Istrisches Tagebuch II. – Ucka am 1. Mai
17. Mai 2018 von Bernhard Baumgartner
In der längst vergangenen kommunistischen Epoche gehörte sicher auch in Jugoslawien der 1. Mai zu den wichtigsten Staatsfeiertagen. Heutzutage ist er wohl ein Tag von Familien und Sport – das merkten wir im sonst eher einsamen Gelände, wo der nordseitige Aufstieg zum höchsten Gipfel Istriens beginnt. Für uns wichtig war der Wetterbericht, und indem trocken und eher kühl vorausgesagt war, wollten wir gleich diese wichtige Tour unternehmen. Auf dem Ucka, der während der Zugehörigkeit zu Italien Monte Maggiore hieß, sind wir schon gewesen, 2008 vom Parkplatz der Bergstraße über die dem Meer zugewandte Seite. Eine Asphaltstraße führt dort zu den technischen Anlagen auf dem Gipfel, der Wanderweg verläuft zwar abseits davon und war mit der Runde beim Abstieg über die Vrata eine schöne Tour. Die Nordseite erschien uns aber damals schon als sehr reizvoll.
Für die Anfahrt zum Ucka-Tunnel, wo die alte Passstraße abzweigt, wählten wir nicht die Hauptstraße, sondern die Nebenstraße bei Kozljak, wo auch die Bahnlinie am Fuß des Uckamassivs ansteigt. Erster Halt war dann bei der “Quelle Josefs II.” (ein alter Brunnen, beim Straßenbau durch den habsburgischen Kaiser ausgebaut und immer wieder erneuert). Die Wiesen daneben sind auch ein vorzüglicher Blumenstandort, von blühenden Pfingstrosen oder den gelb blühenden Läusekräutern (Pedicularis foliosa, kommt auch bei Lilienfeld vor) war nur das Blattgrün zu bemerken. Neben einer speziellen Art Osterluzei (Aristolochia lutea) und einem “stengellosen” Läusekraut (Pedicularis acaulis, laut Fritsch Krain und Küstenland, noch nie gesehen) gab es noch ein eben aufblühendes filziges Greiskraut, dazu noch wie fast überall Milchstern, Traubenhyazinthen und Orchis morio (hier am Schattenhang noch in Vollblüte).
Von der Passstraße abzweigend, befuhren wir eine asphaltierte Seitenstraße (wir hatten schon eine gesperrte Forststraße vermutet) bis hin zu den paar Häusern von Mala Ucka – beiderseits ein Treffen kroatischer Familien samt Grillen und Ballspielen! Dort ist der markierte Aufstieg zur Ucka angezeigt, der gleich aus dem halb verfallenen Ort mit seinen von Steinmauern umgürteten Weideflächen hinauf in einen Wald bizarr geformter Rotbuchen führt. Die Häusergruppe wirkt echt ärmlich, Ruinen von Steinhäusern, Schafherde in nicht ganz dichter Umzäunung… Bei der Hinweistafel “Straße des Käses” werde ich mich wohl verlesen haben…
Über dem steilen Waldgürtel schaut der Gipfelgrat herab – dort hinauf müssen wir. Aber das Steigen geht recht zügig voran, wenn auch auf steilem und schottrigen Steig, der verschiedene typische Biotope durchquert. Dem Rotbuchenwald folgen bald überwachsene Schutthalden mit eher mediterranen Gebüschen und Wacholder, daran schließt wieder Laubwald an, sogar mit blühenden Hopfenbuchen. Der Steig quert nun eher durch die Steilhänge nach links auf den Gipfel zu, dazwischen ergeben sich schöne Aus- und Tiefblicke, bis wir in die eher schütter bewachsene Zone nahe der Baumgrenze kommen. Hier herrscht noch Frühling mit Echten Primeln, Kugelblumen u. a. , sogar Bleiche Knabenkräuter gibt es hier noch voll blühend!
Von etwas unter 900 m bei Mala Ucka sind wir inzwischen hochgestiegen bis zum Sedlo, dem Sattel am Gipfelkamm, wo der letzte Steilauf ansetzt. Inzwischen hat sich die Bewölkung verdichtet, und ein scharfer Westwind bläst. Also gibt es noch keinen Aufenthalt bis hinauf zum Vojak, dem höchsten Punkt der Ucka auf 1406 m, erst dort gibt es im Windschatten des alten Steinturmes eine Rastpause.
Hier stauen sich die zahlreichen Wanderer und vor allem Mountainbiker! Als etwas mehr Platz wird, steigen wir auf die Aussichtswarte – wahrlich ein umfassender herrlicher Rundblick, über Istrien landeinwärts und auf die Meeresbucht des Kvarner mit ihren verzweigten Inseln.
Vor zehn Jahren standen wir erstmals hier heroben (ein eigenartiges Gefühl, nun wohl zum letztenmal), bei etwas sichtigerem Wetter, aber auch diesmal ist der Eindruck gewaltig, und beim Abstieg zurück zum Sedlo finden wir sogar die ersten neuer blühenden Narzissen! Auch bei der folgenden Querung gibt es eine Überraschung – auf den steilen Rasen-Schutt-Halden gibt es bereits aufblühende Pfingstrosen! Nach unserer Erfahrung wird es wohl die Paeonie offizinalis sein, eindrucksvoll vor allem durch ihren Naturstandort. Dann geht es wieder im Wald weiter bergab, bis wir wieder in Mala Ucka mit seinen ringsum entspringenden Quellen ankommen.
Die Rückfahrt zur Passstraße bei Veli Ucka erfordert wegen Gegenverkehr noch einige Aufmerksamkeit, dann geht die kurzen Kehren hinab zur Josefsquelle und zum Nordportal des Ucka-Tunnels. Dort gäbe es noch die mit Felstürmen gespickte Schlucht der Vela Draga zu begehen, haben wir aber bereits 2008 erledigt (Berichte von damals im Blog – Mai 2008). Noch ein paar Bilder von Mala Ucka, insgesamt nicht weit gefahren (95 km), gute drei Stunden Gehzeit, und noch ein gemütlicher Abend im Hotel vor uns…