Gastein: Die verpatzte Wetterkreuz-Wanderung
7. September 2016 von Bernhard Baumgartner
Am dritten Tag unseres Gastein-Urlaubes (24. August) hatte sich das Wetter vollends zum besten bewendet – klarer Himmel, noch frisches Lüftchen, voll sonnig den ganzen Tag… Also stand nun unsere Standardwanderung im Gasteinertal am Programm (nach vier Jahren Unterbrechung wirkt jede Unternehmung wie neu…).
Ausblick vom Wetterkreuz bei der Biberalm am ersten Urlaubswandertag 2012
Wetterkreuz bei der Biberalm
Vom Bahnhof Bad Hofgastein über Breitenberg Auffahrt bis nach dem Gehöft Brandeben auf 1152 m, dann Forststraße mit Gebühr (automatische Kassa und Schranken) bis zur Biberalm auf 1735 m. Die schönste Tour von dort aus führte zum Wetterkreuz an der Hohen Scharte und über den Sattel zwischen Scheiblingkogel und Schwarzwand hinunter zur Schmaranzeralm, eine ideale Runde.
Aber diesmal empfing uns beim Parkplatz neben dem Brandebenhof eine Tafel mit der Neuigkeit – keine Auffahrt zur Biberalm, höchstens mit MTB. Na, darauf konnten wir verzichten! Nicht aber auf den Versuch, die Tour noch von diesem niedrigen Ausgangspunkt zu unternehmen. Aber der Vormittag war schon zu weit fortgeschritten, und wir verfingen uns in den Wäldern um die Wasserebenhütte beim Schwammerlsuchen…
Am Nachmittag (den Schwammerlgenuss schon hinter uns) packte uns doch noch ein spärlicher Unternehmungsgeist. Wir wollten hinein ins Kötschachtal, weil uns dort von der Schloßalm aus eine eigenartig helle große Fläche aufgefallen war. Außerdem ist das Kötschachtal im Nachmittagslicht ohnehin fast unübertrefflich!
Statt Nachmittagskaffee also Fahrt über Badgastein auf der einen weiten Umweg beschreibenden Seitenstraße zum “Grünen Baum”. Zu unserer nächsten Überraschung wirkte dieses kleine romantische Hoteldorf wie ausgestorben! Das finanzielle Schicksal hat dem früher lebhaften und sogar etwas mondän wirkenden Treiben ein Ende bereitet, zwar nicht unser Geschmack gewesen, aber dennoch schade…
Wie berühmt dieses wirklich einzigartig Platzerl war, erkennt man am Begriff “Malerwinkel” und dem Trenker-Kreuz. Diese Arbeit eines Grödener Schnitzers (aus den 1980er Jahren) sowie die Bindung an den alpinistischen Methusalem des vorigen Jahrhunderts, alles zusammen weist auch auf die nostalgische Vergänglichkeit solcher Örtlichkeiten hin… Was “ewig” besteht, sind nur die Gipfel im Talhintergrund mit Tischlerspitze und Tischlerkarkopf! Und sogar darin täuscht der Anschein!
Schon am Kötschachbach neben dem Seitenweg zum Trenker-Kreuz bemerkt, auf dem flachen Talboden vor der Jausenstation Himmelwand wird es augenscheinlich: Lebendige Geologie – so könnte man es fast bezeichnen: Am 30. Juli (wie uns zwei Männer der Wildbachverbauung sagten) hat ein katastrophales Unwetter diesen Bergwinkel heimgesucht. Eine Blitzlichtaufnahme der abtragenden Kräfte sozusagen. Die Gipfel werden zwar kaum niedriger geworden sein, aber die Unmengen herabgeschwemmten Schuttmassen von einer kurzen Stunde – umgerechnet auf Jahrmillionen – lassen erkennen, wie sogar Gebirge im Lauf der Erdgeschichte eingeebnet werden können.
Wie durch ein Wunder ist die Jausenstation – wie eine Insel im Meer der Verwüstung – von den Fluten und Gesteinsmuren verschont geblieben. Näheres können wir nicht erfahren, denn Mittwoch ist hier Ruhetag, aber die in Schönschrift verfassten Tafeln mit den Speisenangeboten (die Wirtin ist eine Lehrerin!) stehen wie immer bereit. Ein Stück gehen wir noch weiter, manche Brücken haben standgehalten, einige sind schon erneuert, weil es sich um den wichtigen Zugang bzw. die Zufahrt zum Gasthaus in der Prossau handelt. Die Waldbäume stehen jedenfalls in Schutt- und Sandflächen, in Gräben staut sich der beim Austrocknen stinkende Schlamm, kein schöner Anblick jedenfalls…
Der Stadel mit dem Schutzengelbild zwischen Himmelwand und Grünem Baum ist wie die angrenzenden Wiesen unversehrt, und die Bauern sind schon wieder fleißig am Mähen. Denn hier ist der Bach in seinem Bett geblieben, aber wie es weiter talab auf Bad Bruck zu ausschaut, das soll ganz arg sein…
“Bankerl sitzen” – statt Gipfelrast – drei Tage nach dem vor dem 75er kommenden Geburtstag, da hätte ich mir Spannenderes vorstellen können… Durch die weggerissene Brücke erfüllt sich nicht einmal die Hoffnung für den Aufstieg zum Reedsee. Trotzdem ein schöner Lebenstag, und so lernt man immer mehr, sich nach der Decke zu strecken, wie es tröstlich heißen soll.