswo…
beim ort bruvno erreichen wir wieder belebtere gegenden, mehrmals ein grill am straßenrand, bewirtschaftete flächen und bessere häuser, die landschaft für geografen eine fundgrube mit ihren eigenartigen erosionsformen – im frühsommer sicher auch für botaniker!!! die bekannte strecke über den südlichen velebit hinweg erreichen wir endlich bei gracac, womit sich diese runde schließt – mindestens acht stunden waren wir unterwegs, fahrstrecke 190 km, ein dürftiger tempodurchschnitt von weniger als 25 km/h, aber spitze erlebnisreich!