Tourenbuch Dalmatien: Seline / Starigrad
30. Juni 2017 von Bernhard Baumgartner
Dass wir uns Mitte Mai 2017 nach Dalmatien aufmachten, hatte einen dreifachen Grund: Zweimal waren wir Ende August dort gewesen, hatten herrlich baden können und schöne Touren gemacht. Was wir an abgeblühter Flora sahen, ließ uns für das Frühjahr in den höchsten Erwartungen schwelgen. Und noch dazu hatten wir bereits 2015 ein Ferienwohnung besichtigt, die uns sehr gefallen hat.
In Kontakt zu kommen erwies sich allerdings nicht ganz einfach, schließlich funktionierte es über facebook, dass uns Frau Ivana (die Tochter der Familie Juric, eine imponierende Modedesignerin in Zagreb) telefonisch kontaktierte. Wir erklärten unser Interesse und buchten gleich ein Apartement – welches könnten wir uns im Mai aussuchen, und alle waren wir sehr erfreut und schon gespannt auf die Reise.
Abfahrt am Sonntag, 7. Mai, bei 15 Grad in St. Veit und nach 610 km (überwiegend Autobahn) nachmittags Ankunft in Seline. Frau Juric, die überaus liebenswürdige und uns umsorgende Gastgeberin, hat uns gleich mit Kaffee und Kuchen (samt ihrem selbst gefertigten Likör) empfangen, und wir suchten uns das zwar kleinere, aber vom Gebirge abgewandte Apartment aus. Das hat sich als günstig erwiesen, denn damit waren wir an der sonnigsten und windgeschützten Seite des mit viel Geschick und Umsicht erbauten Hauses, das sich die aus Bosnien vertriebene Familie hier in Seline geschaffen hat.
Abends machten wir noch einen längeren Spaziergang in das uns schon gut bekannte Gelände. Dabei kamen wir zum langgestreckten Kiesstrand, der bei einer Art Leuchtturm die eigentliche Bucht von Seline begrenzt und sich südwärts bis zu den “Klippen” fortsetzt. Die Abendstimmung war schon ganz romantisch, und wir freuten uns schon, am nächsten Tag die nähere Umgebung weiter zu erkunden, denn Erfahrung hatten wir genug von unseren beiden vorigen Aufenthalten.
Das Apartment war für uns ausreichend groß, blitzsauber und alles aufs Beste vorbereitet, dass wir uns wohlfühlen konnten. Vor allem wichtig – geschlafen haben wir wunderbar, es gab keine Gelsen, und vor unserem Balkon flüsterten die Blätter des Mandelbaums im leichten Bergwind…
Montag, 8. Mai, erstes Herumschnuppern in Seline
Als Selbstversorger konnten wir wählen – Frühstück und andere Mahlzeiten im Apartment oder auf dem Balkon, wobei uns die liebe Frau Juric schon wieder mit ihren köstlichen Mehlspeisen überraschte.
Am Abend waren uns schon die voll blühenden Gladiolen und eine hübsche Lauchart aufgefallen. Nun waren wir schon sehr gespannt, was alles auf den Heideböden und den steinigen Garigues bei den Klippen an unserem beliebtesten Badeplatz blühen würde. Die Phantasie war ja durch die tollen Orchideenbilder im facebook auf höchste Erwartungen gepuscht! Also marschieren wir los – kurz die Straße entlang an der alten Friedhofskirche vorbei, bis wir auf bekannten (zum Baden mit dem Auto holpernd befahren) Wegen Richtung Meer abbogen. Gleich vorweg genommen, alles war wunderschön grün und (wahrscheinlich von den hier weidenden Schafen) wie mit dem Rasiermesser geschoren… Das war doch nicht möglich, keine einzige bemerkenswerte Blüte! Von dem auf solchen Böden typisch wuchernden Affodil bekam wir nur die letzten Blüten zu Gesicht!
Schließlich gelangte wir zu unseren am weitesten entfernten Badeplätzen, wo sich die Klippen in durchlöcherten Felsplatten fortsetzen bis die Küste von den aus der Mala Paklenica (Schlucht der Kleinen Paklenica) aufgeschütteten ebenen Flächen wieder dem Gebirge zuwendet. Unser Blumentraum war offensichtlich leider ausgeträumt! Dafür warmes Wetter, geringe Bewölkung und erfrischende Wind, klare Sicht und traumschöne Farben im richtigen Blickwinkel, was wollten wir denn noch?
Also wanderten wir am Klippensaum wieder zurück, voraus waren das idyllische und neuerdings beliebte Dorf Vinjerac und der darüber ansteigende Karstgipfel (schon bestiegen!) zu sehen. Aber welch ein Unterschied zum Spätsommer – keine Menschenseele ringsum! Dabei sind diese Plätze einmalig reizvoll, auch wenn man wegen des frischen Wassers nicht baden kann wie diesmal, aber die Erinnerungen an die herrlichen Badetage konnten wir trotzdem auffrischen…
Unsere dreistündige Vormittagswanderung war aber noch nicht zu Ende, und wir ahnten noch nicht den absoluten Höhepunkt! Nachdem wir die in der Nationalparkkarte (unbedingt empfehlenswert! im Infozentrum Starigrad erhältlich) als “Podi” eingetragenen Fluren durchquert hatten, ging es (auf einem in Natur nicht vorhandenen Radweg) den Kiesstrand entlang Richtung Pisak.
Der von verwitterten Tamarisken gesäumte flache Strand mit seinem sanft ins Meer abfallenden Kiesufer wird landseitig von abwechselnd sumpfigen Flächen oder Schotterböden, in der Art von “Heißländen” gesäumt. Zum Glück wichen wir dorthin vom schmalen Strandpfad ab und bekamen nun schon mehr Blumen zu Gesicht, Gladiolen und Salbei leuchteten aus dem noch relativ frischen Grün.
Und plötzlich blieben uns sozusagen “die Augen stecken” – die ersten Orchideeblüten, und mit jeder neu entdeckten wurden es mehr, sobald sich der Blick geschärft hatte! Es waren Unmengen von Hummel-Ragwurz / Ophrys holoserica.
Trotz der Mittagshitze blieben wir daher in Hochform und konnten uns kaum zum Weitergehen entschließen… Doch wie es sich beim Urlaub im Süden gehört, durfte auch nachmittags die Siesta nicht fehlen. Erst gegen Abend waren wir unterwegs, ins nahe Starigrad (um dort einzukaufen, einen KONSUM gibt es fast in jeden Ort als Nahversorger). Aber außerdem wollten wir noch etwas hinauf zur Berghöhe, und mit etwas Glück erwischten wir die Zufahrtsstraße zur Velika Rujna, einer hochgelegenen Alm mit Wallfahrtskirche. Dorthin unterwegs hatten wir vor zwei Jahren ein einmaliges Erlebnis, als wir bei einer Tour in die Finsternis kamen, aber davor noch einen grandiosen Sonnenuntergang erleben konnten.
Die schmale Asphaltstraße schlängelt sich die stark verkarsteten Hänge hinauf, im Bild der Rückblick auf Starigrad mit dem Betonwürfel des Hotels Alan. Bei einem neu angelegten Park- und Aussichtsplatz hielten wir dann an. Zu sehen gab es hier an Blumen kaum etwas, denn die Glockenblumen und die Traubenhyazinthen hatten wir nur unten in Strandnähe gesehen. Dafür war die Aussicht trotz Gegenlicht fantastisch, und wir entdeckten eine Abzweigung zu einem Platz mit den interessanten Mirilas.
Mirilas – ein markierter Steinpfad führt, vorbei an einer Infotafel des Nationalparks, zu den eigenartigen Erinnerungsstätten, wo die auf den Bergen Verstorbenen beim Weg zu Kirche und Friedhof im Tal von ihren Trägern zur Rast abgesetzt wurden. Dort soll sich auch ihre Seele befinden! Dieser aus Vorzeiten bis etwa Mitte des 20. Jahrhunderts geübte Brauch ist noch immer im Volk tief verwurzelt, und einheimische Familien haben nicht nur ihre Grabstätten, sondern auch die Mirilas hoch oben auf den Bergen.
Wir verfolgten den unwegsamen Steig noch weiter hinauf, während unten auf dem Asphaltweg die Ziegen zu Tal getrieben wurden. Leider begann es plötzlich zu regnen, und selbst eine Weiterfahrt Richtung Velika Rujna brachte uns nur wieder in den nächsten Regenguss. Immerhin hatte ich bei der Talfahrt ungeheures Glück – als ich ein hinter mir folgendes Auto bei einer Verbreiterung überholen lassen wollte und schon wieder auf die Fahrbahn einschwenkte, preschte gerade noch ein zweiter folgender Wagen unvermittelt (und von mir vorher nicht beachtet) vorbei…
Also alles gut gegangen, und ein erster schöner Tag glücklich zu Ende…