Istrisches Tagebuch III. – KAP KAMENJAK
29. Mai 2018 von Bernhard Baumgartner
Der kroatische Nationalpark Kamenjak an der Südspitze Istriens – erlebt als Kontrastprogramm von Naturreservat und Tourismus!
Schon bei der Planung der Istrienreise war eines unserer wichtigsten Naturziele das Kap Kamenjak südlich von Pula und nahe dem bekannten Ferienort Medulin, von unserem Urlaubsstandort Rabac relativ leicht zu erreichen, aber vor allem wegen des angeblichen Orchideenreichtums interessant! Beim genaueren Nachforschen fiel mir aber im Internet bereits auf – beworben werden vor allem die tollsten Bademöglichkeiten und sonstige Tourismusangebote… Also waren wir umso gespannter, als wir uns am 2. Mai an die Fahrt zum Kap Kamenjak machten. Die Route ist jedenfalls von Labin aus einfach, auf gut ausgebauten Hauptstraßen, die über die südliche Hochebene Istriens noch dazu vielfach schnurgerade und durch wenige Ortsgebiete verlaufen. Also von Labin hinab ins Rasatal und hinauf nach Barban, einem historischen Ort, dann weite Fluren bis nahe an Pula heran. Erst hier heißt es aufpassen, damit wir die richtigen Abzweigungen erwischen, denn das bekanntere Medulin liegt ja auf einer östlich benachbarten Landspitze, und wir müssen nach Premantura, wo der Nationalpark beginnt. Das Wetter ist jedenfalls sehr schön, zwar warm, aber auch luftig durch den vom Meer hereinstreichenden Wind. Bereits am Ortsanfang von Premantura muss man sich rechts halten, um den “normalen” Eingang zu erwischen (Barzahlung, Gebühr mit Auto 80 Kuna, etwa 11,50 Euro, eine einfache Karte gibt es auch dazu, wie schon im Internet gesehen, leider nicht sehr informativ zur Orientierung).
Gleich danach wird es ernst – oder besser wüstenhaft! Denn eine breite Schotterfahrbahn zieht sich über die Anhöhen dahin, Beschilderungen sind nicht gerade hilfreich, denn was sollen wir mit einer Strandbar oder einem Surfplatz? Endlich ein Parkplatz an einer Bucht, aber auch hier alles verstaubt von der nicht befestigten Zufahrtsstraße, wo jedes Auto irrsinnige Staubwolken aufwirbelt. Beiderseits ist ein Stück Grün nur mehr mit einem graugelben Überzug erkennbar! Die ebenfalls auf diese Straße verwiesene Radfahrer tun uns schon leid, noch dazu wenn sich Familien mit Kindern über die Hügel dahinquälen… Radwege abseits dieser Trasse könnte es zwar geben, sind uns aber nicht besonders aufgefallen. Was sollen wir nun, in der Staublandschaft dahinmarschieren? Also Weiterfahrt bis endlich bei einem Parkplatz endgültig Fahrverbot für Kraftfahrzeuge besteht…
Zu unserer Überraschung stehen schon neben den geparkten Autos eine Menge Orchideen, vor allem die Serapis (Zungenständel) wachsen überaus dicht! Das gibt uns schon Auftrieb für die anschließende Fußwanderung zur Spitze der Landzunge, dem Kap Kamenjak. Hier herrscht wirklich noch Urnatur, wie im Istrien-Reiseführer angedeutet: Südlichster Punkt von Istrien, eine wegen der Winde und des Salzgehalts kahle und steinige Halbinsel, die 1996 zur geschützten Landschaft erklärt wurde. Eine ausführliche Naturbeschreibung haben wir leider nicht gefunden, aber wir können ja nun selbst aktiv werden…
Serapis, Schmetterlings-Knabenkraut, Salep-Knabenkraut, Spinnen-Ragwurz, Bertolinis-Ragwurz – abgesehen von diesen Orchideenarten haben wir botanisch nichts Außerordentliches entdecken können, aber für einen punktuellen Besuch kann man sich ja nicht allzuviel erwarten. Sonst ist die mediterrane Flora eher “normal”, allerdings nicht durch Kultivierung beeinträchtigt. Nur während des 2. Weltkriegs sollen am Kap Beobachtungsstellen eingerichtet gewesen sein, einmal soll es sogar gebrannt haben, unserer Erfahrung leidet dieser Nationalpark vor allem durch die wirklich unzumutbare Staubentwicklung entlang der Zufahrtsstraße bis zu den letzten Parkplätzen. Ich vermute, eine Asphaltstraße könnte womöglich dem Status als Nationalpark abträglich sein. Trotzdem haben wir die Schotterstraße selbstverständlich selbst staubend benützt, denn sonst wären wir sicher nicht von Premantura bis zum Kap gekommen. Dass die Mehrheit der Besucher wohl zum Baden, Schnorcheln und Surfen in die wirklich wunderbar beiderseits der Halbinsel aneinander gereihten Buchten gelangen will, versteht sich ja von selbst.
Leider kann ich das Panorama nicht größer einfügen (ebenso die Bilder, anders einstellen gelingt mir nicht, aber dafür sind die Bilder im Facebook voll und hoffentlich schön genug)! Wir wenden uns als an den östlichen Strand der Halbinsel und gehen dort über Felsböden und verkarstete Hügel bis zur Südspitze, von wo eine Weg wieder zurück zu unserem Parkploatz weist. Die Bilder können mehr erzählen als eine Tourenbeschreibung, in der Erinnerung schaut alles noch viel stimmungsvoller aus!
Beim Rückweg über die Karsthügel mit ihrem von Wiesenlichtungen durchsetztem dichten Machiabewuchs begegnen uns die schon genannten Orchideen in dichter Zahl, die schönsten Exemplare der Spinnen-Ragwurz gibt es aber erst ein Stück nach dem Parkplatz, beim Vorbeifahren gerade noch aufgeschnappt.
Zum Rasten retten wir uns seitwärts von der “Staubstraße” zu einer malerischen Bucht mit Pinienwald, zufällig ausgesucht und für gut befunden, Auswahl an solchen Plätzchen gibt es ja genug. So sind wir sogar schön ausgerastet für die Rückfahrt nach Labin und Rabac. Ob wir zufrieden waren mit diesem Schaustück der kroatischen Nationalparks? Mit unserer gar nicht so unergiebigen Wanderung sicher. Mit der ganzen Aufmachung des Tourismuszieles Kamenjak schon viel weniger, im Ort Premantura wirbt man zwar intensiv mit dem Nationalpark, die Freizeitvergnügungen (wie es sie überall an den Küsten gibt) stehen aber eindeutig im Vordergrund. Von der Kamenjak-Staubhölle haben wir aber endgültig die Nase (und das Auto) voll, also ein zweitesmal würden wir nicht mehr hierherkommen, was als Qualitätseinstufung wohl genügt… Und immerhin, so viele Serapis in so schönster Vollblüte hätten wir uns nicht einmal im Traum wünschen können, ebenso die anderen hier gesehenen Orchideenarten!