WALDVIERTEL-NORDOST (1. Teil – Retz)
7. Juli 2019 von Bernhard Baumgartner
Zwei dieser Covers passen nicht zu unserem Sommerthema 2019 – trotzdem sind im “Großen Wandererlebnis” (wie in der englischen Ausgabe) die Touren zwischen Wein- und Waldviertel ausführlich enthalten. Diesmal geht es nicht so sehr direkt um die Wanderrouten, sondern um die Naturschätze, auch bereits behandelt im “Naturerlebnis NÖ” mit der speziellen Botanik von Prof. Karl Oswald. Zum besseren Überblicken der Landschaft wählten wir Radtouren mit den neuen E-Bikes, in diesen hügelig-flachen Gegenden ohnehin viel angenehmer als lange Fußmärsche mit ihren lästigen Beschwerden…
Vom Oberlauf der Thaya bis zum nördlichen Manhartsberg erstreckt sich eine Hochfläche, die eigentlich (dem Gefühl nach beim Durchfahren oder Erwandern) mit dem Waldviertel nicht viel gemeinsam hat, aber doch bis zum Ostrand der Böhmischen Masse zwischen Retz und dem Straßer Tal zu diesem Landesviertel gehört. Die Landschaft wirkt eher wie ein um den geringen Reliefsprung erhöhtes Stück vom anschließenden Weinviertel. Zwar bleibt der Weinbau überwiegend in den niedrigeren Lagen zurück, aber die Felder wogen endlos dahin und lassen auch zum benachbarten Mähren kaum einen Unterschied erkennen (außer in der nicht so unstrukturierten Bewirtschaftung). Bewegung kommt in das Landschaftserlebnis nur durch die teilweise mit Steilrand und noch seltener mit urigen Wald(rest)beständen eingesenkten Flusstäler, wie vor allem die Thaya mit ihren wenigen Nebenbächen und der Quellbach der Pulkau.
Mittwoch, 3. Juli: 148 km Anreise zur Weingartentour bei Retz gelingen dank der in den letzten Jahren ausgebauten Schnellstraßen überraschend leicht. Donaubrücke Traismauer – Stockerau – Hollabrunn, dann in Guntersdorf abzweigend ins “normale” Straßennetz – gleich verfahren über Zellerndorf, aber dann doch direkt am geplanten Startpunkt in Obernalb angelangt. Nun per Rad weiter, zügig auf asphaltierten Güterwegen hinauf zur Nalber Heide und auf dem Weitwanderweg bis zur Berghöhe vor Hofern. Die Gegend ist für mich aktuell interessant, weil mein Blumentipp im SCHAUFENSTER der Kultur.NÖ im Spätsommer zur Heidekrautblüte führen wird – wie vorbereitet finden wir auf den Heidehügeln auch “Besenheidebüsche” genug, jetzt allerdings noch unauffällig und fast überwuchert von der etwas verdorrten pannonischen Flora: alle möglichen Grasarten, Eryngium (Mannstreu) und Gelber Lauch, der ährenförmig blühende Heide-Ehrenpreis beginnt schon zu verblühen, dafür gibt es die herb-saftigen Zwergweichseln in Mengen.
Wie schon im ORF berichtet, wüten in den Eichenbeständen die Raupen der Eichenspinner (sogar hautreizend!) und hinterlassen nur ziemlich kahle Äste, höchstens noch mit Mistelwuchs darauf. Bergab geht es dann huschhusch am flachen Parapluiberg vorbei, und schon kommt die Windmühle als Wahrzeichen von Retz in Sicht. Leicht übersehen kann man den kleinen Seitenweg zum Kalvarienberggruppe, und vielfach gibt es Prachtblicke auf die Stadt Retz und in das weite Weinland.
Für den Rückweg zum Startpunkt in der Seitengasse hinter Obernalb stimmt die Richtung zum Gollitsch, einem Heidehügel auf Thayagranit, der sich besonders für eine Heidekrautwanderung anbietet. Wir gehen auch das kleine Stück bis auf die Anhöhe, vorbei an der “Kümmerlkapelle” mit einer barocken Steinsäule.
Nun wird es, trotz des luftigen Windes, um die Mittagszeit ganz schön heiß. Schon geübt, werden rasch die Räder aufgeladen, und weiter geht es zum Ziel für die Mittagssrast – am Thayaufer in Hardegg beim Brandlesturm der alten Stadtbewehrung. Gäste und Radfahrer bevölkern diese angeblich kleinste Stadt Österreichs, aber insgesamt ist es recht ruhig hier, auch beim Nationalparkzentrum. Wir haben auch noch in Merkersdorf vorbeigeschaut und leider wieder feststellen müssen – der früher so anheimelige “Forellenwirt” ist nicht nur geschlossen, sondern kommt langsam in einen etwas desolaten Zustand. Ein Problem in dieser abgelegenen Gegend trotz Nationalpark, Sommerfrischler gibt es genug, aber irgendwie sterben die Dörfer, abgesehen von einzelnen Großbauern, immer mehr aus… hoffentlich täusche ich mich mit dieser Diagnose!