Ringkogel von der Schwarzalm – die ultimative Genusstour!
5. August 2012 von Bernhard Baumgartner
Ich kenne Dürrenstein und Hochkar schon ziemlich gut, wenn auch nicht so gut wie den Ötscher und schon gar nicht wie mein Freund Werner (Tippelt). Aber auf dem Ringkogel war ich noch nie oben (wie ich auch die Alpintour Hochkar – Dürrenstein in meiner “Laufzeit” leider versäumt habe und sicher nicht mehr nachholen kann). Also hat mich der Bericht von Karl über seine Ringkogel-Tour von Hochreith / Leckermoor aus schon angestachelt…. Aber – die Diretissima hinauf zur Wiesenalm, womöglich auch wieder hinunter… Schon überlegt, ob Anni nicht zur Abholung aufs Hochkar fahren könnte, aber in dieser Richtung kommen auch die Stunden zusammen…
Das tolle Göstlinger Hüttentaxi
Da haben sich die Touristiker wirklich was Tolles einfallen lassen, aber viel zu wenig propagiert, sodass nicht einmal ich als alter “Stierler” bisher davon erfahren habe – der sehr gut “recherchierte” (schreibt man das überhaupt so?) und neue Kompass-Führer hat mich auf die Spur gebracht! Also danke an die Konkurrenz, Kompliment an den mir bisher nicht bekannten Autor Stephen Sokoloff – eigentlich keine Konkurrenz für Werner und mich, denn es handelt sich eher um einen Soft-Wanderführer, nicht für ambitionierte Klimmer, aber für eher flachländerische Besucher bestens, samt den ortsnahen Spazierwanderungen und vielen Wegerleichterungen – die wir zugegeben auch schon gern in Anspruch nehmen…
Also nochmals der Hinweis (die Telefonnummer kann ich schon auswendig): Jeden Dienstag Fahrt zur Schwarzalm um 8.30 Uhr, nach Anmeldung spätestens am Vortag beim Tourismusbüro Göstling Tel. 07484/50 20-19, Buspreis 80 Euro (wird auf die Mitfahrenden aufgeteilt, enthält Bergfahrt und Abholung um 16 Uhr).
Nur kein Stress!
Schon in der zweiten Woche nach unserer stressigen Dürrenstein-Tour versprach der Wetterbericht für letzten Dienstag (wirklich auch der letzte Julitag) eine radikale Wetterbesserung! Unsere “Waldis” – Helga und Wolfgang – waren natürlich wieder mit bei der Partie, und nachdem die vorher angemeldeten Anwärter abgesagt hatten, fuhren wir zu viert mit dem Taxibus wieder bestens kutschiert (und irgendwie angenehmer als zur Bärenlacken) hinauf zur Schwarzalm. Abmarsch dort um 9.10 Uhr, also Zeit und Zeit und Zeit bis zur Abholung um 16 Uhr. Wir saßen dann wirklich schon um 15 Uhr bei der Hütte, hatten unsere Gaudi mit dem urigen Halter (samt Gratisvortrag vom Fensterln) und – was meinte ich kurz vor der Hütte, als es durch den Kessel schon etwas anstrengend wieder zur Hütte hinauf ging? “Wenn ich jetzt eine Mehlspeis krieg, trink ich sogar einen Häferlkaffee!” Das wird nicht Jedermannfrau verstehen, aber ich bin halt eher nicht für Cafe´latte wie Freund Werner …
Markiert – fast markiert – nicht markiert – gerade noch gut genug markiert
Ich bringe später noch unsere Tour als Routenbeschreibung, hier nun die Erlebnisschilderung! Vom Leckermoor aus wäre die Route anders verlaufen: Zuerst den Steilanstieg zur Wiesenalm und über den Kesselberg auf den Ringkogel, auf der Alpintour beliebig weit Richtung Hochkar und von der Seelucken (mit Schmalzmauer) oder gleich dazwischen absteigend über die Brunneckerhütte zur Schwarzalm, durch den Kessel zur Wiesenalm und den Steilwald wieder hinab zum Leckermoor.
Für die Runde von unserem hochgelegenen Ausgangspunkt wollte ich aber eine zwar sanftere, aber doch pikante Variante wählen. Also zuerst entlang der Markierung (fast nur auf Steinen und kaum auf weithin bemerkbaren Bäumen, daher etwas unübersichtlich) Richtung Ringkogel an der Wiesenalm-Abzweigung vorbei. Dann aber auf dem kaum wahrnehmbaren Steig zur Bernlehnerhütte, wobei nur vereinzelte und schon ziemlich verblasste rote Farbpunkte die Sicherheit geben, nicht irgendeinem Wildwechsel oder Viehtritten nach in die Karstwirrnis des Ringkogel-Kessels verirrt zu sein.
Die einsame Hütte liegt aber auf einem lieblichen Wiesenanger, und auch die anschließende Strecke gestaltet sich durch einen vor wenigen Jahren angelegten Forstweg ganz unproblematisch. Aber die Abzweigung vom Forstweg Richtung Alpinkamm muss man erst finden – endlich ist ein roter Punkt auf einem seitlich fast zwischen den Wetterbäumen versteckten Steinblock gesichtet, und dann geht es wieder achtsam hinauf zum Hauptkamm. Dort der nächste neuralgische Punkt – aber nur für die Geographen, denn im Gelände hat er keine Bedeutung – die “Planstiege”. Über diese Ortsangabe in der ÖK entspinnt sich dann abends beim Rehberg noch eine lebhafte Diskussion mit Werner, ich habe jedenfalls den kleinen Steinriegel (auf den sich der Name beziehen soll) nicht bemerkt, aber Anni schon…
Egal, pünktlich zu Mittag stehen wir auf der Gipfelhöhe des Ringkogels, 1666 m hoch, mit umfassendem Tief- und Ausblick, nur das Gesäuse ist vom Hochkar verdeckt, der steilpyramidale Lugauer als “Steirisches Matterhorn” schaut aber unverkennbar der Schmalzmauer über die südöstliche Schulter. Über den langen Kamm bis zu uns her verläuft die Alpintour, und beim Blick gegen den Dürrenstein schwingt sich der Kamm über Latschenschneiden und im obersten Bergwald verborgene Anhöhen bis zum felsigen Sperriegel, dem Ausstieg nach dieser langen Tour ins moderatere Gelände. Allerdings ist die Alpintour Hochkar-Dürrenstein (oder umgekehrt) seit einigen Jahren markiert und dadurch zwar nicht an Leistungsanforderung, aber sicher an Orientierungsproblematik etwas entschärft worden.
Bei der ominösen Planstiege hat uns noch das über Talnebeln an Salza und Lassing fast schwebende Massiv von Kräuterin und westlichem Hochschwab bezaubert, aufgeklart hatte es ja schon bei unserer Zufahrt nach Göstling am frühen Morgen. Nun ist der Himmel frei, trotz Sonne ein frischer Tag – wir hätten ihn nicht idealer für unsere Tour wünschen können!
Am Ringkogel selbst kommt zuerst die Wegteilung Alpinroute – Schwarzalm, dann ein kleiner Felsriegel sozusagen als Vorgipfel, eine Steingruppe mit dem überraschend spärlichen Gipfelzeichen, danach ein Vorsprung über der Latschenwildnis, wo der Steig Richtung Tremlsattel und Dürrenstein verschwindet. Wir gehen zurück bis zur Wegteilung und folgen dann hauptsächlich durch Latschen dem markierten Steig Richtung Schwarzalm (die Gehzeit – hinauf 3/4 Stunde, abwärts gar nur 1/2 scheint mir allzu optimistisch…), bis unterhalb die Bernlehnerhütte auftaucht und oberhalb der Normalweg über eine weite Bergwiese anschließt.
Nun geht es an die Überschreitung des Kesselberges (Richtung Wiesenalm), der seinen Namen von einer nordwestseitig eingesenkten Karstwildnis hat, die ebenfalls “Kessel” genannt wird und durch die der Verbindungssteig von der Wiesenalm zur Schwarzalm führt. Der erste Gratverlauf mit seinem Latschendickicht ist schon umgangen, und ein Wiesenstreifen führt rechts leicht hinan zum östlichen Bergrand. Dort setzt sich die unmarkierte, aber leicht gangbare Route fort und bietet die hübschesten Ausblick in alle Richtungen zwischen Gesäuse und Ötscherland, ebenso zwischen Hochschwab und Wald- bzw. Mühlviertel. Sogar der Almrausch blüht hier noch, und die vom Vormittagstisch vollgefressenen Rinder suhlen sich wiederkäuend auf den Wiesenflecken.
Der Abstieg zur schon weithin unten voraus sichtbaren Wiesenalm ist durch “Viehgangln” ziemlich zertreten, wir hätten uns vielleicht etwas weiter rechts am Bergrand halten sollen, wo ein kleines Hütterl sich an eine Baumgruppe lehnt – vermeintlich eine Kapelle? Aber, wie Wolfgang richtig erspäht, Kapellen haben keine Rauchfänge, also eine kleine Jagdhütte. Die Wiesenalmhütte ist zwar schön hergerichtet, ein alter Steinbau mit erneuertem Dachgeschoß und Sitzbänken davor, der alte Stall daneben zwar mit neuem Blechdach, aber sonst schon ziemlich durchsichtig. Vielleicht sollte das Dach für eine Regenwasserzisterne dienen, aber eher unwahrscheinlich, denn der Kessel der Wiesenalm führt überraschend “viel” (wäre übertrieben) Wasser.
Beim Weiterweg, wo von Nordwesten her die Forststraße über die Kirchauer Lucken nahe herankommt, bemerken wir die eigenartigen Hydrologie-Verhältnisse: Da sind in den sanften Wiesenboden, nach dem die Alm ja benannt ist, einige mit Wasserlacken gefüllte Senken eingelagert. Eine davon fließt sogar über und mündet in einen Dolinenschacht, Teil der unterirdischen Entwässerung der ringsum überhöhten Mulde. Hier taucht der Dürrenstein ganz großartig über dem Almrand mit seinen Wetterbäumen auf (mein neues Headerbild), und oben am weiterführenden Sattel folgt die nächste Überraschung – der Jägersitz steht in einem aus Hausteinen gefügten Turmfundament. Vielleicht gar eine Erinnerung an die bereits im Mittelalter erfolgte Erschließung dieser hohen Almen – um 1300 – da waren die Klimaverhältnisse günstiger als heute (vor der kleinen Eiszeit um 1500, parallel zur Entdeckung Amerikas und den dort hergebrachten Goldschätzen, während die Goldbergbaue in den Hohen Tauern teilweise vom Gletschereis verdeckt wurden).
Dann geht es sogar bergab in den “Kesselbergkessel”, der schmale Steig quert durch wild zerklüftetes Karstgelände, stellenweise an steilen Abstürzen entlang, und alles im urig wuchernden oberen Bergwaldbereich. Wo einige dürre Bäume gefällt sind, muss man sogar auf den Wegverlauf achten, um nicht unversehens ohne Markierung dazustehen. Aber kein Vergleich mit dem “Ringkogelkessel”, denn dort ist die Orientierung ungleich heikler und wirklich nur ganz erfahrenen Wanderern vorbehalten (sind wir ja, auch wenn die Erfahrungen das Laufwerk halt schon ein bisschen strapaziert haben – Nachwirkungen allerdings viel weniger als nach der Dürrensteintour).
Im Spätfrühling oder Frühsommer muss dieser Kessel-Steig eine wahre Blumenpracht bieten, denn überall ganze Buschen von den Blattrosetten der Jagabluat-Clusius-Primeln und von der Großen Kugelblume, eine üppige Mischung von Hochstaudenflora und feuchte Standorte liebenden Subalpinen, auch jetzt noch eine bunte Gesellschaft. Zuletzt geht es bei zunehmender Erwärmung noch steil hinauf, aber über die Wiesenalm-Ringkogel-Kreuzung am wenig ausgeprägten Bergrücken hinweg ist dann bald die Schwarzalm erreicht. Wie es uns dort gegangen ist, wurde schon anfangs berichtet.
Bei der Talfahrt tauchen dann die Felsgestalten der Gesäuseriesen auf, natürlich noch eindrucksvoller als der nahe Gamsstein und die Stumpfmauer, die nahe aufragenden nächsten Ziele. Die Wälder hinab ins Lassingtal werden talwärts immer pilzverdächtiger, und die Busfahrerin hatte am Vortag sogar eine Riesenmenge “geerntet”… Unser wunderbarer und mehr genussreicher als anspruchsvoller Bergtag klingt beim Gasthaus Rehberg am Lunzer Maiszinken aus – fantastisch gespeist mit Ausblick ins Seetal gegen den “Rosengarten” am Dürrenstein (das tragische Waldsterben am Scheiblingstein wollen wir übersehen), und im Dreiklang von uns alten Lehrerseminaristen der Schule Otto Kral erklingt sogar noch das “Ringlein”, vielleicht zum “Ganselhautgefühl” schön, aber sicher pure Nostalgie!!! Ja, jetzt im August und September werden wir uns wohl zum 210-Jahre-Jubiläum zusammensetzen…