Bei den Holzknechten “im Ötscher”
14. November 2012 von Bernhard Baumgartner
Ein Besuch bei den Holzknechten während der Rodung des Ötscherurwaldes – ein Zeitsprung von 250 Jahren! Festgehalten in Bildern, die auch schon 180 Jahre alt sind – das bieten die Seccomalereien in der großen Stube des Pfarrhofes in Josefsberg. Vom Lilienfelder Zisterzienserpater und Pfarrer Chrysostomus Sandweger in den Wintermonaten gemalt, also in der stillen Zeit ohne den sonst üblichen Zustrom der Wallfahrer nach Mariazell. Ich bringe hier mit den entsprechender Bildern einen Einblick in die Arbeit der Holzknechte, die als bald ansässig gewordenen “Gastarbeiter” aus dem Dachsteingebiet (Gosau) Mitte des 18. Jahrhunderts hierher geholt worden waren.
Die Bäume wurden damals teilweise noch mit der Axt gefällt, aber auch schon mit den neu aufkommenden Zugsägen, vergleichbar mit Einführung der Motorsägen ab etwa 1950, also 200 Jahre später.
Gosauer Holzknechte in typischer Tracht und Ausrüstung – den langen Flötzerhaken zur Hand, auf der “Spitzkraxn” das Kochgeschirr und die Nahrungsmittel (Mehl für den Brennsterz, Schmalz, Speck und Brot), der Voranmarschierende trägt ein “Lagl” (= Wasserbehälter).
“Holzriesen” – über kunstvoll erbaute Holzrinnen, die im Winter zum besseren Gleiten sogar vereist wurden, schickte man die Scheiter zu Tal, möglichst zu einem Lagerplatz nahe dem Wasser.
Zum Fortbewegen im Tiefschnee benützte man schon damals “Schneeteller” (Schi oder besser Ski kamen erst vor 1900 aus Skandinavien ins Alpengebiet, wo Mathias Zdarsky in Lilienfeld aus den nordischen Lauf- und Gleitskiern den auch im Steilgelände verwendbaren “Alpenski” entwickelte). Tipp: Besuch des Zdarsky-Heimatmuseums in Lilienfeld
Zur Holzbringung wurden auch Ziehschlitten verwendet, wegen der stark aufgebogenen Kufen auch “Hörndlschlitten” genannt – eine mühsame und gefährliche Arbeit!
Am Holzplatz ankommende Schlitten – als Bremse haben sie ein “Holzbirl” angehängt. Dort werden sie entladen und die Scheiter für die Holzschwemme, den Transport auf dem Wasserweg, vorbereitet.
Muße für die Holzknechte gab es wohl nur zu den Feiertagen (den katholischen selbstverständlich) – dabei waren die meisten Gosauer Geheimprotestanten und hatten sich lieber nicht allzu weit (für heutige Begriffe) von ihrer Heimat verpflichten wollen, als etwa in den Banat oder nach Siebenbürgen auszuwandern. So war es unter Maria Theresia üblich, zumindest bis zum Toleranzpatent ihres Sohnes Kaiser Joseph II. 1782 (trotz mancher Missgriffe sicher die bedeutendste Herrscherpersönlichkeit der Habsburger, abgesehen von Erzherzog Johann, aber der war ja nur der “Steirische Prinz”…).
Der kleine Vogelfänger – alte Tradition und bis heute im Salzkammergut ein (scharf umstrittener) Brauch. Aus dem Bild ist deutlich erkennbar, wie das funktionierte. Gefangen wurden Gimpel und Zeiserl und Stieglitze, die dann in “Vogelbauern” eingesperrt in der Stube dahinvegetierten.
Das Scheiterholz wird “aufgezaint” (zu Meterstößen aufgeschlichtet), damit es der Pater Waldmeister vermessen kann. Bezahlt wird erst im Nachhinein, wobei sich die Holzknechte in Partien, sogenannte “Passen”, aufteilten. Die letzte Holzabmaßkommission in den Ötscherforsten war 1911 (ich habe ein Bild aus dem Spielbichler´schen Gästebuch, das ich noch beifügen werde).
Bei der Schneeschmelze, wenn die Bäche besonders viel Wasser führen, werden die “Klausen” aufgestaut, und mit dem Wasserschwall, wenn die “gespannte” Klause “geschlagen” wird, schwimmt das Holz talaus. Immer wieder hängen bleibende Stücke müssen mit den “Flötzerhaken” wieder in Bewegung gebracht werden. Die Wanderwege in den Ötschergräben und Tormäuern sind aus “Flötzersteigen” entlang der Gewässer entstanden.
Beim Holzrechen (hier in Neubruck bei Scheibbs) wurden die Scheiter “ausgespießt” und aufgeschlichtet. Entweder verkohlte man sie gleich vor Ort in Kohlenmeilern, denn die Eisenwerke waren bis um 1830 auf Holzkohle als Brennmaterial angewiesen. Oder das Holz wurde weiter zur Donau und auf dieser nach Wien befördert, wo man es zum Heizen dringend brauchte.
Damit ist diese Geschichte (vorläufig) zu Ende! Ob man derzeit den Pfarrhof Josefsberg, d. h. den musealen Raum mit den Wandbildern, besichtigen kann, muss man vorher telefonisch abklären. Ich kann möchte nicht einen Besucherzustrom veranlassen, da ich nicht einschätzen kann, wieweit die Hausfrau das bewältigen kann. Jedenfalls unbedingt telefonisch nachfragen – Frau Dubbert, Tel. 02728/321 oder 0680/5548336, auch die Handynummer hat Frau Dubbert mitgegeben, also dürfte sich nichts gegen allfällige Anrufe haben.
Tipp: Besuch der “Gamsburg” mit Ausstellung der Werke von Sepp Gamsjäger in Annaberg (Info im Internet, Anmeldung erforderlich).
Jetzt naht ja schon die “stillste Zeit im Jahr” – aber gerade in der Vorweihnachtszeit ist überall allerhand los – von 7. bis 9. Dezember “Advent in Annaberg”.
Tipp: Mit einem Besuch des viel beworbenen “Mariazeller Advents” lässt sich leicht ein Besuch von Annaberg und Josefsberg verbinden.
Wahrscheinlich wird es im hohen Ötscherland bald so ausschauen, denn ewig kann das herrliche Herbstwetter auch dort oben nicht weitergehen… Das Gebäude rechts besteht übrigens nicht mehr, es war die einstige Volksschule Josefsberg, später Schullandheim, nach Auflassung in Verfall und jüngst abgerissen. Die Kirche und der Ötscher sind und bleiben wohl unverändert!
1 Reaktion zu “Bei den Holzknechten “im Ötscher””
Achtung – Hinweis zu Besichtigungsmöglichkeit Pfarrhof Josefsberg wurde von mir gegenüber dem Erstbeitrag geändert !!!