KESCHTNRIGGL in Völlan
17. November 2017 von Bernhard Baumgartner
Traditionelles Kastanienfest in Völlan / Lana / Südtirol am Sonntag, 15. Oktober 2017
Schon am ersten Tag unseres heurigen Südtirolurlaubes in Lana bei Familie Irmgard und Sepp Pircher / Hofmannshof ergaben sich zwei außerordentliche Möglichkeiten – wir verzichteten aber auf (das schon einmal erlebte) Meraner Traubenfest und fuhren mit dem Shuttlebus von Lana in das hoch am Berg gelegene Dorf Völlan.
Das ausgeklügelte Zubringersystem mit viertelstündlich verkehrenden Bussen verhindert zwar einen Stau auf der Bergstraße, aber vom Parkplatz bei der Mayenburg hinauf ins Dorf und sogar am “Keschtnweg” wimmelt es nur so von Besuchern. Wir kommen gerade zur Eröffnung zurecht, mit Aufmarsch der Musikkapelle, alle in Tracht und voll in Schwung!
Wir begeben uns aber aus dem Getümmel hinauf zur auf einem Felskopf ragenden Pfarrkirche.
AB Kirche Völlan
Da es noch nicht Mittagszeit ist, gehen wir gleich weiter zu dem in den letzten Jahren angelegten KESCHTNWEG, einem Info- und Erlebnispfad in den Kastanienhainen – auf Südtirolerisch KESCHTNHOANDLN oberhalb des Dorfes, zwischen Waldrand und Obstgärten, quer durch die Edelkastanienbestände in einer Art von alpinen Streuobstwiesen.
Die oft uralten Kastanienbäume – hier in besonders markantem Drehwuchs – werden durch Zuschneiden immer wieder erneuert und verjüngen sich mit dem Neuaustrieb.
Die Infotafeln ergeben einen intensiven Eindruck über diese einst als Volksnahrung geltende, heute eher als bäuerliche Delikatesse betrachtete Frucht, die zu allen kaum denkbaren Produkten verarbeitet wird. Anni hat selber nach dem Urlaub zuhause ein Kastanienbrot gebacken. Eine üppige Köstlichkeit sind die Kastanienherzen – ein Schokoherz, gefüllt mit Kastanienpürrè und garniert mit Schlagobers…
Neben dem Weg befindet sich ein kleiner Waldteich, gespeist aus den am Fuß des steilen Berghangs entspringenden Quellen. Danach folgen wir einem Seitenweg zur malerisch neben dem Lehenhof gelegenen Magdalenenkapelle.
Dann geht es zurück zum kleinen Waldteich und ein besonders idyllisches Wegstück entlang.
Eine ganz großartige Idee war, die Kunst in der Landschaft zu thematisieren. Gerade wo sich aus dem Kastanienhain ein Blick zum Iffinger bei Meran 2000 öffnet, steht ein Bild des in Lana`er Künstlers Ernst Müller. Wir konnten eine Ausstellung seiner Ölgemälde bei einem Lanaurlaub 2011 im Schloss Katzenzungen bei Tisens / Prissian sehen. Seine Werke fangen die Landschafte (nicht nur Südtirols) ein eindrucksvoller Weise ein, für uns eine herrliche Erinnerung an diese Begegnung – bei den Pirchers war der “Ernst” selbstverständlich gut bekannt, wir lernten ihn zu bewundern…
Danach wendet sich der Weg in sanftem Bogen, nachdem wir einige stufige Hohlwege und Zaunraine passiert haben, wieder in Richtung Völlan, nun eher in freiem Gelände mit weitem Ausblick und malerischen Motiven.
AB Rückweg durch die Kastanienhaine, mundartlich “Keschtnhoandl”.
An einem Bildstock mit martialischer (typisch urkatholischer) Inschrift (so halten Obrigkeiten die “Leute” nieder) und einem kleinen Feuchtbiotop mit Rastplatz vorbei kommen wir schließlich zum Gehöft am Start des Kastanienweges.
“Das ist da Aug´so alles siecht. So gar auch was in Wincklen gschicht”.
Inzwischen ist in Völlan die mittägige Ausschank schon voll im Gang, gerade dass wir noch ein Platzerl bei einem der zahllosen Tische erwischen. Es gibt von der gar nicht so kleinen Speiskarte allerhand Köstliches, daneben spielen die Alphornbläser, während sich die Musikkapelle schön langsam zum Privatplauscherl aufmacht. Die in eisernen Pfannen über offenem Feuer gebratenen Kastanien sind zwar vielfach schwarz angekohlt, aber gerade diese schmecken am besten (lösen sich leicht von der Schale), und zum Fingerputzen wird (neben Plastikbesteck und einem Butterwürferl!) auch ein Reinigungstücherl gereicht…
Dazu gibt es noch den “Suser” (einen roten Sturm) und an einem eigenen Stand die kastaniellen Süßspeisen. Das Fest wird sicher noch lang dauern, aber wir machen uns (mit einigen Einkäufen) auf den Weg zum Bus, der uns hurtig nach Lana zurückbringt.
Dorffest mit traditionellem Umzug in Tisens am 22. Oktober
Am nächsten Sonntag gab es – am einzigen (leichten) Regentag der zwei Urlaubswochen – das nächste Fest in Tisens, leicht erreichbar über die Gampenstraße und dann mit zeitweise aufgespanntem Regenschirm zu Fuß in diese schöne Ortschaft. Zwar war der Umzug schon vorbei, aber es gab noch allerhand typisches Dörfliches zu sehen.
Hier sind noch zwei Bilder vom “Keschtnbroatn” (wenn ich den Mundartausdruck so richtig gefunden habe). Zuerst werden die Früchte mit einigem in der Luft wenden gebraten, dann kommen sie in den “Keschtnriggl” (einen eigens dafür geeigneten Korb) und werden “gerigglt” (geschüttelt), dass die Schalen abgelöst werden.
Somit sind die offiziellen Feste vorbei, und wir können uns wieder der Natur und den Ausflugszielen rund um Lana und Meran zuwenden!