Obertauern – na, das ist ein Wandergebiet…
25. Juni 2012 von Bernhard Baumgartner
Eigentlich erstreckt sich beiderseits vom Radstädter Tauernpass eine wunderschöne, kalkalpin anmutende (und auch geologisch sehr ähnliche) Landschaft mit den besten Voraussetzungen für´s Wandern. Aber ich kenne kein potentes Schigebiet, wo der Winterrourismus so sehr das Landschaftsbild (meine persönliche Meinung) “vergewaltigt” hat wie hier. Da nützen noch so viele Hinweis- und Gebotstafeln auf Landschaftsschutzgebiet und sogar Natura-2000 nichts…
Aber zuerst zur Vorgeschichte, die auch mit dem Tourismus zu tun hat – oder meiner Gutgläubigkeit gegenüber medialen Informationen: Schon zuhause im Wetterpanorama beobachtet (mein tägliches Morgenritual), dass Liftbetrieb auf dem Speiereck am 12. Juni beginnt. Leider nicht nachgefragt, warum auch wohl? Jedenfalls freuten wir uns schon bei dem für 18. Juni angesagten Maximalschönwetter ganz hoch hinaus zu wandern. Abfahrt vom Kreischberg schon rechtzeitig, und nach gar nicht so kurzer Strecke in Mauterndorf angelangt. Wir waren nicht die einzigen, die mit der Seilbahn auf das Großeck hinauf wollten. Aber – nur ein bei der Kassa aufgelegter Prospekt gab Auskunft – im Juni nur am Dienstag und Sonntag. Na, super, war jetzt machen? Naheliegend die Weiterfahrt nach Obertauern.
Weil mir die Dichte der dortigen Lifte und Pisten schon vom Winter bekannt war, spitzte ich auf eine Wanderung vom Seekarhaus irgendwo hinauf. Aber nicht so – die Asphaltstraße dorthin für öffentlichen Verkehr gesperrt, keine Parkmöglichkeit bei diesem ****Hotel und den anderen Baulichkeiten. Alles nicht wahr – pausenlos fuhren Privatautos von Einheimischen und vor allem Lastautos zu den Baustellen für den Winterbetrieb 2012/2013. Wir marschierten also unsere Asphalthalbestunde ab und noch ein Stückchen weiter bis zu einer Felsenkapelle, die bestimmt als Wanderziel für den Sommer beworben wird, könnte ich mir gut vorstellen.
Endlich begann ein markierter Steig, der zum Glück bald von den Liftstraßen und Pisten etwas abseits verlief. Und hier setzte auch die wunderschöne Blüte der frühen Alpenflora ein, ohne die dieser Tag, vom allerfeinsten Wanderwetter bis abends, wohl ein arger Versager geworden wäre.
Zunächst blühte der Almrausch, daneben kamen schon die Alpen-Anemonen dran, und überall leuchteten die Blüten des Großen Enzians. Daneben gab es noch allerhand “botanisches Kleinzeug”, Zwergprimeln etwa und Soldanellen an den letzten Schneefeldern. Neben einem solchen stiegen wir dann zur Seekarscharte hinauf, wo ein großes “Schartenkreuz” den Vordergrund zum Blick auf Gamsleiten, Zehnerkar und bis zum Mosermandl bietet. Hauptblickpunkt aber war der gegenüber im Norden aufragende Dachstein mit seiner Felsflucht von der Bischofsmütze bis zum Koppenkarstein.
Dort oben war dann gemütliche Mittagsrast, den Weiterweg zur Oberseehütte und zurück haben wir nicht gemacht, das wäre wohl zu weit geworden. Dafür gab es am Abstieg noch interessante Überraschungen und viel zum Fotografieren, nur mit der Schwierigkeit, dass fast immer auf unerwünschte Liftmasten und dergleichen geachtet werden musste…
Knieschonend nahmen wir die weitläufige Liftstraße in Angriff, schwenkten aber noch oberhalb vom Seekarhaus-Hotel links Richtung Plattenkar ab. Das erwies sich als Glücksfall, denn entlang eines Wiesenweges kamen wir an munteren Bächlein vorbei und an Wiesenböden, wo wegen der langen Schneebedeckung noch Frühling herrschte.
Von Dotterblumen möchte ich ganz schweigen und von den zierlichen Blütenglöckchen der Heidelbeeren, dazu hätten wir nicht über 100 km hierher fahren müssen. Aber Fettkraut und Hahnenfuß, beide mit dem Beinamen Alpen- und daher zumindest Alpinflora, dann noch ein dichter Bestand von Gestutztem Läusekraut und vor allem polsterweise die blühende Gemsheide (wie auf der ganzen Strecke) sind schon erwähnenswert.
Auch Orchideen zeigten sich bereits, aber noch im Knospenzustand und eher triviale Arten, wie Breitblättriges Knabenkraut und Grüne Hohlzunge, Höswurz und Mücken-Händelwurz, ja noch die Kugelorchis, also doch ganz schön.
Wie täglich endete der Wandertag schon am Nachmittag, und über Kaffee und Kuchen ging es zum Badevergnügen über – eine wahre Wohltat für unsere nicht gerade übermäßig trainierten Beine.
Eines weiß ich sicher – im Sommer werden wir den Pass von Obertauern höchstens überfahren, und als Wandergebiet im Bereich der Passhöhe nicht nur nicht empfehlen, sondern eine Wandergenuss-Sperrzone in einem entsprechenden Kreis herum ausrufen!
2 Reaktionen zu “Obertauern – na, das ist ein Wandergebiet…”
Sehr schöne Bilder, man bekommt sofort einen Gusta auf eine herrliche Wanderung in den Bergen.
Etwas überrascht bin ich über Ihr Kommentar zum Wandergebiet des Tauernpasses.
Für uns ist dort eine der schönsten Wandergebiete überhaupt, insofern das Wetter passt.
Aus ganz einfachen Gründen: Weil es dort oben ganz einfach nicht so heiß ist, weil eine herrliche Alpenflora zu bewundern ist und weil der Tourismusstrom ganz im Gegensatz zum Winter äußerst überschaubar bleibt – sprich nichts los ist, und man in Ruhe Tiere beobachten kann, vor allem Murmeltiere in fast jeder Ecke.
Aber wie so oft, Geschmäcker sind verschieden, und so soll es auch sein.
Wünsche Ihnen noch einen wanderreichen Sommer und Danke für die botanische Führung.
Die Blumenbilder sind so wunderschön!
Aber ich muß doch ein kleines bissi die Passregion in Schutz nehmen! Siehe meinen Bericht vom vorigen Jahr: Suchen unter Hirschwandsteig – Südwienerhütte – Johannesfall (23.08.2011)! Kanns jetzt nicht beurteilen, obs für Euch zu viel gewesen wär, aber dort wars ziemlich unberührt und wunderschön.
Daß Ihr zuerst unnötig nach Mauterndorf gefahren seid, ist natürlich ärgerlich – wozu gibts Internet, wenns dort dann falsch drinsteht (hab ich mich auch schon des öfteren gefragt). Wird halt einmal reingestellt und dann nimmer aktualisiert. Ich würde ein Mail hinschreiben und drauf aufmerksam machen.