BURSER-STEINBRECH / selten und gar nicht so leicht zu erreichen!
1. Mai 2021 von Bernhard Baumgartner
Eine frühe Blumenexkursion sozusagen zwischen den Zehen des Ötscherriesen am 29. April 2021.
Burser-Steinbrech / Saxifraga burseriana: Voralpen von NÖ, felsige Stellen in der subalpinen Stufe, selten, nur auf Kalk, Vorkommen u. a. Schneeberg (Saugraben), Göller (Turmmauer), Hochkar (befindet sich aber genau genommen am Dürrenstein – Notten, und nicht im JANCHEN genannt – Draxlerloch, dort selbst gesehen, eher untypisch im Felsschutt neben dem Steig zum Scheineck im ersten Wegabschnitt).
Bei näher bekanntem Standort gar nicht so schwierig zu finden, aber eher schwierig zu erreichen! Blütezeit bereits ab März, wenn die Zugänge noch oft verschneit sind. Meine Exkursionsziel in den Vorderen Ötschergräben.
Das Gölsental prangt schon in voller Kirschblüte, in Annaberg liegen noch die (hoffentlich) letzten Schneehaufen herum – angesichts des noch tief verschneiten Ötschers und der Gemeindealpe. Ich bin schon neugierig, wie sich die Tour gestaltet, denn zuerst muss ich den Lassingfall-Steig hinunter zum Stierwaschboden… Aber der bis über die Tausendergrenze hinauf eher schneearme Winter könnte meinem Unternehmen entgegenkommen, denn wenn der Steig von Altschneeresten oder Lawinenkegeln blockiert ist, möchte ich nichts riskieren. Beim Beginn des Lassingfall-Steiges (neben der Wienerbrucker Staumauer) empfängt mich jedenfalls gleich ein riesiger Altschneehaufen, dann aber geht es voll bequem weiter. Der ab 1. Mai erst offiziell geöffnete Naturparkweg gleich einer Promenade, sogar frisch ausgekehrt und vom alten Laub befreit (den Putztrupp mit dem Annaberger Heribert Pfeffer treffe ich kurz danach).
Beim Kraftwerk Wienerbruck (am Stierwaschboden) angekommen, folge ich links dem Steig in die Ötschergräben – noch ist der Fundort (weil auch schon länger her) nicht aufgespürt. Aber gegenüber der Einmündung der Zinkenschlucht muss es soweit sein! An der nächsten Wegbiegung wölbt sich ein Felsriegel vor, und hier sind auch schon die ersten kleinen graugrünen Blattrosetten zu sehen – bereits mit ziemlich fortgeschrittenen Blütenständen. Zur Sicherheit gehe ich noch weiter bis zur nächsten Ecke, wo sich eine Messstelle befindet, und auf diesem Vorsprung befinden sich weitere Exemplare, noch dazu eher in Augenhöhe und etwas durch herabhängende Schneeheide beschattet – hier endlich ein paar Exemplare in Vollblüte!
Diese Schluchtstelle bietet noch dazu eines der schönsten Fotomotive, die in den Ötschergräben gar nicht so üppig zu finden sind, wie man glauben möchte. Jedenfalls bin ich an diesem Tag gerade noch zeitgerecht für die letzten schönen Blüten des Burser-Steinbrech gekommen! Daneben blühen auch noch Aurikel und von den Frühlingsblumen vor allem die Neunblättrige Zahnwurz, sonst ist alles noch ziemlich kahl, Enzian leider noch nicht gesehen, als ohne meinen angepeilten seltenen Steinbrech wird es erst in zwei bis drei Wochen in den Ötschergräben voll blumig werden. Ein Gegenstück zum frühen Burser-Steinbrech ist, auch von den Standortbedingungen und der Blütezeit her, der Kies-Steinbrech / Saxifraga mutata. Erst im Hochsommer orangerot blühend und mit breitblättrigere Rosette, findet man ihn im unteren Wegstück des schattigen Lassingfall-Steiges, auf eher erdigem und steindurchsetzten Boden. Der Burser-Steinbrech klammert sich hingegen in winzige Ritzen der prallen Dolomitfelsen und ist weder im Schutt noch im Rasen angesiedelt.
Zurück beim Kraftwerk, beginnt der Aufstieg neben der Lassingbachschlucht. Der Wasserfall ist nur weiter oben an einigen wenigen Stellen gut sichtbar, wenn man von Wienerbruck kommt, muss man vom Aussichtsplatz (der Stelle der einstigen Pavillons) noch ein Stück bis vor den obersten Felstunnel absteigen, um einen guten Fotoplatz zu erwischen. Die beste Ansicht des urtümlichen Lassingfalls findet man ohnehin nur mehr in Bildern, z. B. den Wandgemälden im Pfarrhof Josefsberg (um 1830 entstanden). Einmal konnte ich den “vollen” Lassingfall noch fotografieren, nämlich bei der Staumauerrenovierung um 1970 (jedenfalls noch vor 1976, da waren die Arbeiten abgeschlossen). In jedem meiner (unserer Ötscherführer – mit Werner Tippelt) ist diese Ansicht zu finden.
Oberhalb der Fallbrücke ist der Schluchtgrund fast wasserlos, gerade der Kienbachfall ist noch halbwegs ansehlich, dann gibt es fast nur bemoosten Blockwerk und einzelne Wasserstellen. Aus einem am Rand gelegenen und nur bei Hochwasser durchflossenen Tümpel drangen laute Geräusche herauf zum “Promenadensteig” – wie in den Bildern per Tele geschossen zu sehen. Sogar auf der Asphaltstraße vor der Ötscherbasis hatte sich ein Weibchen, mit dem Herrn Partner auf dem Rücken, niedergelassen und musste an den Stauseerand gerettet werden. Die letzten Schneerosen deuteten auf den Schluss dieser wohl letzten Wintertour der heurigen Saison hin, und in Türnitz empfingen mich schon wieder Tulpenrabatten und Löwenzahnwiesen.