Regenpause auf dem Hochstaff
31. Mai 2013 von Bernhard Baumgartner
Wer für dieses (lange) Wochenende einen (kurzen) Urlaub vorhat(te), ist wirklich arm dran, denn derzeit muss man schon froh sein, nicht in ein Hochwasser zu geraten…
Zwar steht in meinem Wetterkalender anscheinend ständig: Stark bewölkt, Regen, kühl bis kalt. Aber schon am Dienstag lockerte es etwas auf (virtuelle Wanderung mit den bisherigen Jahresbildern von Karl und Lisbeth Oswald, danke – schmeckt nach mehr!). Am Mittwoch 29. Mai, gerade vor dem in den Prognosen und durch den abstürzenden Luftdruck angekündigten neuerlichen Kälteeinbruch, strahlte der Himmel morgens wolkenlos!!!
Wo steht schnell ein Berg mit Blumen, Aussicht und anregenden Wegen? Von uns aus in Kleinzell – der Hochstaff beim Ebenwald, auch botanisch sehr bemerkenswert und in den traditionellen Beschreibungen als “Staff bei Lilienfeld” zu finden… Von dort wäre es allerdings mehr als eine Tageswanderung, mit Auffahrt zum Ebenwald (mit dem noch fast ganzen Tag fast leeren Parkplatz, nicht verwunderlich bei der kurzfristig angesetzten Wetterüberraschung) ergibt das eine “Jausentour”. Dabei ist der Hochstaff mit seinen steilen Flanken und dem felsigen Gipfelkamm eher ein alpiner Höhepunkt der Voralpen!
Zum Glück hat der “absperrende Grundbesitzer” nicht den ganzen Hochstaff unter seiner Gewalt! Denn noch vor dem Eintritt in sein Reich geht es links über die Almwiese eines bodenständigen bäuerlichen Besitzers hinauf zum Einstieg in den steilen, vielfach rutschigen “nördlichen Kammsteig”. Als bei den Auseinandersetzungen anlässlich des “Wanderatlas Bezirk Lilienfeld” (leider nicht mehr neu aufgelegt, wer einen irgendwo erwischt – Gemeinden usw. – sollte schnell zuschlagen) sogar eine behördliche Begehung angesetzt war, hieß es: Auf den Hochstaff gibt es keinen Weg! Dabei gingen meine Eltern schon in den 1930er Jahren immer wieder dort hinauf, und abgesehen von der Zeit der Verminung nach 1945, als hier die Front verlief, war der Hochstaff immer ein beliebtes und traditionelles Ziel (vor allem zur “Gamsveigerlblüte” um Mitte Mai). Jetzt ist der Steig so gut ausgetreten wie noch nie…
Bei Querung der neuen Forststraße durch die übersteilen Westflanken des Hochstaffs fallen die grotesken Grundbesitzabsperrungen auf – Sackgasse, Weiterweg unmöglich und verboten! Na, das sind ganz neue und irgendwann hoffentlich unzulässige Sitten auf unseren Bergen. Wozu hat es denn das Forstgesetz von 1970 (?) gegeben?! Der Steig ist allerdings frei und nicht behindert, und uns interessiert sowieso mehr der sich nun bald öffnende Ausblick, zuerst zum Schneeberg, dann über den Ebenwald gegen den Alpenrand am Traisen- und Gölsental.
Die Aurikelblüte ist leider schon vorbei, und zwischen Löwenzahn mischen sich kleine Kreuzblumen und Hahnenfuß (R. montanus, eine ssp. carinthiaca laut Janchen; später blüht noch der kleine weiße Alpenhahnenfuß). Die Mondviolen (Lunaria rediviva) sind gerade am Aufblühen, ebenso der weiße Platanenblättrige Hahnenfuß, und von den im Bergfrühling so vielfältigen weißen Kreuzblütlern gibt es hier als Besonderheit die Felsen-Schaumkresse! Begeisternd ist am Hochstaff vor allem auch (meistens – der Ötscher ist heute nur etwas diesig zu erkennen) der Rundblick.
Ursache für die markante Gestalt des Hochstaffs ist der Dachsteinkalk (leider habe ich Megalodonten vergeblich gesucht, die zwar alte, aber verlässliche geologische Karte von E. Spengler aus den 1930er Jahren gibt solchen an). Wie ein Fremdkörper ragt er über den vielfältigen anderen Gesteinsschichten der Reisalpendecke (Werfener Schichten, Mitteltriaskalke, Lunzer Sandstein, Hauptdolomit, Juraschichten), besonders auffällig sind auch die Konglomerate der Gosau auf dem Ebenwald. Es lohnt sich hier wirklich, auch mit der geologischen Karte die Wanderwege nachzugehen!
Uns drängt etwas die Zeit, auch ziehen immer mehr Wolken über den föhnig gestimmten Himmel, aber das Wetter hält, vor allem als starker Südostwind aufkommt. Der Abstieg erfolgt auf ebenso deutlichem Steig den Südkamm entlang. Dieser besteht aus drei etwas felsig gespickten Steilstufen und dazwischen eingelagerten Verflachungen. Auf der oberen blühen noch die frühen Orchideen (Manns-Knabenkraut und Holunderknabenkraut). Die untere ist als Almwiese ausgebildet, und dorthin gibt es eine Wegverbindungen von den Forststraßen an der Ostseite (von der Weißenbachalm her), Weidebetrieb gibt es aber erst unten auf der “Kleinen” oder Kleinzeller Hinteralm.
Vom restlichen Abstieg sollen nur die folgenden Bilder berichten. Wir waren nach 2 1/2 Stunden “lustvollen Bergwanderns” wieder auf dem Ebenwald-Parkplatz, und bei der Talfahrt schien die Sonne als könne es keine Regenwolken an den nächsten Tagen geben – ja, so trügerisch ist der Föhn! Aber gut, dass er sich immer wieder durchsetzt, sonst gäbe es auch weiterhin nur Novembergrau, wobei der November so wenig für´s Schlechtwetter Schuld ist wie die sprichwörtliche Sau…