Badacsony – Basaltmassiv und berühmte Weinstraße
6. Mai 2012 von Bernhard Baumgartner
Nach dem abends verregneten Anreisetag putzte es sich über Nacht schon wieder aus, und es versprach ein schöner Tag zu werden! Also auf zum Badacsony, dem wohl bekanntesten Basaltgipfel, der halbkreisförmig in der Westhälfte des Plattensees aus dem Nordufer vorspringt. Oben ein verwirrend gegliedertes Waldplateau mit Steilrändern aus Basalttürmen, unten ringsherum nichts als Weingärten, wo vor allem der “Graumönch” (Szürkebarat) als halbsüßer Weißwein gekeltert wird.
Zufahrt von Tapolka direkt Richtung Balaton, wobei wir zwischen Kisapati und Nemesgulacs (dort ragt der “Gulacs” genannte Gipfel auf) unser “Sprachstückerl” beim Mineralwasser-Tanken liefern. In das Ortsgebiet von Badacsonytomaj abzweigend (aus Basaltstein 1932 erbaute neoromanische Kirche) befahren wir den Romai ut (Römerstraße) und suchen ein paarmal vergeblich, in steile Sackgassen hinauf, den richtigen Ausgangspunkt für den Gipfelweg zu finden. Endlich weist eine gelbe, vom See heraufkommende Markierung die richtige Route in die Kisfaludy-Straße. Diese ist benannt nach dem im 19. Jh. lebenden Dichter Sandor Kisfaludy und auch mit Erinnerungen an dessen aus einer herrschaftlichen Familie stammenden Muse Roza Szegedy. Am Endpunkt bei einem Parkplatz angekommen, wären hier einige Möglichkeiten für Besichtigungen und Einkehr – in der Saison muss es hier äußerst lebhaft zugehen – wir machen uns aber gleich an den Aufstieg.
Ein Basaltstiege mit Begleitmauer leitet zu den ersten Tafeln des Naturpfades rund um den Badacsony hinauf (trotz Ankündigung in einem neuen Nationalpark-Führer sind alle Tafeln nur in Ungarisch und Englisch). Dort wird auch unsere Wanderrunde enden, und wir könnten auch gleich direkt den Steilanstieg beginnen. Der berühmte Roszakö (Rosenstein) ist uns nicht aufgefallen – setzt sich ein Liebespaar mit dem Rücken zum Balaton auf diesen Stein, so wird es dem Volksglauben nach noch im selben Jahr heiraten – ob wir wohl vor 44 Jahren wohl auch auf einem solchen Stein gesessen sind???
Wir wählen jedoch den rot markierten Weg, der in nordöstlicher Richtung um den Berg herum führt und stets im frisch grünen Laubwald verläuft. Auffallend sind die glänzenden grünen Blätter der Breitblatt-Weißwurz. Eine etwas tiefer verlaufende, ebenfalls rot markierte Route, lassen wir unberücksichtigt und kommen so in das terrassenförmig gegliederte Gelände der einstigen Basaltsteinbrüche. Diese wurden aus Naturschutzgründen 1965 aufgelassen und mit mehr als achthunderttausend Bäumen und Sträuchern bepflanzt, eine ausgeprägte natürliche pannonische Flora ist daher hier nicht zu erwarten. Bei einer folgenden mehrfachen Wegkreuzung soll sogar im 13. Jh. schon ein Paulinerkloster bestanden haben, wie auch die Orte rings um den Badacsony schon in dieser Zeit, wohl auf römischen Vorgängern entstanden sind.
Nun wechseln wir aus dem horizontalen Wegverlauf mit blauer Markierung entschieden in die Vertikale und steigen durch das Kökapu (Steintor) auf einem mit Steinmauern begleiteten und von Basaltfelsen und Schutthalden gesäumten Steig hinauf ins Höhengelände. Dieses wird von einer Vielzahl markierter Wege durchzogen, die Richtungspfeile weisen alle zungenbrecherische Geländenamen auf, helfen aber immerhin weiter. Wir wenden uns scharf links hinauf zur 2011 (natürlich mit EU-Hilfe) neu errichteten Aussichtswarte Kisfaludi kilato – leider versperrt und daher von dem mit 438 m höchsten, von dichtem Wald bedeckten Gipfelpunkt keine Aussicht…
Eine rote Dreiecksmarkierung leitet am Bergrücken bergab (sie wäre der direkte Aufstieg vom Roszakö gewesen) und wir halten uns wieder bergauf weiterhin an die blaue Markierung. Endlich kommt ein Aussichtspunkt am Plateaurand – Kökunyho – heißt “Steinhütte”, eine aus Basaltblöcken imitierte Ruine. Von deren Terrasse ergibt sich wirklich ein fantastischer Blick über den See, und am Mauerfuss huschen, wie auch später immer wieder, Smaragdeidechsen herum. Morgenkühle hat sie hat sie noch etwas steif sein lassen, jetzt werden sie immer lebendiger, so wie wir auch unsere Fleecjacken ablegen…
Der nächste Aussichtspunkt folgt kurz darauf – das Ranolderkreuz. Eine Überlieferung ist daran geknüpft – angeblich sollen die Steine dafür von 50 Büffeln auf den Berg hinaufgezogen worden sein… auch wenn das schon 1857 war – gemessen an den Maßen des Kreuzes, groß aber nicht gewaltig, sehr verdächtig auf ein “magyarisches Gschichtl”…
Gewaltig ist aber die Aussicht vom “Steinbalkon” darunter, den man über eine Stiege erreicht, und wo man dann auf den Schichtflächen der (im Idealzustand) achtseitigen Basaltsäulen steht. Steinkrautblüte, die Weingärten wie ein schmucker Gürtel rund um den Bergfuß, weithin schimmernd der Balaton – dem Namen “Plattensee” voll entsprechend. Auf dem Bergrücken dreht der Weg dann wieder nordwärts und erreicht in einem Einschnitt den ungewöhnlichen Abstieg über eine endlose Reihe von 464 Basaltstufen. Bujdosok lepcsöje heißt fast unaussprechlich diese sogenannte Emigranten- oder Flüchtlingstreppe – benannt zur Erinnerung an die ungarischen Freiheitskämpfer, die im Kurutzenaufstand den Habsburgern unterlegen waren und emigrieren mussten.
Nach tollem Aufblick zu den Basalttürmen am unteren Rand des Steilabfalles angelangt, gehen wir nun wieder Richtung See und Ausgangspunkt, auf einer Waldpromenade, die Kuruc körut (Kurutzen-Ring) heißt. Nun auf roter Markierung (diese umkreist den gesamten Badacsony) mit Infotafeln des Naturpfades und einer interessanten pannonischen Blütenpflanze, der Gelbdolde.
Bald gehen wir am Rand von Weingärten entlang, beginnend beim Touristenhaus und heutiger Nationalparkstation Rodosto (das ist der griechische Name jener Stadt am Marmarameer, in die der Kurutzenführer Fürst Rakoczi verbannt wurde). Einfache Kelterhütten und pompöse Landhäuser reihen sich hier an den gepflegten Weinrieden. Jenseits der Verlandungszone in der Bucht von Sziliget ergebt sich der dortige Burgberg mit dem hübschen Bergmassiv des Ovar, den wir vor drei Jahren erwandert haben.
Nach ca. 3 1/2 Stunden sind wir dann wieder am (noch immer wegen der Vorsaison einsamen) Ausgangspunkt angelangt und fahren der Römerstraße bzw. der Badacsony-Weinstraße nach über Badacsonyterdemic zurück nach Tapolca. Im Hotel vertauschen wir die angenehme Nachmittagswärme mit dem wohligen Thermalwasser und freuen uns schon auf die Genüsse des abendlichen Buffets… und auf die nächste Wanderung zum “Georgsberg”.