FLATZER WAND – die “kleine Schwester” der Hohen Wand
11. Juni 2020 von Bernhard Baumgartner
Die Hohe Wand ist ja ein allseits bekanntes Ausflugs- und Wanderziel, gehört aber nicht zu den von mir bevorzugten Touren (weil eher überlaufen, zum nicht praktizierten Klettern interessanter usw.). Ganz anders verhält es sich mit der FLATZER WAND, und wenn wir über diese Tour berichten, heißt es meistens: “Wo ist denn das?”
“Die kleine Schwester der Hohen Wand” stimmt eigentlich nicht, denn die Flatzer Wand mit dem Gösing ist die südliche Fortsetzung der Fischauer Berge nahe von Neunkirchen und Ternitz. Sie bildet zusammen mit dem Siedingtal den Naturpark Stixenstein. Entdeckt habe ich die Flatzer Wand durch einen Führer über Klettereien und Höhlenbegehungen, der mir zufällig untergekommen ist (vielleicht beim Hintermayer als Schnäppchen?). Jedenfalls hat mich dieser Berg wie magisch angezogen, und inzwischen war ich schon mehrmals (trotz der für mich nicht gerade kurzen Anfahrt) dort, sicher einmal mit Anni und auch für eine botanische Exkursion mit Karl Oswald. Die Beschreibungen sind dann in zwei Bücher eingegangen:
Die kurzen Klettersteige waren gerade wie für uns angepasst – der etwas zackige Jubiläumssteig mit seinen Edelstahlleitern, der Fürststeig durch ein Felsentor näher an der Neunkirchner Hütte der Naturfreunde, und einmal habe ich mich weit rechts gehalten und bin über einen markierten ungesicherten Steig hinaufgekraxelt. Der Abstieg war wie vorgezeichnet immer über Flatzer Anger – Gösing – Schönbühel zurück nach Flatz. Bei der ersten Bildreihe (von Dias eingescannt) habe ich schon die schönste Erinnerung festgehalten – allerdings ohne die phänomenale Aurikelblüte auf den südwestseitigen Felsvorsprüngen des Gösing, die tollste Entdeckung war beim Schneebergbankerl ein kleiner Standort des ganz seltenen Jacquin-Wundklee, auch Dinarischer Berg-Wundklee (was auf seine Heimat hindeutet / Anthyllis montana subsp. jacquinii). Bei einer Exkursion auf der Perchtoldsdorfer Heide (Naturschutzbund) gezeigt worden, von hier vielleicht gar nicht bekannt!
Eine Spazialität dieses Gebietes (illyrisch getönter südlicher Alpenostrand in NÖ, Schwarzföhrengebiet) sind zwei im April bis Mai blühende weiße Kreuzblütler – das Gösing Täschelkraut und das nach ihren Früchten (im Bild) so benannte Scheibenschötchen.
Tour am 4. Juni 2020
Anfahrt B 18 (und auch nicht länger als der “Triestingtalschlauch”) und A2 bis nach Neunkirchen und mit etwas Glück den Wegweisern nach von der B 17 nach Flatz, diesmal parken wir auf einem ausgeschilderten Parkplatz für den Naturpark ziemlich in der Ortsmitte (Wandstraße, wo der gewöhnlichste und absolut nicht empfehlenswerte Weg zum Neunkirchen Haus hinaufführt, uns hat er im Abstieg schon gereicht…). Diesmal wollte ich nicht gleich über die Felsen hinauf, sondern als erstes Ziel den Gösing anpeilen (Felsrippen mit Blumenstandorten….), was insgesamt eine sehr schöne Wanderung ergab – auch wegen dem vorzüglich luftig-sonnigen Wetter – aber routenmäßig zu einem Flop wurde, eigene Schuld, ich kenn mich dort sowieso aus…
Wir querten also durch den ländlich hübschen kleinen Ort zum Südrand, wo uns die Gösinggasse weiterführte, dann aber links wendend durch die Waldhänge (mit einer kleinen malerischen Wald-hyazinthe) endlich zur gelben Markierung Richtung Ternitz, denn so sollten wir auf den Bergrücken im Auslauf des Gösing kommen. Auf dem Rücken angelangt, war aber keine Abzweigung vorhanden, also jenseits ein Stück bergab, zum Glück bald die Einmündung in die blaue Markierung zum weiteren Aufstieg. Immer hübsch im vorwiegenden Schwarzföhrenwald, einmal durch eine herabpolternde Moutainbikerin fast erschreckt. Sonst ging es bei nur allmählicher Erwärmung immer auf Steigen und Forstwegen den Bergrücken hinauf, bis ich schon meinte, wir wären auf dem Gösing angekommen. Hier links ein unmarkiertes Wegerl entlang, um ja die Felsrippen nicht zu versäumen, allerdings keine Spur von der erwarteten roten Markierung! Dafür standen wir bei einem Aussichtsbankerl ‘”Schönbühel” mit dem einmündenden Hühnersteig. Hübsch, aber mir war noch immer nicht klar, dass der Gösing noch weit auf sich warten ließ, also wirklich…..! Aber immerhin fanden wir vielfach die erwähnten Kreuzblütler (es stellte sich heraus – Scheibenschötchen, Täschelkraut schon verblüht, sicher auch die Aurikel und Steinröserl auf dem Gösing?) und eine attraktive erhaltene von zahlreichen “Pechföhren”, sogar mit einem innen glasierten Häferl als Restfund der einst auch hier blühenden Pecherei.
Der Steinmann bezeichnet einen Gipfel – aber leider nicht den noch hoch vor uns ansteigenden Gösing! Darum waren die ominösen Felsklippen nicht zu finden! Naja, sollte halt diesmal nicht sein… Um nicht zu sehr in die Mittagswärme zu kommen und den Tag auch noch anders nützen zu können, verzichten wir auf diesen weiteren Aufstieg, queren hinüber zum Flatzer Anger mit seiner alten Steinsäule und steigen über den simplen Grabenweg nach Flatz ab. Aber immerhin, dabei finden wir das Scheibenschötchen mit Früchten (am Berg oben nur blühend) und zum Schluss noch einen wirklich malerischen Aufblick vom blühenden Feldrand (mit dem seltenen ehemaligen “Ackerunkraut” Venus-Frauenspiegel, schon lange nicht gesehen) zur den Zinnen der Flatzer Wand.
Die Heim- oder eigentlich Weiterfahrt erfolgte auf einer wirklich überaus reizvollen Strecke mit dem Ziel Bad Fischau-Brunn. Zuerst nach Raglitz, dann über Würflach (Zugang zur Johannesbachklamm neben der Kirche abzweigend) – Willendorf – einen unbeabsichtigten Abschwenker ins Steinfeld nach St. Egyden – von Winzendorf auf dem mir bekannten “Römerweg” bis zum Ausgangspunkt zur “Reden”, dem voll interessanten Naturdenkmal nahe der Eisensteinhöhle in Fischau-Brunn. Unser Rastplatz unübertrefflich idyllisch, wie im Bild zu sehen!
Jetzt wird erst einmal ausgiebig gegessen und getrunken! Dann Teil zwei dieses erfolgreichen Tages folgt erst noch. Vom kleinen Sattel des “Römerweges” (asphaltiert und Radroute) knapp nördlich des Engelberggrabens zweigt ein gut ausgetretener Steig bergwärts ins Gebüsch ab, wo wir nach wenigen Schritten schon auf das Objekt unserer botanischen Begierde stoßen – die Adriatische Riemenzunge! Weiter oben auf der Reden haben wir voriges Jahr die Zwergirisblüte erleben können, jetzt sieht man nur mehr die “Schwerteln” (spitzen kleinen Blätter, vielfach und unübersehbar, daher bin ich mir sicher, die Sandiris bei den Kogelsteinen / Grafenberg / Eggenburg hätten wir nicht übersehen können) und die Blattwedeln der Frühlingsadonis. Aber dafür stehen dutzendweise auf der Wiese (Richtung Weiterweg zur Eisensteinhöhle) die Riemenzunge, nur wenige schon ein bisschen abblühend, noch viel mehr knospig und trotz der Trockenheit ganz schön stattlich! Sogar der Diptam blüht noch, nicht nur am Gebüschsaum, sondern auch mitten im T’rockenrasen!
Als Abschluss genießen wir noch einen Geheimtipp: Wo die Siedlungsstraße im Süden von Fischau-Brunn in den “Römerweg” übergeht, befindet sich vor den ersten bzw. letzten Häusern ein Waldbestand. Wie von einem Anrainer berichtet (Gadinger Sepp aus Hainfeld, dem das letzte Haus gehört), wollte der grundbesitzende Bauern diesen anschließenden Föhrenwald in Bauland verwandeln, wobei er aber nur bis zum Abholzen kam, denn das Projekt wurde wegen Protesten der bereits dort wohnenden Hausbesitzer zum behördlichen Einstellen gezwungen. Aber – gerade in diesem Waldstück befindet oder befand sich ein zahlreiches Vorkommen des Violetten Dingels. Diese selten Orchidee ist uns immer wieder in Istrien und Dalmatien begegnet, bei uns kannten wir sie nur vom Harzberg bei Bad Vöslau. Also nützen wir diesen Besuch in Fischau, gleich Nachschau zu halten. Markant ist gegenüber den Wein- und Obstgärten ein großer Steinblock, wo wir in den schon ganz schön aufgewachsenen Bestand einstiegen. Sträucher von süßlich duftendem Liguster und allerhand pannonische Gewächse, Blattreste von Frühlingsadonis ganz zahlreich, und mit viel Glück ein Flecken mit schon ziemlich abgeblühtem Dingel, der im Baumschatten aber noch ganz frisch erhalten war.
Also ein in jeder Hinsicht erfolgreicher Tag! Noch dazu, weil wir klugerweise die Zeit auch für Bad Fischau ausnützten und auf den Gösing verzichteten – bei der Heimfahrt im Triestingtal ein wahrer Wolkenbruch, der uns vielleicht unterwegs erwischt oder die Orchideenschau verhindert hätte! Die Landschaft am Fuß der Fischauer Berge ist mit dem Ausblick über die Fluren des Steinfelds zu den südöstlichen Bergen ganz wundervoll, ein Gegenstück zum Blick auf Hohe Wand und Schneeberg, wie man ihn oben auf den Föhrengipfeln erleben kann.
Bildcopyright: Anni & Bernhard Baumgartner Natur-Wandern.