Nationalpark Balaton – fast ein Phantomberg: Somlo-hegy
15. November 2013 von Bernhard Baumgartner
Bericht vom letzten Tag unseres Plattensee-Vulkanberge-Wanderurlaubes, während der Heimfahrt am Montag, 28. Oktober 2013.
Bei der Fahrt Richtung Plattensee, egal ob man von der Autobahn im Norden oder über Sopron und Sarvar anreist, fällt noch vor den allmählich ansteigenden Berghügeln des Bakonywaldes eine Berggestalt auf. Deren Namen “Somlo” verknüpft man eher mit dem bekannten Desert, den Somloer Nockerln (trotz intensiver Nachsuche im Internet konnte ich für diese nur als Erfinder einen Kellner aus Budapest herausfinden, aber keinen Zusammenhang mit dem Somloberg). Viel höher anmutend, als der Somlo in Wirklichkeit mit seinen 431 m ist, sticht er förmlich aus der völlig ebenen Umgebung hervor, etwa wie die Statzer Klippe im Weinviertel. Wir sahen diesen Gipfel immer nur aus der Ferne, wie ein Phantom, aber diesmal wollten wir ihn wirklich kennenlernen. Zur Verfügung hatten wir ein Beschreibung im Wanderführer “Bergwelt Ungarns” (von Anna Toth und Miklos Feher im J. Fink Verlag, 1976) und eine Straßenkarte; nicht gerade viel, denn auf die Informationen im Internet stießen wir erst nach der Rückkehr…
Der Somloberg ist rundherum, auch an den Nordhängen mit Weinrieden bedeckt, die auf dem fruchtbaren und sonnenwarmen Vulkantuff vorzügliche Weißweine liefern. Warum er so begehrt war, erzählt die Legende – in der Hochzeitsnacht wurde die Braut durch den Genuss von Somlowein verlässlich (wieder) zur Jungfrau, und der Bräutigam zeugte durch seine Stärkung ebenso verlässlich einen Sohn… Eine Übersichtstafel nennt 29 Pincen rund um den Berg, eine biologisch arbeitende Weinbauernfamilie aus Pamhagen im Burgenland betreibt dort ebenfalls ein Weingut. Wären wir am Sonntag gekommen, hätten wir vielleicht hier allerhand Betrieb erlebt, aber wochentags war eben “tote Hose”…
Diese Gipfelerkundung schien uns neben der Heimfahrt gerade recht zu sein, obwohl sich auch ein Ausflug von Tapolca (40 km entfernt) gelohnt hätte. Auch hätten wir da Zeit genug für einen ausgedehnten Rundweg zur Burg Somlo gehabt. So beschränkten wir uns auf die Gipfelbesteigung, hatten aber mit viel Wetterglück auch so eine äußerst lohnende kleine Wanderung. Schon die Zufahrt von der Hauptstraße Nr. 8 / E 66 westlich von Devecser hinauf zum Bergfuß war eindrucksvoll. Der relativ schmale Beton- oder Asphaltweg verlief nämlich zwischen fast gigantisch aus Basaltblöcken geschlichteten Mauern. Auffallend hübsche und gepflegt Landhäuser und Weinkeller begleiteten die Bergstraße bis zum Parkplatz bei der St. Margit-Kapelle.
Der Aufstiegsweg wendete sich unverkennbar gleich in die Buschwaldzone des (unteren !) Gipfelaufbaues hinein, bald als Hohlweg mit hübschen Ausblicken dazwischen, zuletzt durch einen blockigen Graben hinauf zum unteren Bergplateau.
War die Waldzone vom bunten Laub und den Ausblicken über die Weingärten ins südliche Flachland geprägt, folgte nun ganz überraschend ein weitläufige Wiesenfläche. Einige Reste der sommerlichen, zu vermutenden Blumenpracht und das weite Panorama bis zu den Gipfeln nahe dem Plattensee machten ihren besonderen Reiz aus.
Oberhalb der Hochwiese auf dem unteren Gipfelplateau folgte eine steiler, stiegenartiger Steig über den oberen Bergaufbau zur eigentlichen, obersten Gipfelfläche. Dabei war nicht das bunte Laub vorherrschend, sondern die Wildfrüchte, rote Hagebutten und tiefblaue Schlehen – es lässt sich leicht erahnen, welche Pracht dieser Hang zur jeweiligen Blütezeit sein muss!
Auf der Berghöhe wurde es dann reichlich mystisch – das riesige Somlo-Kreuz und die St. Stephansstatue daneben – trotz allen Nachgoogelns konnte ich nicht herausfinden, wann diese Denkmäler errichtet wurden. Das auf dem höchsten Punkt stehende Steingebäude wurde als Aussichtswarte schon in den 1930er Jahren erbaut und nach dem 2. Weltkrieg erneuert. Sehr viele Wanderer waren mit Kindern unterwegs – wir erfragten dann endlich warum – ungarische Herbstferien in der letzten Oktoberwoche, aber auch an sonstigen arbeitsfreien Tagen muss der Somlo ein beliebtes Ausflugs- und Wanderziel sein. Von der Wallfahrt war ja schon die Rede, aber irgendwelche Temine herauszufinden, ist mir nicht gelungen.
Der Abstieg auf demselben Weg brachte uns noch einige schöne Bilder ein (sie sind von Anni und mir bunt gemischt). Von der Margit-Kapelle fuhren wir dann, zum Glück ohne Gegenverkehr, wieder hinunter in die Ebene zur Hauptstraße und unserer Heimfahrtstrecke.
Der Gegensatz zur Bergregion der Vulkangipfel war bei der Fahrt durch die weite Ebene besonders zu empfinden. Insgesamt können wir sagen, die Anreise bis zum Nationalpark am Plattensee zahlt sich aus, wenn man eine passende Wanderzeit auswählt. Diese ist Anfang April zur Baumblüte und im Oktober bei der Herbstfärbung am günstigsten. Verbunden mit einem qualifizierten Hotelaufenthalt und mit Schwerpunkt auf die speziellen Naturerlebnisse dieses pannonischen Vulkanlandes werden wir sicher nicht das letzte Mal den Balaton für einen Wanderurlaub ausgesucht haben.