“Orchideenzauber”
7. März 2017 von Bernhard Baumgartner
Mir ist erst durch die facebook-Gruppen EUROPÄISCHE WILDWACHSENDE ORCHIDEEN und FREUNDE WILDWACHSENDER EUROPÄISCHER ORCHIDEEN bewusst geworden, dass die Blütezeit der Orchideen schon längst eingesetzt hat. Selbstverständlich nicht bei uns in Mitteleuropa und schon gar nicht in den Alpenländern, sondern im gesamten Mittelmeergebiet! Alle Ziele wären eigentlich leicht erreichbar, von Zypern bis zu den Balearen, in Süditalien mit Sardinien und Sizilien sowieso.
Unsere eigenen Erfahrungen mit diesen südlichsten Gefilden Europas beschränken sich auf Malta, denn selbst im schon relativ nördlich gelegenen Istrien waren wir erst spät im April und Mai. Aber dieses Bild von der Drohnen-Ragwurz/Ophrys bombyliflora hat Anni schon am 25. März 2015 auf den Dingli Cliffs, mit rund 250 m Seehöhe der höchste Gipfel Maltas, fotografieren können. Für uns schien dieser Termin schon recht früh, aber weit gefehlt – dort gibt es nicht nur die berühmte Mandelblüte bereits im Februar, und ebenso haben die Orchideenfreunde zu dieser Zeit schon die schönsten Blüten aufgenommen. Ich musste erst bei diesen Gruppen mit der Kommentarfunktion nachfragen, wann diese Bilder entstanden sind, denn nicht alle Beiträge geben neben den Namen zwar die Kameradetails an, aber am wichtigsten sind – exakter Name, Aufnahmedatum, Ort.
Bis hierher der Entwurf von vor drei Tagen, heute am 7. März aktualisiert: Es hat wieder heruntergeschneit bis etwa 900 m, und der Sengenebnerberg in unserem Blickfeld von St. Veit an der Gölsen aus ist schon wieder weiß. Daher beschäftige ich mich nach der Wiesenwienerwald-Exkursion zu den Frühlingsknotenblumen wieder mit den mediterranen Orchideen:
Diese Spinnen-Ragwurz (wie im vorletzten Bild) ist eine Besonderheit Maltas, auf den Maltesischen Inseln als Endemit auftretend: Ophrys melitensis / O. sphegoides ssp. melitensis. Das Mal auf der Lippe kann hufeisenförmig sein (wie “normal” bei dieser Art), aber auch nur aus zwei “Stricherln” bestehen. Interessant vor allem, weil es sich um eine für Malta typische Unterart handelt.
Diese schon anfangs gezeigte Ophrys bombyliflora / Drohnen-Ragwurz (wegen des speziellen Mimikries = Insektentäuschung auch Hummelschweber- oder Bremsen-Ragwurz genannt) habe ich am 30. März 2015 am Malta-Heritage-Trail in Pembroke aufgenommen. Sie ist im Mittelmeergebiet (im Gegensatz zur vorigen Unterart) weit verbreitet, wobei es aber wahrscheinlich bis sicher auch von dieser Art spezielle und womöglich bei jedem Standort wenig anders aussehende Unterarten geben wird.
Als wir diese Pyramiden-Ständel gesehen haben, hat uns sehr gefreut, dass wir in der Fremde eine uns aus der Heimat vertraute Orchidee entdecken konnten. Ganz genau stimmt das nicht, denn die von Anni am 8. April 2015 auf der Marfa Ridge aufgenommenen Blüten gehören zu einer ebenfalls auf Malta endemischen Unterart: Anacamptis pyramidalis ssp urvilleana / Maltesische Pyramidenorchis, die auf verschiedenen Standorten leichte Variationen zeigt.
Völlig neu für uns, auch in Istrien noch nicht gesehen, war der Zungen-Ständel / Serapis, den wir am 5. April 2015 in ein paar Exemplaren am Malta-Heritage-Trail in Pembroke entdecken konnten. Dieses steinige, vielfältig aber lückenhaft bewachsene Areal erstreckt sich an der Nordküste unterhalb der ehemaligen britischen Kasernen weitläufig hinab bis zum felsigen Strand. Einst diente es als Übungsgelände für die Truppen, heutzutage werden aber dort auch Schießübungen abgehalten, worauf mit Fahnen und Warnschildern hingewiesen wird (gejagt wird dort wohl nicht). Eine Naturlehrpfad zieht vom Sport- und Erholungsgelände am Ostrand nahe den großen Hotels gegen Westen, mit Infotafeln versehen und als betonierter Spazierweg, gegen das Meer zu befindet sich eine große Wasserentsalzungsanlage mit riesigen Rohrleitungen. Außerdem sieht man ruinöse Unterstände und Baureste aus der Militärzeit. Aber diese Anlagen bedeuten keine Beeinträchtigung der Gegend, denn abseits davon gibt es typische Naturflächen, wenn auch ebenfalls typisch stellenweise etwas ruderal. Diese setzen sich weiter westwärts fort bis zu einem in der Ferne sichtbaren Wachturm.
Am 5. April danach zeigte sich der Zungen-Ständel schon weit mehr entwickelt, ob das allerdings die Vollblüte ist, weiß ich nicht. Laut der informativen Quelle www.maltawildplants.com gibt es auf Malta den Echten oder Pflugschar-Zungen-Ständel / Serapis longipetala od. vomeracea und die folgende Art (aus anderen Berichten der Orchideenfreunde wahrscheinlicher ?): Serapis parviflora oder Serapis lingua ssp. parviflora / Kleinblütiger Zungen-Ständel.
Jedenfalls hat uns dieser Fund besonders gefreut, und jetzt muss ich den Beitrag wegen des schon großen Umfangs abschließen, Fortsetzung folgt jedoch!