Tourenbuch Dalmatien VIII: Nationalpark Krka
14. August 2017 von Bernhard Baumgartner
Ein Vorteil von Seline / Starigrad ist die Nähe zur Autobahn, wodurch man erstens bei der Anreise profitiert (ausgenommen das noch immer im endlosen Ausbau begriffene slowenische Stück zwischen Ptuj und der kroatischen Grenze), außerdem kann man Ausflugsziele wie Zadar, Sibenik oder Split relativ rasch erreichen. Dazu gehört auch der Nationalpark Krka.
Erste Begegnung mit der Krka – 10. September 2014 – per Schiff auf dem “Seefluss” von Skradin bis zum Ros(ch)ki slap. Ein herrlicher Ausflug samt der Klosterinsel Visovac, aber bei der Rückfahrt mit einem Wolkenbruch… unter einem Regenschirm, aber pratschnass zurück zum Parkplatz in Skradin. Also Krka auf dem Fluss erlebt.
Diesmal wollten wir die Krka “von oben her” erleben – also vom Beginn der Schluchtstrecke des Nationalparks bis zu unserem Endpunkt von 2014 beim Katarakt Roski slap.
Dienstag, 16. Mai 2017: Krka “von oben”
Im Anschluss an den Wolkenstau über dem Velebit am Vortag, scheint nun wettermäßig alles bestens zu passen – gering bewölkt und sehr warm bei heftigem Südostwind. Urlaubsmäßig sind wir allerdings etwas spät dran, Abfahrt von Seline erst um 10 Uhr. Dafür geht es auf der Autobahn “maimäßig” ohne viel Verkehr Richtung Sibenik, Ausfahrt aber nicht bei Skradin (wie “normal” für die Krka), sonder schon vorher bei Pirovac (32 km wie im Flug…). Nun geht es aber nicht so unkompliziert weiter, zwar am einfachsten auf der Hauptstraße Nr. 59 Richtung Knin, aber erstmal zu früh abgezweigt und retour (Richtung Skradin falsch), dann die Abzweigung Richtung Nationalpark / Roski slap ignoriert (gut so).
Der nächste größere Ort heißt Kistanje, und hier haben wir einen unfreiwilligen Aufenthalt wegen einer Baustelle. Aber die Zeit wird genützt, Spaziergang am Ortsrand mit typischen Eindrücken, wie eine ummauerte Wasserstelle, schaut ganz historisch aus, daneben kahlgegraste Weiden, neben den Gebüschen und Steinmauern blüht der Wein… Endlich machen die Baumaschinen Platz, und an der modernen Kirche vorbei geht es zur Nationalpark-Abzweigung Richtung Samosan Krka. Bei einem Kiosk kurz danach werden wir freundlich betreut, kaufen gleich Eintrittskarten für das Kloster, Führung inbegriffen. Keinerlei Verkehr auf der Seitenstraße, wo man sich etwas mühsam orientieren muss, und es ist kurz vor Mittag – hoffentlich passt das zum Besuch der Sehenswürdigkeit!
Das Kloster Krka liegt inmitten von Garten- und Parkanlagen oberhalb einer Bucht des Flusses und ist ein geistiges Zentrum der orthodoxen Gläubigen, eine weit in die Vergangenheit zurückreichende und höchst lebendige Einrichtung zur Ausbildung von jungen Männern für den Priesterberuf. Wir werden von einem Englisch sprechenden Führer schon erwartet, und die Besichtigung verläuft überaus interessant und animiert, großartige Kunstwerke und Einblicke in das tägliche Leben des Klosters.
Fotografieren scheint hier nicht nur erlaubt, sondern sogar erwünscht zu sein! Nur bei zwei Geistlichen, würdevolles Gehaben und schwarz gekleidet, der ältere Priester sogar leicht freundlich lächelnd, während der jüngere tieferst und abweisend dreinschaut… Wir haben sozusagen eine Privatführung, denn es gibt keine anderen Gäste, und auf alle Fragen gibt der Führer (wir verstehen ihn zum Glück recht gut) nicht nur bereitwillig Auskünfte, sondern noch zusätzliche Erklärungen, etwa über die Zahl der Priesterkandidaten (ich glaub mich an mindestens 30 zu erinnern).
Wir kommen uns vor wie in einem “lebendigen Museum”, ein Blick durch ein Zeitfenster in die fernste Vergangenheit und gleichzeitig das aktuelle Leben (leider ist gerade dieses eine Bild verwackelt). Urkundlich erwähnt ist das Kloster im Jahr 1402, doch in den Katakomben weist der Führer auf wohl antike Ritzzeichnungen mit dem Fischsymbol und auf die Grabanlagen hin (in der Nähe befand sich ja auch ein Römerlager, das wir noch besichtigen werden).
Danach werden wir vom Führer entlassen und können noch frei um das Kloster herumwandern, insgesamt haben wir noch selten ein so eindrucksvolle Erlebnis von Kunstgeschichte und gleichzeitig lebendigem Glaubensleben vermittelt bekommen!
Anschließend geht es zurück zur Hauptstraße, wo nach kurzer Strecke die antiken Grabungsstätten auftauchen.
Etwas grimmiger hätte ich schon dreinschauen können… Von einem Infoplatz am Straßenrand geht man ein Stück in noch “unverdächtigem” und sonnenheißen Gelände weiter, und steht dann plötzlich vor frischen Ausgrabungen des Militärlagers und dem instandgesetzten Riesenoval des Amphitheaters, alles von Infotafeln (leider nur Kroatisch und Englisch, obwohl hier viel mehr Italiener und Deutsch sprechende Gäste herkommen).
Schön langsam wird es anstrengend, vor allem wegen der Mittagshitze, aber ein Abstecher zum angeblich schönsten Wasserfall steht uns noch umittelbar bevor!
Von einem kleinen Parkplatz (überall Infotafeln des Nationalparks) zweigt ein kurzer Weg zum Plateaurand ab, wo sich ein wirklich grandioser Blick in die Krkaschlucht öffnet. Der Manojlovacer Wasserfall mit Berrieren zwischen 30 und 50 m ist zwar nur aus der Ferne zu bewundern, aber das digitale Tele zieht jedes Detail fast in Greifweite heran. Außerdem gibt es eine artenreiche mediterrane Flora (auch auf Infotafeln beschrieben), für die wir aber leider jahreszeitlich etwas spät dran sind.
Zwischen den blau schimmernden ruhigen Flussabschnitten beiderseits des Tafelberges stürzt die Krka in mehreren Wasserfällen über die Steilstufe der Talbiegung, im Hintergrund ein hoher Gipfel des Dinarischen Gebirges bei der Stadt Knin (Zentrum der von Serben bewohnten Region Krajina, heiß umkämpftes Kriegsgebiet… der Berg heißt vermutlich Orlovac und ist über 1700 m hoch).
Ich weiß jetzt gar nicht mehr, wann und wo wir gerastet und uns gestärkt haben – die Ausdauer erscheint mir im Nachhinein erstaunlich groß, aber es war wohl auch der Drang, nichts von diesem einmaligen Erlebnis des Flusses Krka zu versäumen. Dazu bedarf es aber noch eines Abstechers entlang der Hauptstraße Richtung Knin, wo uns Wegweiser (sogar mit Querung der Bahnstrecke, die aus dem Landesinneren in weitem Bogen zur Küste in Zadar führt – erbaut zur Zeit der Österr.-ungar. Monarchie und damals eine Pionierleistung der Erschließung Dalmatiens).
Das Dorf, nachdem dieser (oberste?) Katarakt der Krka benannt ist, liegt abseits von Hauptstraße und Bahnlinie am Ende eines Seitenweges mit kleinem Parkplatz zwischen Steinmauern der anschließenden Weiden, Felder und Olivengärten. Hier scheint wirklich die Welt zu Ende! Auf einem Wanderweg von etwa einer halben Stunde müssen wir vom Plateau hinab in den Schluchtgrund der Krka. Üppige mediterrane Vegetation, hohe Felsen, eine alter steingepflasterter Karrenweg und – Nachmittagshitze! Trotzdem gehen wir (im Gedanken an den wieder erforderlichen Aufstieg…) wirklich bis zum Ende am Flussufer, wo verfallene Mühlengebäude stehen. Nochmals über Steinblöcke tiefer, und dann öffnet sich das phantastische Bild auf den Bilus(ch)ica buk… alle Mühe hat sich damit gelohnt!
Noch ahnen wir nicht, welche Irrfahrt zurück zur Autobahn uns noch bevorsteht… Aber zunächst heißt es, den Aufstieg aus der Schlucht zu bewältigen, zum Glück haben wir genug Wasser und Kraftnahrung dabei… Dann zurück mit Querung der offensichtlich frisch befahrenen Bahngeleise zur Hauptstraße und zurück bis zur Kreuzug, wo die Straße das Krkatal quert – noch ein schöner Ausblick zum Abschied (aber dieser war es noch gar nicht…)!
Jedenfalls halten wir uns nun an die Wegweiser, zuerst Richtung Drnis, um die über Knin führende Strecke abzukürzen. Baustelle bei einem neuen Kreisverkehr – akurat dürften wir die falsche Ausfahrt erwischt haben und landen mit Talfahrt über die verkarsteten Hänge unversehens wieder am Krkafluss. Vor uns ein bekanntes Bild, die Klosterinsel Visovac! Wie wir uns hierher verirren konnten, bleibt schleierhaft, aber wieder ein wunderschöner Eindruck der Krkalandschaft…
Anni hat zum Glück noch fotografiert, aber danach war uns nicht mehr nach weiteren Aufnahmen… nur fahren, fahren und ja die richtigen Abzweigungen erwischen! Zunächst wieder aus dem Tal heraus auf das Plateau, eine schon bekannte Strecke zurück und bei der Kreisverkehr-Baustelle nun doch richtig abgebogen. Die Weiterfahrt ist immer noch landschaftlich sehr ansprechend, vor allem als wir noch ein schluchtartiges Tal queren, mit dem zur Krka mündenden Fluss Cikola – auch das wäre noch einen Halt wert gewesen… Allmählich beleben sich die Siedlungen, die Küstennähe lässt sich immer mehr spüren, und dann biegen wir durch steile und felsige Szenerien hinab zur Autobahn bei der Auffahrt Sibenik. Insgesamt sind wir an diesem Tag 290 km gefahren, aber auch mehrere Stunden gewandert, unerwartet interessantes Neues erlebt – und zum Schluss blicken wir von der Autobahnbrücke bei Skradin noch einmal hinab zur Krka mit ihrem großen Wasserfall. Inzwischen ist es Abend geworden… und als nächstes wartet sicherlich eine absoluter “Strandtag” in Seline auf uns!