Einfach ein Wunschberg – der Gstoder
4. Juli 2012 von Bernhard Baumgartner
Sobald der obere Flusslauf der Mur den Lungau verlässt, bildet sich eine ganz eigenartig weitläufige Talform heraus. Zwischen den zu den Gurktaler Alpen gehörenden Metnitzer Bergen im Süden (am bekanntesten Frauenalpe und Kreischberg) und dem Rand der Niederen Tauern im Norden verlaufen eigentlich zwei Talzüge: Das Haupttal der Mur mit der Bezirksstadt Murau und dazu parallel verlaufend, durch einen langgestreckten Bergkamm vom eigentlichen Murtal getrennt, am Südfuß der Niederen Tauern die als Bergbauernlandschaft berühmte Krakau (ostwärts von Kammersberg und Wölzertal fortgesetzt). Der beherrschende Gipfel im “Mittelkamm” ist der Gstoder, eine 2140 m hohe, deutlich über die Baumgrenze aufragende Berggestalt.
Eigentlich ist der Gstoder kein besonders anziehender Berg, massig und über weit ausladenden Wäldern bis zum höchsten Punkt hinauf mit Almwiesen bedeckt, die kaum von Felsformationen aufgeputzt werden. Aber da er keine Konkurrenz in der Nähe hat, sieht man den Gstoder sowohl aus allen Richtungen, als auch dem entsprechend sein Panorama über die umliegenden Täler und Gebirge ganz hervorragend ist.
Noch dazu muss man die lockende Region der hohen freien Almkämme und den trotz aller Schlichtheit ausgeprägten höchsten Punkt nicht vom Tal aus erklimmen. Das wären immerhin mehr als 1300 Höhenmeter, sondern es kann auf einer Almstraße mit geringer Maut bis fast schon zur Baumgrenze auf 1800 m hochgefahren werden. Ein ideales Ziel also für eine nicht zu lange Tour bei heißem und noch dazu am Nachmittag wahrscheinlich gewitterträchtigem Wetter!
Nach dem zeitigen, daher genüsslich ausgedehnten Frühstücksbuffet verschaffte uns die kurze Anfahrt einen Startvorteil. Kurz allerdings nur auf der Hauptstraße Richtung Tamsweg bis zum nahen St. Ruprecht mit der “Riesensäge” als Hinweis auf das Holzmuseum. Dann ging es scharf die wiesigen Steilhänge hinan, an denen die Bergbauernhöfe fast zu kleben scheinen. Immerhin auf schmalem Asphalt, aber bald nach dem Mautschranken (automatisch mit 4 Euro in Münzen zu öffnen) folgte eine Sandstraße mit vielen Kurven und Kehren, auch gut befahrbar im nicht so extrem steilen Waldgelände. Über den südöstlichen Seitenkamm hinweg erreicht dann diese Sandstraße den Parkplatz bei der Kaiser- bzw. Jogaushütte auf 1755 m.
Die oberhalb ansteigende Alm ist wie der nächste Kammknoten nach dem Weiler Dörfl an der Auffahrtsstrecke benannt. Hier kann man einen “steileren” Weg gleich gegenüber den Hütten wählen (übrigens wurde in einem Teich unterhalb gerade ein prächtiger Fisch gefangen, als wir anlangten) oder einfach den folgenden Fahrweg entlang weitergehen. Wir wählten die letztere Möglichkeit, gemütlich zwischen den vorwiegenden Lärchenbeständen dahin und aus einem Ebenfeld benannten Sattel rechts nach Fahrspuren (!) hinauf zum Kamm. Dieser besteht eigentlich nur aus breitflächigen Kuppen, und insgesamt waren wir zunächst von der eher einförmigen Berglandschaft eher enttäuscht.
Aber sobald sich der Ausblick nach Westen in den Lungau und zu den Tauern öffnete, der südliche Horizont war im Dunst des schon heißen Vormittags immerhin auch frei gewesen, wurde es bald interessanter. Im Tal waren die Leonhardkirche bei Tamsweg und Mariapfarr auszunehmen, in der Ferne leuchteten die Gletscher der Hochalmspitze, noch dazu mit Almrauschglut im Vordergrund – wie überhaupt dieser Wandertag von der Alpenrosenblüte seinen besonderen Zauber erhielt.
Nach der Dörfler Höhe auf etwa der halben Aufstiegsstrecke ging es sogar etwas bergab, an letzten Wetterfichten vorbei und an einem Gedenkkreuz, immer öfter über samtige bunte Böden aus Moosen und Flechten. Dann steilte nur mehr der Gipfelhang vor uns auf, und der Steig erwies sich als direkt, aber dafür schnell an Höhe gewinnend. Um halb zehn Uhr vom Parkplatz ab, langten wir, trotz einiger Fotopausen, schon bald nach elf Uhr beim riesigen, mit einem geschnitzten, fast romanisch wirkenden Kruzifix versehenen Gipfelkreuz an. Neben der abgeflachten Kuppe ragen ein paar Felsblöcke mit einem behelfsmäßigen Gipfelzeichen auf, von wo sich das beste Bild ergibt.
Die Rast dauerte nicht lange, denn für die Mittagsjause war es noch zu früh, und außerdem umschwirrten uns Schwärme von kleinen Fliegen, die sich sogar vor das Kameraobjektiv drängten, wenn man nicht dauern “wachelte”. So stiegen wir zügig wieder den Steilhang ab, aber nicht ohne ein auffallendes Steingebilde abseits des Steiges zu erkunden.
Es handelte sich um einen großen Quarzblock, der sich in der prallen Hitze wie ein Gebilde aus Eis anfühlte! Ganz eigenartig und herausfordernd, den Temperaturunterschied zu den “gewöhnlichen” Steinblöcken zu ergründen. Hervorsickernde Nässe und Verdunstungskühle kann es nicht gewesen sein, eher schon die reflektierende Wirkung des weißen glatten Quarzsteines, von dem die Sonnenstrahlen förmlich abprallten. Ob das physikalisch möglich ist, kann ich nicht beurteilen, jedenfalls war bei einigen weiter hinab gekollerten Quarzmugeln derselbe Effekt vorhanden. Leider fand sich nicht mineralogisch Bemerkenswertes daran, keine Spur von einer Kristallbildung. Dafür lagen entlang dem Steig immer wieder schöne und vor allem nicht zu große Glimmerschieferstücke mit gut ausgebildeten Granaten (als Mitbringsel für die Enkelkinder, natürlich habe ich auch für meinen Steingarten einen beachtenswerten Brocken mitgeschleppt).
Die kleinwüchsige Botanik bot auch einige Schönheiten, an einer Stelle die hübschen Alpen-Glockenblumen, eine Ehrenpreisart (Rosetten-Ehrenpreis / Veronica bellidioides) und das eher für Spezialisten interessante Reseda-Schaumkraut, einen eher winzigen Kreuzblütler. Die Gemsheideblüte, auf die wir voll gerechnet hatten, war schon vorbei, Enzian gab es natürlich auch noch (Gentiana acaulis, der Gesteinsunterlage entsprechend, während in den Nockbergen auch immer wieder kalkalpine Arten vorkommen) und eine letzte Alpen-Anemone.
Bei unserer Abstiegsroute über den Ostrücken hätten wir uns gar nicht vergehen können – alles rot, weniger die Markierung als die herrlich blühenden Polster der Alpenrosen, eine “Foto-Orgie” herausfordernd!
Bei den ersten Lärchen ließen wir uns dann im Schatten nieder und ließen uns den absichtlich karg bemessenen Proviant schmecken, um den Kalorienüberschuss des abendlichen Buffets auszugleichen. Unser Appetit war ja auch vor den berückenden Bildern von Blumen und Berglandschaft eher in den Hintergrund getreten!
Der hübsche Steig führte dann zwischen verwitterten Lärchen und eher wenigen Fichten (Zirben sahen wir hier im Gegensatz zu den Nockbergen nicht) ganz malerisch den Rücken entlang bergab. Mit einer scharfen Rechtswendung war zuletzt über die “Steile Route” der Parkplatz bei den Dörfler Hütten erreicht, und zum Glück mit ganz geringem Gegenverkehr während der schmalen Talfahrt langten wir gut wieder unten in St. Ruprecht an. Früher Nachmittag mit Hitze über 30 Grad, aber oben am Berg war es luftig gewesen, und die sich allmählich verdichtende Bewölkung entwickelte sich überraschender Weise zu keinem Gewitter. Also waren die Aussichten für den nächsten vollen Tag auch noch günstig…
5 Reaktionen zu “Einfach ein Wunschberg – der Gstoder”
Aha, interessant! Der ist mir ganz entgangen, wie wir in Mauterndorf waren. Das ist ja ein Idealberg für meinen Mann! Kommt gleich auf die Liste für den nächsten Urlaub dort. Heuer wollen wir woanders hin, weiß noch nicht recht, wahrsch. Bad Aussee.
Salzkammergut ist sicher gut – Unwetter sind anscheinend auf das Murtal konzentriert, und auch am Fuß vom Dachstein wird es kühler sein als anderswo, notfalls hinauf auf die Tauplitz oder am Loser!
Wir sind derzeit eher schachmatt, sollten ins Waldviertel (Verwandtenbesuche in Heinrichs, Heidelbeeren…) und in die Ybbstaler (für Bergtouren jetzt zu unsicher), also bleiben wir zuhause im eher Kühlen…
LG BB
Für den Blog ist jetzt alles aufgearbeitet, was wir zuletzt erlebt haben, und mein Freund Werner wartet schon auf die Ötscher-Ybbstaler-Entwürfe, viele neue Bilder machen sollte ich auch, hoffentlich nicht erst im Herbst!
Urlaub ist eh nicht vor September, da werden die Unwetter hoffentlich schon vorbei sein. Das ist ja schlimm, heuer!
schon wieder ich (erika). sie kennen ja meine ganzen Lieblingstouren. der Gstoder war mein erster Jagdausflug nach bestandener Jagdprüfung im Jahr 2006. War auf der Jagdhütte vom Michelbauern und ich durfte das Gebiet von jägerischer und wanderischer Seite kennen und liebe lernen. Im August bin ich in der Krakauebene auf Jodelkurs.
Liebe Grüsse Erika
danke für den bericht, da haben wir uns quasi knapp verfehlt, wenn gleich der gstoder nicht auf meiner wunschliste steht. aber urlaubsbedingt ( alle jahre wieder naturpark grebenzen) waren wir natürlich u.a. im nahbereich – möchte sowieso einen kinderbericht schreiben damit meinblog nicht ganz verwaist . almrauschblüte haben wir übrigens ganz in der nähe auch erlebt … wie gesagt bericht sollte folgen