MIRILA – steinerne totenrastorte neben den velebiter wegen
23. September 2015 von Bernhard Baumgartner
“mirila sind plätze, wo die seelen auf ihrem weg zum himmel ruhen”
als ich bei unserem vorjährigen aufenthalt in seline / starigrad beim nationalparkzentrum eine spezielle wanderkarte für dieses gebiet kaufte (auch für kleine touren und spaziergänge sehr zu empfehlen), fiel mir das wort MIRILA auf – noch nie gehört und keine ahnung über die bedeutung. aber in einem der informativen folder des nationalparks (ethno-haus marasovic) fand ich die erklärung. später ebenso bei der wandertour vom bergweiler lubotic aus von den tafeln entlang eines lehrpfades.
MIRILA (sing. mirilo) sind steinmale, die sich entlang der wege am velebit befinden und an die einstigen begräbnissitten der nomadisierenden velebiter viehzüchter gebunden sind. der verstorbene wurde vom gebirge bis zur dorfkirche und dem friedhof getragen, wo er dann begraben wurde. auf der einzigen raststätte an diesem weg hat man den verstorbenen (männer, frauen und ebenso kinder!) auf den boden gelegt und neben dem kopf und zu den füßen einen stein gesetzt. später wurde der zwischen diesen steinen befindliche raum mit steinplatten ausgelegt und der kopfstein mit symbolen (verzierungskunst von den urkulturen über das frühe christentum bis zur neuzeitlichen ikonografie kroatischer grabsteine) und inschriften (diese in neuerer zeit) versehen. so entstanden familienraststeine, die nicht nur das andenken an die verstorbenen bewahren, sondern wichtiger als das grab im friedhof angesehen werden. im grab ruhe nämlich nur der körper ohne seele, diese sei auf dem mirilo geblieben. laut überlieferung datiert dieser brauch aus dem 17. jahrhundert (oder schon davor) und endete erst mitte des 20. jahrhunderts…
auf der nationalpark-wanderkarte war sogar ein eigener kartenauschnitt für den mirila-lehrpfad beim bergweiler LUBOTIC vorhanden, und so nützten wir einen der nächsten urlaubstage im vorjahr für diese erkundungsfahrt. auch heuer (4. september 2015) stand dieses ziel wieder am programm – auf der küstenstraße zufahrt 12 km von starigrad richtung karlobag bis zu der in einer kleinen bucht gelegenen ortschaft Tribanj Kruscica mit kleinem kircherl und in der kurve (tafel lubotic) geradeaus eine asphaltierte seitenstraße (neben schule oder kindergarten) steil hinauf. an einzelnen häusern vorbei windet sich die bergstraße mit mehreren kehren den zunehmend verkarsteten, aber auch aussichtsreichen hang hinauf.
ortsname vorher richtig tribanj kruscica; bild der Hochregion von anni am 5. 9. 2014
immer auf der asphaltierten breiteren trasse bleibend ist die richtige strecke nicht zu verfehlen. allmählich verflacht das gelände und wird immer steiniger, eine abzweigung rechts (nach mataci) bleibt unberücksichtigt, dann folgt eine mulde mit von steinmauern umgrenztem “kulturfleck”, noch vor der rechten seitenstraße richtung korita (die häuser dieses weilers sind schon sichtbar) ergibt sich am rechten straßenrand reichlich platz zum parken.
denn hier ist der erste markante haltepunkt – bei der korita-abzweigung an der linken straßenseite kommt nämlich der in tribanj kruscica vor der kirche rechts abzweigende und die straßenkehren abschneidende fußweg herauf. der wegweiser führt ins gelände mit den ersten mirila (und dem Infostein), leider haben wir erst jetzt bei auswertung der infotafeln begriffen, dass grobna grumila ein kegelförmiges steinernes hügelgrab aus alter zeit sein soll…
bei unserer tour im vorjahr begann bereits hier unsere wanderung (im folgenden beitrag beschrieben). heuer fuhren wir gleich weiter nach lubotic (offizielle ortstafel und hölzerner wegweiser), das in der nächsten karstmulde gelegen ist. gleich im “zentrum” der von einer steinmauer umgebene friedhof mit kapelle, davor parkplatz (hier trennen sich die wege für die rundtour). unser ziel war am 4. september aber das haus von frau magdalene (oder so ähnlich) matac, wo wir im vorjahr so herrlichen honig kaufen konnten. diesmal zwar wieder mit einem getränk bewirtet, aber leider gab es wegen des schlechten frühsommerwetters hier heroben überhaupt keinen honig. dafür erfuhren wir von einer soeben auch angekommenen besucherfamilie (deutschsprechend) allerhand, was wir noch nicht wussten.
so machten wir uns, auch angesichts des drohenden wetters, bald wieder an die rückfahrt. allerdings mit kurzem halt in einer der oberen kehren, wo wir bei der bergfahrt zwei autos stehen sahen. eigentlich diente dieser stopp dem panoramafoto, aber bei der gelegenheit entsorgten wir gleich einige von den vorigen besuchern liegen gelassene getränkeflaschen (unglaublich, aber leider vielfach ortsüblich) und nahmen den abzweigenden steig in augenschein – typisch für die bergwege auf unserer tour im vorjahr von lubotic richtung weiterer mirila und zu dem damals leider nicht erreichten gipfel stap (eigener artikel folgt wie schon bemerkt).
das panorama zur insel pag hielt wettermäßig noch bis zum nachmittag, dann folgten ein gewitter und neuerliches aufklaren für einen abendspaziergang auf der uferpromenade in starigrad. dort sprach ich übrigens einen nationalpark-ranger an, um mich wegen führungen im nächsten frühjahr zu erkundigen. was aber noch wichtiger war, er zeigte mir beim blick auf die felsigen berge – dort sind die mirila meiner familie und der großmutter! also erlebte geschichte im letzten augenblick…