Dorfgastein: Das “Gipfelmehr” vom Fulseck
10. September 2013 von Bernhard Baumgartner
Das 2033 m hohe, mit einer Gondelbahn bequem zu erreichende Fulseck bei Dorfgastein kann nicht nur durch sein Gipfelmeer begeistern, sondern auch mit seinen zusätzlichen Attraktionen – eben einem “Gipfelmehr”!
Zu diesem “Gipfelmehr” hatten wir am Fulseck schon mehrere Erlebnisse (damit seien auch gleich die Tourenmöglichkeiten angedeutet): Der hübsche, sogar esotherisch ausgestaltete Kammweg leitet hinab zur Kapelle am Arltörl, einem sicher uralten Übergang zwischen Dorfgastein und Großarl auf 1797 m Höhe. Von dort führt ein besonders zuletzt anregender steiler Steig auf den schroffen Gipfel Schuhflicker oder Arlspitze mit 2214 m hinauf. Von der Arlscharte steigt man auf zwei Routen, über die Heumooser Alm oder interessanter über die Grabneralm zur Mittelstation der Seilbahn bei der Brandlalm ab (ca. 1400 m). Unterwegs findet man Heidelbeeren und Pilze je nach Jahreszeit.
An einem vorletzten Augustsonntag, auch heuer, findet die musikalische Wanderung des ORF-Radio Salzburg statt, mit Herbert Gschwendtner als Moderator. Da bewegt sich wie ein endloser Riesenwurm die Schar der Wanderer auf dem Kammweg hinab zum Arltörl und dann weiter, sich aufteilend, zu den verschiedenen Almen, wo dann eingekehrt und aufgespielt wird. Wir haben es schon erlebt, dass dann am Nachmittag die Almwirtschaften “ratzekahl leer gefressen” sind! Seither besuchen wir das Fulseck lieber individueller…
Wie dieses Panorama zeigt (aufgenommen für 360 Grad, aber nur von Südwest bis Südost reichend), ist die Gipfelschau wirklich umfassend, zeigt aber im Bild nicht die Höhepunkte – die Dreitausender der Hohen Tauern vom Großen Hafner über Ankogel, Schareck, Sonnblick, Großglockner bis zum Wiesbachhorn. Im Vorjahr konnten wir zur selben Zeit den Glockner in klarstem Licht mit dem Tele heranholen (ein Bericht von mir im Blog vom September 2012), heuer war die Aussicht auch ganz gut, aber doch nicht so brillant. Die Gipfelschau reichte jedenfalls als Hintergrund für die nahe liegende Berglandschaft.
Der Kammweg wurde in den letzten Jahren zu einer richtigen Promenade ausgebaut und schlängelt sich leicht bergab über die Erhebungen dahin. Im Blickfeld nordwärts lockt schon der Schuhflicker, aber das Schaustück sind Bischofsmütze und Dachstein. Die Radstädter Tauern beginnen schon jenseits des tiefen Großarltales, das wir leider bisher nur von den Schiabfahrten dorthin kennen und das auch endlich auf unserer Urlaubswunschliste stehen sollte! Die schroffen Kalkgipfel der “Radstädter” (sie gehören zu den Zentralalpen und haben eine geotektonisch andere Stellung als die Nördlichen Kalkalpen mit dem Dachstein) wirken sehr markant, auch wenn sie gegenüber den “Keesbergen” der Hohen Tauern etwas weniger hervorstechen. Eine besondere geologische Erscheinung sind die “Bergzerreißungen” am nördlichen Fulseckkamm – hier gleiten die Gesteinsschichten beiderseits talwärts und bilden Vertiefungen mit kleinen Lacken und Moormulden.
Die zuhöchst wachsenden Wetterbäume reichen hier gerade noch bis auf den Kamm, dazwischen bedecken Zwergstrauchheiden den Rücken und die oberen Berghänge. Hier kamen wir heuer gerade zur Erntezeit der Heidelbeeren zurecht! Von dem Kieserl genannten Gratkopf (immer noch auf1951 m) zweigten wir auf die Großarler Seite ab und kamen so ins üppigste Beerenparadies. Edlachriegel heißt dieser Seitenkamm, die namengebenden Grünerlenbestände sind aber erst weiter unten ausgebreitet, denn hier oben gibt es nur Almrauschstauden (leider längst verblüht), Heidel- und Rauschbeeren zwischen den spärlicheren Grasflächen, neben steinigen Riedeln mit Flechten und noch unreifen Preiselbeeren.
Die Zeit verging an diesem 17. August allzu schnell – Aussicht genießen, fotografieren, “heideln” mit schnell dunkelblau gefärbten Fingern, Mittagsjause und ein bisschen in den Berghimmel hinein träumen… Unversehens war es mittlerer Nachmittag, und vor die Wahl gestellt – 600 Höhenmeter hinunter in die Wälder bis zur Mittelstation? – entschlossen wir uns zu einer Bergaufpromenade! Letztlich war es wirklich die beste Lösung, und außerdem hatten wir die komplette Seilbahnfahrt bereits in der Tasche (Kombikarte Schloßalm / Fulseck, bestes aller Angebote).
Als wir dann die 1200 Höhenmeter nach Dorfgastein hinabgondelten, war uns um den Abstiegsweg wahrlich kein bisschen leid! So zog die Berglandschaft noch einmal vertikal an uns vorbei, und nach dem frischen Bergwind auf dem Fulseck empfing uns im Tal der heiße Sommernachmittag. Laut Wetterbericht sollte sich das Schönwetter weiter fortsetzen, und so war es auch gut, nicht alle “Beinreserven” gleich zu verbrauchen… Als nächstes lockt nämlich der Guggerstein bei der Schmaranzeralm, der uns jeden Morgen so grimmig ins Fenster hineinschaut!