Historisches Wandergelände – über die Blutige Alm
20. August 2009 von Bernhard Baumgartner
Während unseres (leider) nur einwöchigen Wanderurlaubes im Lungau hatten wir schon die Wölzer und Radstädter Tauern “bewandert”, und die Traumtour zum Karwassersee im hintersten Murtal, schon zum Nationalpark Hohe Tauern gehörend, war auch bestens gelungen. Was noch fehlte – die Nockberge!
Die Salzburger “Nocke”
Die eigentlichen Nockberge mit dem Nationalpark auf Kärntner Seite hatten wir schon mehrfach kennengelernt – von St. Oswald bei Bad Kleinkirchheim, von der Nockalmstraße aus oder von Schönfeld durch das Rosanintal und über den Gratweg auf den Königstuhl. Dieser letztere, wie das ganze Berggebiet außerst reizvolle äußerste Winkel des Lungaus gehört zu Salzburg, und die sanften Gipfel zwischen Katschberg und Bundschuh liegen ebenfalls auf Salzburger Gebiet. Diesmal wollten wir diesen nördlichen “Hauptkamm” der Nockberge von Innerkrems angehen. Der heißen Wetterprognose entsprechend mit Aufstiegshilfe und einer Panoramawanderung auf den breiten Rücken zwischen Zechnerhöhe und den Anderleseen. Zufahrt zeitig über den Katschberg nach Innerkrems – neugierig sind wir schon, welcher Lift an diesem Donnerstag fährt – es ist die Doppelsesselbahn zur Blutigen Alm (Grünleitennock mit möglicher Höhenwanderung zum Königstuhl am Dienstag).
Die sagenumwobene Blutige Alm
Kremsbrücke (wo man vom Liesertal abzweigt) ist wie der östlich nach Innerkrems ziehende Graben ein altes Bergbaugebiet und hat mit “Krems” einen in vorkeltische Zeit zurückreichenden Namen (!), urkundlich genannt im 12. Jh. Bevor noch der Katschberg im Mittelalter als Alpenübergang im Anschluss an den Radstädter Tauern in Benützung kam, zogen bereits die Römer über diese Berghöhen. Allerdings führte die Römerstraße bzw. ein entsprechender Saumweg vom heutigen St. Margareten (nahe einer wichtigen Römersiedlung bei Schloß Moosham) durch den Leisnitzgraben nach Süden, wie die dort aufgestellten römischen Meilensteine erinnern. Im Lauf der Völkerwanderungszeit drangen die Slawen von Südosten her in die Alpen ein und kamen etwa im 6. Jh. in Konflikt mit den von Nordwesten kommenden Bajuwaren. Damals soll es auf der Blutigen Alm zu einer Schlacht zwischen diesen Völkerschaften gekommen sein. Im Kärntner Wanderbuch von Wilfried Gallin und der unvergesslichen Liselotte Buchenauer (Tyrolia) heißt es dazu: “…über den flachen Hängen der Blutigen Alm, wo der Sage nach um die Mitte des 8. Jh.s eine große Schlacht zwischen Bajuwaren und Slawen stattgefunden haben soll. Doch ist diese Schlacht historisch nicht erwiesen, und es soll, nach anderen Ansichten, ein anderes Schlachtfeld auf Sagenbasis dorthin verlegt worden sein.” Ich fand dazu weder im Internet noch in der mir momentan zur Verfügung stehenden Literatur eine genauere Angabe.
Höhenwanderung zum Anderlesee
Zwischen den sanften, aber von einzelnen malerischen “Blockburgen” aufgelockerten Kammhöhen sind fast unzählige Lacken und sogar etwas stattlichere Bergseen eingelagert. Wir stiegen schon kurz nach 9 Uhr bei der Bergstation vom Sessellift und wandten uns gleich gegen Nordwesten, die uns vom Winter schon bekannte Zechnerhöhe abseits lassend, in Richtung Gaipahöhe. Dorthin sind wir schon bei der Tour mit der Schneehasen-Begleitung von Bundschuh durch die “Weißseiten” aufgestiegen. Wie bei der genannten Wanderung hat uns auch diesmal das “Nockwetter” überrascht – ein scharfer und ganz schön kühler Wind brauste über die ebenmäßigen Kämme, wohl schon ein Vorbote der angekündigten Gewitterfront. Bei “Badehosentemperaturen” im Tal schlüpft man dort oben, auf etwas über 2000 m, in den Anorak und bereut es bald, beim Aufstieg über den windgeschützten Südhang die Berghose verkürzt zu haben…
Mich begeistern auf den Nockbergen immer die Ausblicke, die einen Nord-Süd-Querschnitt über die Alpen aufschließen – vom Dachstein in den Nördlichen bis zum Triglav in den Südlichen Kalkalpen, ringsum die zentralen Berggruppen mit den Niederen Tauern und im Westen die “Tauernkönigin”, die von Gletschern umgürtete Hochalmspitze. Über etliche Kammerhebungen hinweg marschiert, etwas markanter sind dabei Gaipa- und Kameritzhöhe, liegt dann eine Almmulde vor uns – mit den blauen Augen der Anderleseen. Hier ist die Wende der leichten Wanderung, und auf einem uralten Almweg geht es die Wiesenhänge entlang wieder zurück zur Sessellift-Bergstation. Vor lauter Schauen und Rasten und Fotografieren brauchen wir wohl das Doppelte der Normalgehzeit.
Und was hat geblüht? Dem Hochsommer entsprechend und auch dem kalkfreien Gestein, ist die Flora nicht so vielfältig wie in den Kalkalpen (die Zunderwand in den südlichen Nockbergen bildet mit ihren mittelostalpinen Kalkschichten eine Ausnahme). Reizend ist vor allem das Zwerg-Seifenkraut, das mit dem Kärntner Kreuzkraut (Greiskraut) auch in der Farbe einen auffälligen Kontrast bildet, dazu die wunderschönen Prachtnelken.
Prompt folgt ein Unwetter
Der heurige Sommer war bis dahin von Katastrophenniederschläügen geprägt – kaum begann es wo zu gewittern, artete der Regen gleich in sintflutartige Unwetter, oft von Hagelschlag begleitet, aus. Als wir am mittleren Nachmittag ins Tal pendelten (die Blutige Alm-Bahn fährt wirklich im Schneckentempo, aber besser als in der schwülen Hitze durch die Wälder hinab zu latschen), trübte es sich allmählich ein. Einige dunkle Wolken über den Nocken, aber noch immer weite Fernblicke. Bei der Rückfahrt nach Mariapfarr über Schönfeld und Bundschuh, vom “Bettelmann-Tauern” dann hinab ins Lungauer Becken, knallte noch immer die Sonne vom nur teilweise bedeckten Himmel. Nach 17 Uhr grollten plötzlich die Donner, kaum dass die Blitze über den Mitterberg hinweg gezuckt waren, und es schüttete in Strömen…
Meldung in den Morgennachrichten – heftige Unwetter mit tennisballgroßen Hagelkörnern sind vor allem in der nördlichen Steiermark und in Oberkärnten niedergegangen. Die Straße von Kremsbrücke nach Innerkrems ist ganz einfach weggerissen worden, das Tal von der Außenwelt abgeschnitten, dort wo wir vor wenigen Stunden noch im schönsten Sommerwetter unterwegs gewesen waren!
1 Reaktion zu “Historisches Wandergelände – über die Blutige Alm”
Sind das schöne Bilder!!! Muß ich mir noch in Ruhe genau studieren – wird wohl auch eine Tour für uns sein übernächste Woche!!
Mal schauen, ob die Straße schon wieder hergerichtet ist.