Ein ganz lieber BICHL / PICHL zwischen Pielachtal und Texing
10. Dezember 2020 von Bernhard Baumgartner
Seit dem letzten Bericht in diesem Blog ist gerade mehr als ein Monat vergangen – allerdings nicht untätig! Zuhause mit Bildersammlung meiner Touren in ganz Niederösterreich. In der Natur draußen mehrmals pro Woche – dazu in meinem facebook “Wandertipp bernhard baumgartner” (Kurzbericht und Bilder von Anni und mir).
Diesmal, d. h. am Feiertag 8. Dezember, ging es auf einen Gipfel, der zu den Zierden in meinem Voralpenbuch gehört: Bei der großen Runde um das Texingtal gehört er neben der Burg Plankenstein und der Grüntalkogelhütte (derzeit leider alles geschlossen) der Bichlberg mit 859 m zum Höhepunkt dieser ausgiebigen und schönen Tour. Auch in diesem Blog zu finden unter: Suche > Grüntalkogelhütte.
In der nebelverhangenen Herbstzeit schon einmal probiert – am Nationalfeiertag. Aber da war bei der Zufahrt durchs Pielachtal eine so dichte Nebeldecke, dass wir von Kirchberg gleich nach Frankenfels weitergefahren sind und dort auf dem Frankenfelsberg die schönsten Stimmungen erleben konnten. Diesmal waren die Verhältnisse besser, zwar schon ungleich spätherbstlicher (oder richtig winterlich ohne Schneelage, die kam erst zwei Tage später), aber dafür mit überraschend klarer Fernsicht bei Föhnlage mit heftigem Südostwind. Wir starteten wegen der schon fortgeschrittenen Tageszeit nicht unten im Tal, sondern höher oben an der Sonnseite des Pielachtals mit Auffahrt von Schwerbach über die Wetterschlag-Höfe (als “Wiederschlag” örtlich beschildert) zur Kreuzung vor dem Unteren und Oberen Brandgrabenhof. Von dort aus kann man den Bichlberg umrunden (über das Schwabeggkreuz) oder einfach auf kurzem Weg besteigen.
Beim Aufstieg machten wir jedenfalls eine “geologische Entdeckung”, wie es im Pielachtal durch die vielfachen tektonischen Verwicklungen und die unterschiedlichen Gesteinsverhältnisse leicht möglich ist. Juraschichten haben wir schon oft kennengelernt, z. B. auch bei unserem Naturerlebnisweg am St. Veiter Staff, oder bei den Fahrten im vorderen Hallbachtal (Rote Mauer bei der Wasserlueg) und durch den Wiesenbach ins Schindeltal. Mir kam dieser dunkle, einer Pfeilspitze ähnliche (wie es im Internet heißt) “Wurm” irgendwie bekannt vor, obwohl in der Natur kaum jemals gesehen (oder schon vergessen) – ein “Donnerkeil” wie es im Volksmund heißt, überliefert aus der Zeit der alten Germanen als Wurfpfeil Donars. Dieses Fossil der Jura- und Kreidezeit ist rund 100 Millionen Jahre alt und stammt von einem ausgestorbenen, aber bereits in der Urzeit der Erde vorhandenen Meeresbewohner, einem sog. Kopffüßler. Wie es beim Googlen nachzulesen ist – als Gegengewicht zum Kopf mit seinen Fangarmen enthielt der Körper einen schweren festen Bestandteil (Rostrum genannt), der in versteinerter Form von diesem Lebewesen erhalten und in Jura- und Kreideschichten zu finden ist. Die wissenschaftliche Bezeichnung dafür - Belemniten. Ein weiteres Bild zeigt einen rötlichen Cronoidenkalk mit zahlreichen Stielgliedern und Querschnitten von Seelilien (Crinoiden). Soweit meine laienhaften Anmerkungen dazu! Der Felsturm mit seinem Dachüberhang eines Bergsturzes befindet sich übrigens im Schindeltal, das wir erst vor einigen Tagen durchwandert haben (St. Veit an der Gölsen, Inner-Wiesenbach; die Bezeichnung Schindeltal soll übrigens nach freundlicher Mitteilung eines interessierten Karten- und Wanderinteressierten jüngst aus der amtlichen Österr. Karte gelöscht worden sein – völlig unverständlich für mich).
Nach Querung des Pielachtal-Rundwanderweges gingen wir der Karte und dem Gefühl nach weiter, am Waldrand ansteigend, wo etliche Lesesteinhaufen am Wiesensaum vielleicht auch interessante Funde enthalten könnten, zur weitflächigen Wiesenfläche des Bichlbergs, von der er wahrscheinlich auch seinen Namen hat (vom Pielachtal her, nach Texing weist er über dem Höllgraben seine steile Nordseite). Hinter uns “wuchs” der schon etwas angeschneite Große Ötscher zunehmend in die Höhe, flankiert vom Kleinen Ötscher und dem Dürrenstein im Hintergrund. Von hier aus hat man (wie vom Frankenfelsberg) einen direkten Einblick in die Nordwand, während der Rauhe Kamm nicht so hervortritt wie etwa von Annaberg her. Vom oberen Wiesenrand mit seinem Saum von hochragenden verwitterten Rotbuchen blickt schon das relativ neue Schutzhütterl (ein offener Unterstand mit Bank, 2017 oder so ähnlich von lokalen Bergfreunden errichtet). Dieses nützte uns allerdings nichts, denn erstens schon besetzt und in Coronazeiten daher nicht möglich, und zweitens dem Föhnwind voll ausgesetzt, da eher auf Nordweststurm ausgerichtet. Den “Gipfelkompass” kannten wir schon, das Geländer war beim Foto leider etwas im Weg, aber sonst durchaus instruktiv und zeitlos widerstandsfähig.
Auf der “Waldseite” öffnet sich der Blick in den Talkessel von Texing mit den begrenzenden Flyschbergen, dahinter das Alpenvorland und das Waldviertel, alles ohne Nebel und klar sichtbar, sogar die Wallfahrtskirche von Maria Taferl konnte man mit freiem Aug erkennen. Im Gebirgspanorama fehlt nur der Schneeberg, hinter der Gemeindealpe hätte man den Hochschwab sehen müssen, war aber durch den Südstau in Wolken. Dafür lockerte es gegen Westen auf, und dort ragte ein scharfer Zahn empor, der nur die (aus dieser Sicht “zackige” Stumpfmauer der Voralm bei Hollenstein sein konnte. Daneben links gerade noch sichtbar der Tanzboden, also die “Wilden Westalpen” Niederösterreichs, rechts auch felsige und teils verschneite Gipfel, die ich nur der Karte nach annehmen konnte – Haller Mauern oder Sengsengebirge?
Die beiden Bilder mit der neuen LUMIX von Anni gemacht, da kommt meine Nikon Coolpix nicht mehr mit… Nach Osten gibt das Panorama einen Querschnitt durch die Traisentaler Voralpen her, zwischen dem Geisbühel bei Tradigist (unverkennbar der Steinbruch von der Geiseben) und dem Sengenebenberg lugt sogar der Wienerwald durch, ziemlich sicher mit dem Schöpfl. Unten im Pielachtal liegt Kirchberg ausgebreitet, der namengebende Kirchturm ragt wirklich darüber, und beim Vorbeifahren bemerkten wir am eindrucksvollen Skywalk sogar zwei (nachtsüber sicher beleuchtete) Christbäume.
Beim Abstieg über den Nordkamm mussen wir uns – fast wie die riesigen Rotbuchen – fest “verwurzeln”, so heftig blies der Föhnsturm am Waldrand entlang. Weiter unten trafen wir (nach dem über den Gipfel führenden Römerweg) auf den Pielachtal-Rundwanderweg, der uns in weitem Bogen zurück zum Ausgangspunkt führte. Im Frühling beim Laubaustrieb und noch bevor die Bergweisen beweidet werden, muss es dort oben besonders schön sein – wir werden im nächsten Jahr sehen!