Kreischberg: Abschweifungen bei der Anreise
29. März 2017 von Bernhard Baumgartner
Eine Urlaubsfahrt in die obere Steiermark hat zwei entschiedenen Vorteile: Erstens fährt man auf wenig stressigen Strecken, und zweitens bleibt bei drei Stunden Anfahrt immer noch Zeit für den einen oder anderen “Abstecher” zu interessanten Orten oder Naturplätzen, für die man sonst nicht eine so weite Fahrt auf sich nehmen würde. So haben wir etwa schon den Häuselberg bei Leoben mit der Blüte der Steirischen Küchenschelle besucht oder das Stift Seckau (aber dort immer noch nicht die Wallfahrtskirche Maria Schnee hoch oben am Berg).
Das parallel zum oberen Murtal am Fuß der Niederen Tauern dahinziehende Tal haben wir bei Ranten und St. Peter am Kammersberg schon kennengelernt. Aber bei jenem Ausflug (vom Kreischberg aus) hat uns ein heftig ausbrechendes Schlechtwetter gehindert, noch nach Oberzeiring weiter zu fahren. Daher diesmal bald nach Judenburg abgezweigt, und schon bald war der historisch so berühmte Bergwerksort OBERZEIRING erreicht.
Das Schaubergwerk mitten im Ort war gleich gefunden, ein Cafèhaus für die Mittagseinkehr gegenüber dem Kurhotel der bekannten Wagner-Resorts (wie in Perchtoldsdorf, wo ich meine Knie-Reha absolvierte, und im nahen heimatlichen Salzerbad bei Kleinzell). Das Lokal entpuppte sich als Bäckerei mit gut ausgestatteter, allerdings in Mittagsruhe gähnender Backstube. Dann gingen wir hinauf zum Heilstollen. Dieser ist sozusagen die Rettung dieses heutzutage ziemlich verschlafenen Ortes! Schon vom Altertum her bis ins Mittelalter war Oberzeiring für sein Silbervorkommen berühmt, bevorzugt noch dazu durch die Lage an der Römerstraße über die östlichen Tauern. Im 14. Jahrhundert jedoch legte ein Wassereinbruch in die wohl zu tief abgeteuften Stollen den Bergbau lahm. In den Chroniken werden 1400 Witwen in diesem Ort nach der Katastrophe erwähnt… Als Münzstätte bedeutend, aber später vom Bergsegen nicht mehr begünstigt, hat Oberzeiring erst durch den in den letzten Jahrzehnten eingerichteten Heilstollen (vor allem zur Behandlung von Asthma) wieder wirtschaftlich einigermaßen Fuß gefasst.
Weil wir uns noch die Füße vertreten wollten, wie es so für den Bewegungsdrang bei einer längeren Autofahrt heißt, spazierten wir oberhalb der Kuranlagen den Sonnenhang hinauf. Angenehm frühlingsmäßig und etwas südlicher wirkend als bei uns zuhause im Nordosten! Noch dazu entpuppte sich der Spazierweg zu einem “Pfad der inneren Einkehr”, wo nicht nur Kreuzwegstationen sondern auch einzelne Punkte zum Stehenbleiben und Besinnen einluden.
Von den sonnigen Wiesen führt der Weg an alten Baumriesen vorbei zur Anhöhe mit der Kalvarienbergkirche. Diese ist zwar kunsthistorisch nicht so bemerkenswert wie die großmächtige Pfarrkirche und die ehemalige Knappenkirche im Friedhof, steht aber auf einem sehr stimmungsvollen Platz.
Nach dem gemütlichen Abstieg schauten wir uns noch das kleine, aber sehr feine Mineralienmuseum mit dem dazugehörigen Shop an. Es wird gerade neu eingerichtet und bietet neben schönen Steinen auch einen übersichtlichen Einblick in die Geschichte.
Also, der erste Stop war schon sehr ansprechend! Dann ging es durch einsame Waldtäler – vorbei an der Abzweigung ins Lachtal (schon einmal besucht) – zum eigentlichen Höhepunkt – nach OBERWÖLZ.
Schon vom frühen Mittelalter her hatte dieser Ort als königliche Schenkung an das Bistum Freising überregionale Bedeutung, nachdem urzeitliche und römische Besiedlung hier Spuren hinterlassen hatten. Vor allem zog die bereits 1300 zur Stadt erhobene und etwa zur gleichen Zeit ummauerte Stadt aus dem bis Nürnberg und Italien reichenden Fernhandel steten Gewinn, wenn auch der Bergbau wesentlich geringer war als etwa in Oberzeiring. Erst als nach den Napoleonischen Kriegen die Geistlichen Besitztümer aufgelöst wurden, sank der Ort zur Bedeutungslosigkeit herab. Aber gerade dadurch hat sich sein altertümliches Aussehen wie kaum sonstwo erhalten und gilt als großartiges und gepflegtes Kulturdenkmal.
Schon bei der Einfahrt ins Ortszentrum waren wir voll überrascht, was sich hier an Baudenkmälern bot. Vor uns die mächtige, eine ursprünglich romanische Anlage verratende Pfarrkirche, auf dem Platz dahinter hochragende Gotik! Wir spazierten aber zuerst den langgestreckten Hauptplatz entlang – wie vielfach in solchen Orten einige nach Verwendung dürstende Geschäfte, aber alles sorgsam renoviert und gediegen, vor allem auch die Gasthäuser!
Vom Hauptplatz geht es durch das nördliche, nach Schöttl und zum Glattjoch (dem vom unwegsameren Sölkerpass aus Jagdgründen übertrumpften alten Tauernweg) führende Stadttour und entlang der in Gebäuden noch immer erkennbaren Stadtmauer entlang zurück zu den beiden hervorragenden Kirchen.
Nach dem Naturbild neben der Stadtmauer gibt es bald das Glanzstück von Oberwölz – die mittelalterliche Ummauerung ist fast vollständig erhalten; zwei Türme und drei Tore stehen noch aufrecht, darunter das Hintereggertor, das im Zusammenspiel mit der Brücke (samt Nepomuk) und den beiden dahinterliegenden Kirchen ein typisches steirisches Stadtbild bietet (nach Reclams Kunstführer).
Durch das wahrlich wehrhafte Stadttor kommen zum Kirchenplatz und betreten linkerhand die St. Sigmund-Kirche, einst zum Spital gehörend und ein Glanzstück der Gotik, hochragende Gewölbe im von einem schlanken Pfeiler geprägten Langhaus. Die Details sind ebenso beeindruckend wie der gesamt Raumeindruck!
Die Stadtpfarrkirche zum Hl. Martin, eine romanische Basilika mit mächtigem Ostturm und vorgebautem gotischen Chor, hat durch die barocke Gestaltung viel an Eindruck verloren. Der Pfarrhofgarten daneben ist aber umso stimmungsvoller…
Wir könnten nun (auf schon bekannter Strecke) über die Talstraßen weiter nach Murau fahren, aber uns lockt noch ein Kircherl auf dem Berg südlich von Oberwölz, wo es hinüber nach Katsch geht. Diese Wallfahrtskirche steht auf einem Anger über dem Talgrund, von Waldrändern umgeben und angesichts der hohen Tauernberge – wahrhaft ein bezaubernder Eindruck! Eigenartig sind die Kritzeleien auf der östlichen Außenwand, die bei der gediegenen Renovierung nicht übertüncht sondern freigelegt und geschützt wurden!
Zu unserer Überraschung gibt es bei der Fahrt über die Berghöhe keine einzige Krokuswiese! Aber durch das schluchtartige Tal hinab nach Katsch sind noch Eisbildungen der strengen Wintertage zu sehen. Wie das Wetter weitergeht, das wissen nicht einmal die Frösche (oder Kröten, jedenfalls nicht mit Wetterprognose beschäftigt…) am Besinnungsweg von Oberzeiring, jedenfalls schaut der Abend angesichts des Kreischbergs gar nicht so schlecht aus…