An den herbstlichen Lunzer Seen
29. Oktober 2019 von Bernhard Baumgartner
Der unglaublich schöne Oktober dieses Jahres lockte mich zu einem besonderen Naturziel, noch dazu, weil die Durchsicht meines Bildarchivs etwas unbefriedigend ausgefallen war (fehlende Digitalaufnahmen, zuletzt erwandert und fotografiert mit Karl Oswald für das “Naturerlebnis NÖ” / Residenzverlag 2000). Es war höchste Zeit dazu im Vergleich mit den Verhältnissen am Lahnsattel (14. Oktober), vielleicht der ideale Termin schon vorbei? Daher kurz entschlossen dorthin aufgebrochen…
LUNZER OBERSEE – Tour am 22. 10. 2019 - fast ständig auf Forststraßen (6 km, im Aufstieg 2 Std.)
Zufahrt über das Pielachtal. Von Lunz am See Richtung Seehof, Parkplatz 200 m vor Restaurant und knapp vor Wasser Cluster Lunz (so heißt nun die ehem. Biolog. Station) – mit Gebühr, Münzen zum Glück eingesteckt (pro Tag vier Euro). Start um 9.30 Uhr, nach kurzem Aufklaren im Pielachtal – das Dirndltal im Farbenrausch! – stecke ich hier wieder im Nebel.
Nach dem etwas unangenehm feuchten Abkürzungssteig (sonst ist alles sogar hier meist staubtrocken) lichten sich die Nebel, und am Mittersee habe ich die besten Lichtverhältnisse.
Vom Parkplatz am Biolog. Station und Restaurant Seehof vorbei zum Schloss Seehof (618 m), danach durch Kastanienallee in die Seeau (auwaldartiger Baumbestand am mäandrierenden Seebach / bei Trockenheit nur Lacken und Schotterbänke), links folgt steiler felsdurchsetzter Waldhang, bemooste Blöcke eines ztw. trockenen Zuflusses. Abkürzungssteig, wieder Forststraße (neu aufgeschüttet, Wasserzufluss für Kraftwerk Seeau vom Mittersee verlegt), ansteigend und eben in die Senke mit dem Mittersee (766 m, ¾ bis 1 Std.; Betonmauer und Wassereinfluss). Aufblick zu Felskanzel des Großen Hetzkogels.
Am Mittersee vorbei (Rastplätze) zum Straßenanstieg – nun am orografisch linken Hang, im Talboden ein Hochwald mit Bergsturzblöcken. Bergwärts steiler Blockwald (Fichten, Moose und Bärlapp), danach lichter Lärchenbestand mit Alpenrosen, wechselt zu gelockertem Bestand mit Schluchtwaldflora (Hirschzungenfarn, Mondviole; typischer Wechsel von Licht- und Schattenpflanzen). Ausblicke gegenüber und talaus auf die Felsabstürze der Luegmauer (Extremtouren). Durch die schluchtartige Engstelle der Klause (Tiefblick, alte Straßenabsicherungen) in den nächsten flachen Kessel mit Absperrungsdamm, dahinter zusammengeschwemmtes Totholz und sumpfiger Grund mit Hochstaudenflora und einzelnen Baumriesen. Weiter Anstieg gegen die mit ihren Steilhängen und Felsabbrüchen das Tal scheinbar sperrende Ellmauer, im Talschluss links ein Felsspalt mit dem unteren Ludwigfall. An Felsen entlang mit zwei kurzen Kehren höher, dann links schwenkend zum oberhalb sichtbaren Ludwigsfall. Dieser mündet in Geröll und setzt sich unterhalb der Straße fort, die sich links wendet und mit weiteren Biegungen den Trogrand des Obersee-Kessels überwindet. Dabei rechts der teilweise in Felsen eingeschnittene Seebach, der Höhlenwasserfall „Brüllender Stier“ (kurz absteigender Seitenweg) und eine dolinenartige Senke mit Lacke. Neben Felsrand zur Kreuzung der Forststraße (rechts Richtung Luckenbrunn und Pauschenalm, davon abzweigend zum Rotmoos), links Fortsetzung der neuen Forststraße Richtung Durchlassalm. Davon bei Wegweiser abzweigender Steig zur Kreuzung Richtung Herrenalm und hinab zum Seeabfluss und Rastplatz am Obersees (1114 m, 1 bis 1 ½ Std.).
Es ist nun knapp vor Mittag, daher gleich – von den Fotoblicken immer wieder abgelenkt – an die von BALDRIAN (Bäckerei Käppl St. Veit) mitgenommene Jause gemacht, dann ist die Entscheidung notwendig: auf der Forststraße an der Westseite zum Rotmoos wie damals mit Karl Oswald? Ich wähle aber, durch eine Steigspur gleich vom Rastplatz weiter angezogen, den direkten “Weiterweg” am östlichen Seeufer entlang, nicht ganz sicher, ob das auch gelingen wird…
Obersee-Umrundung (ca. 1 ½ Std., Steigspuren, alter Forstweg und weglos)
Hinweis – nur für geübte Wanderer mit Orientierungserfahrung, wasserfeste Bergschuhe unbedingt erforderlich!
Vom Rastplatz mit Idealblick über Obersee – „Schwimmende Insel“ und Dürrenstein (Tisch und Bank) – kurz am festen Seeufer entlang, dann auf Steigspur über die ziemlich stabilen Schwingrasen weiter bis zu vorspringenden Felsblöcken mit Latschenwuchs. Dahinter führt die Spur über die Schwingrasen (Pfeifengrasbestand und alle möglichen Arten von Riedgräsern, von Karl Oswald im “Naturerlebnis NÖ” bestimmt) hinaus gegen die freie Wasserfläche nahe der „Insel“. Da dieser (vermutliche) Wildwechsel nicht weiter begangen werden kann, hält man sich bereits bei den Felsblöcken im und am Randwald unterhalb der von der Jägermauer herabziehenden Steilhänge entlang, quert dabei kleine Seezuflüsse und sumpfige Randbuchten. Nun schon im hinteren Seebereich mit einer freien Wasserfläche angelangt, queren spärliche Steigspuren durch das Ried zu einem alten, schon fast verschwundenen Forstweg (in der ÖK noch als Fahrweg eingetragen). Diese entlang durch die von der Luegg herabziehende Grabenmulde, bis er sich links im Bogen hinaufwendet und durch eine schottrige Senke ein Forststraße erreicht (von der Luckenbrunnstraße und dem Rotmoos kommend). Von diesem kleinen Sattel rechts abzweigend die tief eingesenkten und teilweise mit Wasser gefüllten Fahrspuren von Rodungsmaschinen entlang. Vom See durch einen teils felsigen Rücken getrennt, werden Mulden gequert, dann kommt kurz die Seefläche in Sicht, man bleibt jedoch auf diesen Fahrspuren bis diese in eine Forststraße münden (Luckenbrunnstraße). Am einfachsten auf dieser rechts weiter zur Kreuzung vor dem Obersee.
Viel interessanter jedoch auf einem gut ausgeprägten Steig rechts abzweigend um den Riedel herum zu einer Jagdhütte. Dort Richtung Ufer hinabsteigend zu einem nur mehr schwer bemerkbaren querenden Steig. Diesem folgend wird die nordwestliche Seitenbucht des Obersees erreicht. Von der am Ufer auf Steinen errichteten Holzhütte führt eine deutliche Steigspur hinaus auf die Riedgrasfläche mit leicht erhöhten Torfmoospolstern, die beim Betreten zu schwingen beginnen. Zurück zum Ufer und auf dem Felsblöcken weiter, stellenweise in den Wald hinauf, aber kaum in den Uferbewuchs ausweichend, bis eine weitere Bucht mit unmittelbarem Wasserzugang erreicht wird. Gegenüber sieht man die „Insel“, zu der weiter rechts zwischen den festeren Schwingrasen eine von Riedgräsern (Pfeifengras) bedeckte ehemals wohl freie Wasserfläche überleitet. Von dem offensichtlich immer wieder benützten Uferplatz führt ein relativ gut ausgetretener Steig hinauf zur Forststraße, auf dieser rechts weiter, oberhalb dem Seeabfluss dahin, zur Kreuzung vor dem Obersee.
Um 12 Uhr zur See-Umrundung aufgebrochen, dauert es mit der anschließenden Nachspeise-Rast noch bis 14 Uhr, als ich mich endlich von diesem traumhaften Platz trennen kann. In Erinnerung an den Türnsee im Sommer 2018 kommt mir der Lunzer Obersee direkt einfach vor, jedenfalls weniger auspruchsvoll und irgendwie landschaftlich großzügiger, wenn auch nicht so urig wie der viel abgelegenere, schwerer erreichbare und völlig einsame Bergsee an der Nordseite des Hochtürnachs im Salzatal.
Meine Befürchtungen wegen Zehen- und Knieproblemen beim Abstieg waren zum Glück unnötig, auch wenn man dann ganz schön froh ist, den Forststraßen-bergab-Plattler hinter sich zu haben. Ich horche noch beim “Brüllenden Stier” dem Höhlenwasserfall nach, lasse mich von den nun prächtig im Nachmittagslicht leuchten Felsabbrüchen des Scheiblingsteins beeindrucken (noch mehr durch die von Werner Tippelt im “Wandererlebnis Ötscher und Ybbstaler Alpen” dort beschriebenen Extremwanderungen), und zuletzt kommt mir die ebene Strecke durch die Kastanienallee vor dem Seehof vor als ob sie leicht bergauf führe…
Nun merke ich erst, welches Glück ich mit der Beleuchtung beim Aufstieg am Mittersee hatte. Nun wird im Schatten das Licht samt den Farben immer fahler. Der Seebach besteht nach dem heuer so trockenen und heißen Hochsommer nur mehr aus einzelnen Tümpeln zwischen den bemoosten Steinen. Dafür ist der Abschiedsblick vom (großen) Lunzer See gegen das Seetal voll würdig für diesen traumhaften Tag, der mir mehr Mut für weitere Touren (vielleicht erst im nächsten Jahr) machen kann!