Tourenbuch Dalmatien 2017: Schluss mit Insel Vir
19. August 2017 von Bernhard Baumgartner
VIR – Trauminsel oder Alptrauminsel ?
Vir war bei unserem Aufenthalt in Seline / Starigrad im Mai 2017 die am leichtesten erreichbare Dalmatinische Insel. Vor allem wegen der Zufahrt über die Stadt Nin und die Inselbrücke, also keine Fähre notwendig… Allerdings war auch im Reiseführer (Müller-Verlag) schon darauf hingewiesen, dass Vir vor allem als Sommerfrische für die städtischen Bewohner Zadars von einem “Wildwuchs” an Bautätigkeit befallen war. Aber unser Interesse galt ja vor allem der Natur, und davon ließen wir uns ja auch an anderen Zielen nicht abhalten.
Donnerstag, 18. Mai 2017 – die Insel Vir für uns mit einmaligen und überraschenden Entdeckungen
Das Endziel unserer Fahrt zur Insel Vir stand schon im Vorhinein fest – diesmal müssten wir in Nin beim Restaurant Sokol “ordentlich” einkehren, nachdem wir uns einige Tage zuvor nach einer langen Tour dort nur wiederbelebt hatten… außerdem war das unser vorletzter Urlaubstag!
Der Tag war wolkenlos und heiß, dazu aber luftiger Nordwestwind, einfach herrliches Wetter! Daher bereits Abfahrt um 9 Uhr und auf der Autobahn bis Zadar 1, weiter auf der recht gut ausgebauten Straße, immer den Wegweisern Otok Vir nach, an Nin vorbei. Dann tauchte schon die Brücke auf, und in hohem Bogen mit Ausblick über die marschenartige Landschaft der beiderseitigen Küste ging es hinüber nach Vir. Erster Eindruck – ganz schön dicht verbaut, zwar etwas winkelig, aber der größeren Straße nach durch die Ortsgebiete, Betrieb noch vorsaisonal (zum Glück). Mit der einfachen Straßenkarte und den Angaben im Führer schon vorbereitet, hielten wir uns bei einer anscheinend markanten Abzweigung nach links auf den Put Laterne und kamen in den Ortsteil Torovi mit dem Friedhof und der Kirche Sveti Ivan (früher die Hauptkirche der Insel aus dem 13. bis 14. Jahrhundert). Dann wir Schluss mit der regellos wirkenden Verbauung, bergwärts tauchte der von gelblich gefärbten Trockenrasen und Buschwerk geprägte Hohenrücken der Insel auf. Wegen der prallen Sonne hatten wir eigentlich kein Interesse, dort hinauf zu marschieren, vielleicht dadurch etwas versäumt…
Wie abgeschnitten endet dann die Verbauung, beiderseits der Straße nur mehr Natur, Heideböden mit einzelnen Büschen und kleinen Piniengeständen, aber beherrschend überall die tiefrosa Blüten der Roten (Kretischen) Ziestrosen! Eine für uns nicht recht durchschaubare Einschränkung der Befahrbarkeit hält uns nicht von der Weiterfahrt ab, doch nun müssen wir uns endgültig entscheiden – hinauf zum Berg (nicht verlockend, weil die Abzweigung dorthin schon versäumt, und ohne Weg sicher nicht angenehm) oder hinunter zum Strand. Eine Straßenabzweigung enthebt uns des Zweifels, kurz links abgebogen und das Auto neben einem spärlich beschatteten Platz mit höheren Pinien abgestellt. Jetzt nur rasch den Marsch beginnen, ehe uns irgendwer davon abhalten soll (diese Bedenken waren ohnehin unnötig).
Die Sandstraße zieht schnurgerade bergab auf die Küste zu, daneben üppige Flora mit Pinien und Hartlaubgewächsen, dazwischen allerlei mediterrane Blüten, ein reizvolles Dahinwandern, immer wieder botanisch und fotografisch unterbrochen…
Der Leuchtturm an der Uvala Stinica ist sogar in unserer Straßenkarte verzeichnet, trotzdem eine überraschend große Anlage, bereits 1881 erbaut, als Verbindungspunkt der Partisanen zwischen Inseln und Festland 1944 zerstört und 1950 renoviert, heute als “Villa Virski” sogar zu mieten (müsste einen überaus idyllischen Aufenthalt ergeben…). Wir kommen auf der breiten Sandstraße zwischen hohem Pinienbestand dorthin, immer wieder und natürlich beim Leuchtturm selbst ein reizvoller Ausblick über das tiefblaue Meer zu den Insel (Molat und Ist).
Doch nun ist Schluss mit den gebahnten Wegen, aber trotzdem wollen wir noch ein Stück den Strand entlang wandern, vielleicht ergibt sich doch eine Möglichkeit…
Die Küste entlang fahren immer wieder Schiffe vorbei, wir sind hier völlig allein, steigen mit Vorsicht bei den Dornsträuchern (ohne Schlangen!) über die scharfen Kalksteine, immer dem dicht verwachsenen Waldrand entlang, typische Strandvegetation (und relativ wenig Müll…).
Wieder zurück in der Bucht Stinica, die ferne Insel ist wohl Dugi otok. Nun heißt es die langgezogene, zum Glück mäßige Steigung, in der Sonnenhitze auf der Sandstraße zurück zum Auto. Die Blumen entschädigen uns für die geringe Mühe ebenso wie der Rückblick über die Ziestrosen-Heiden auf das Meer.
Zurück zum Put Laterne fahren wir weiter gegen das Nordende der Insel zu, obwohl in unserer Karte keine Straße eingezeichnet ist – aber welch ein Glück, es gibt eine Fortsetzung um das Rt. Vralja herum! Das Steingelände welchselt dann, wo das Velebitgebirge hinter der Insel Pag in Sicht kommt zu einer sanften Wiesenfläche, die zu einem bogenförmigen Strand abbricht. Hier ist der richtige Platz für unsere Mittags- oder Rastpause. Allerdings dauert sie nicht lang, denn am Felsabbruch entlang wird es richtig spannend. Vögel schwirren herum, ähnlich großen Schwalben, und ziehen sich auf die nächsten Klippen zurück…
Erst beim Näherkommen ist zu bemerken, dass die obskuren Vögel ihre Nester in den Felsen haben müssen, aber welche es sind? Das Rätsel löst sich erst nach Ausschnitte aus den Teleaufnahmen – es sind Bienenfresser! Davon war im Reisführer allerdings nicht die Rede, und gleichfalls nicht von der wunderbaren Natur, die den Nordteil der Insel Vir einnimmt.
Ohne Spezialausrüstung sind wohl keine besseren Bilder zu erwarten, was sie zeigen hat sich überhaupt im Nachhinein herausgestellt! Vorläufig müssen wir uns mit dem Landschaftserlebnis begnügen, und der Gesteinsaufbau des Strandes mit seinen eigenartig rötlichen Formationen über den Kalksteinen an der Wasserlinie ist allein schon interessant genug, dazu kommt noch der Fernblick über Pag gegen den Velebit. Bald geht es jedoch weiter…
Die Asphaltstraße verläuft nun etwas höher am Hang entlang, und bei einem kleinen Sattel gibt es zwei Abzweigungen – und weitere Überraschungen! Fast am Straßenrand blüht eine (erst einmal auf Cres gesehene) Orchidee – Bertolinis Ragwurz!
Wir wenden uns zuerst an einer Fahrspur entlang bergwärts. Dort ist Schutt abgelagert worden, zu unserem Glück, sonst hätten wir nicht so leicht dorthin steigen können. Hier ziehen hochstehende Federgrasfluren zum höchsten Gipfel, dem 116 m hohen Barbinjak, schwierig zu begehen, aber eine tolle Mischung von fruchtendem Federgras, Ziestrosen und Astlosen Graslilien (Anthericum liliago), dazu blühender Ginster als Vordergrund für das Panorama!
Zurück zur Straße Put Rastavca gehen wir einem Fahrweg in Richtung Strand nach, und hier finden wir zahlreiche Exemplare der Ragwurz Ophrys Bertolinii, die bald verblüht sein werden, aber trotzdem noch sehr fotogen sind!
Die weiträumige Bucht könnte Duboka Draga heißen, und sie soll mit ihrem tieferen Wasser (wahrscheinlich bei Tauchern) recht beliebt sein. Um diese Zeit verirren sich aber höchstens ein paar Vogel- oder Blumenbeobachter hierher und natürlich die der Straße folgenden Radfahrer. Auch bei uns geht es danach weiter, bergab auf der Put Rastavca in immer mehr bearbeitetes (und devastiertes) Gelände, bis sich die Ortschaft Lozice mit ihren in die Natur hinaus wuchernden Neubauten und Verhüttelungen ausbreitet. Wir haben genug gesehen von der Insel Vir, die zur Zeit der Zugehörigkeit zu Italien Puntadura geheißen hat – ein wahrlich “harter” Ort, und während der Kriege zwischen Türken und Venezianern immer wieder umkämpft. Die renovierte Festung aus dieser Zeit bekommen wir allerdings nicht mehr zu Gesicht, denn wir müssen durch das Gewirr von Gassen und Einbahnen zur Inselbrücke finden. Nach 15 Uhr langen wir in Nin an, ohne allerdings die Sehenswürdigkeiten zu besichtigen (schon erledigt, auffallend ähnlicher Betrieb wie an Wallfahrtsorten z. B. unser steirisches Mariazell). Auto bei zwischen Salinenbecken und alter Stadtmauer abgestellt und zur schon ersehnten Einkehr und Labung im Restaurant Sokol (heißt wohl Adler oder Falke wie in Tschechien). Jedenfalls bestens gespeist und erfrischt für die Rückfahrt nach Seline / Starigrad, wobei es noch einen Abstecher nach Zadar gibt.
Damit endet mein “Tourenbuch Dalmatien” von 2017 im Blog, mit dem ich den “Sommer zuhause” ganz nett ausfüllen konnte. Aber nun wird es allmählich höchste Zeit, wieder auszuschwärmen und neue Erlebnisse einzufangen…