Malta / Rundfahrt auf der Insel Gozo bis Marsalforn
20. Januar 2015 von Bernhard Baumgartner
Fortsetzung des “Urlaubstagebuchs” – 8. Oktober 2014 – auf der Insel Gozo.
An diesem Tag stand eine Fahrt zur Insel Gozo auf dem Programm, weil unser Sohn Hannes sich freinehmen konnte und sich als Reiseführer und Taxi (mit seinem schweren BMW) anbot. Rückblickend gesagt, was sich zeitmäßig ausging, hat er uns gezeigt und erklärt. Die Zufahrt zur Fähre in Cirkewwa ging aber so “maltesisch” flott, dass ich schon “kurvenmarod” dort ankam. Gerade nicht mehr auf das Fährschiff hinauf zu können, war vielleicht gar nicht schlecht in meinem Zustand… Auch muss ich etwas “langsam geschaut” haben, denn als ich endlich den Auslöser drückte, war das riesige Schiff unter der riesigen Klippe auch schon verschwunden…
So jedenfalls zeigen sich die verwegensten Klippen vielfach, wohin man auf Malta und Gozo auch kommt, besonders aber an den südlichen Küsten. Die gigantische Felstafel, aus der die Inseln bestehen, neigt sich im Großen nach Norden, und die “Brösel” als Reste der einstigen Landmasse ragen verstreut aus dem Meer. Der größere Brocken ist die im Kanal zwischen beiden liegende Insel Comino.
Daran steuern wir gerade vorbei, einzelne Ausflugsschiffe und Fischerboote verschwinden in der “Blauen Lagune” – strahlendes Blau rings um und über uns, ein unvergesslicher Eindruck! Die frische Brise auf dem Oberdeck beruhigt wieder mein Befinden, und Anni meint zu Hannes:”Schau, er fotografiert schon wieder, also….” – allgemeine Beruhigung und zugleich Spannung, denn schon nähern wir uns dem Ziel.
Vor uns liegt Mgarr (“imdschar”), allerdings nicht im Bild mit der Gegenfähre, denn oberhalb des Hafens befindet sich eine neugotische hohe Kirche, daneben die Mauern einer Festung (1820 erbaut, unbeliebte Garnison, später sogar Nervenheilanstalt, nun Touristendestination…). Die hier abgebildete Kirche liegt schon weiter “inseleinwärts”, hat aber das typische Aussehen der mit starker Untertreibung so bezeichneten “Dorfkirchen” auf Gozo (und Malta). Diese hier kann nur Xewkija (“schoukija”) sein – immerhin die drittgrößte Kuppel Europas, nicht so breit wie jene in Mosta, doch dafür viel höher (lese ich gerade “rückwirkend” im Du Mont). Charakterzug der Malteser und noch mehr der Ghawdxi (“audschi” – Bewohner Gozos) - die aus Stahlbeton gegossene Kirche und Kuppel ab 1951 innerhalb von 20 Jahren in Eigenarbeit und durch Spenden der “Dörfler” errichtet!
Ein ganz ungewohntes Bild – ein Hochtal mit Kulturterrassen geht in einen dicht mit Röhricht verwachsenen Talboden über, aus dem das Wasser durch Sand und Kies hindurch ins Meer síckert… Hier sind wir schon in Ramla Bay, dem angeblich schönsten Sandstrand der Insel Gozo.
Die Zufahrt vom Fährhafen Mgarr ging schnurgerade hinauf nach Nadur, wo wir auf die Abzweigung in den interessanten östlichen Zipfel der Insel leider verzichteten, und über die Anhöhen zur Nordküste. Dort öffnet sich die Ramla Bay wie eine goldene Mondsichel zwischen den begrenzenden felsigen Anhöhen. Wir können uns kaum der Angebote an Liegen und Strandmaterial erwehren, wollen aber nur kurz bleiben. Obwohl man es hier leicht einen ganzen Tag aushalten würde – warmes Wasser, feiner Sand, milde Sonne, und das Anfang Oktober!
Sanddünen, altes Gemäuer aus der Zeit, als man sich noch gegen die Seeräuber wehren musste, oben am Berghang eine Felsnische – die sogenannte “Grotte der Kalypso”, in der die göttliche Nymphe den gestrandeten Odysseus sieben Jahre lang als ihren Gespielen festgehalten haben soll. Wir bewundern eine seltene Blüte, die Dünen-Trichternarzisse (Pancratium maritimum), einen seltenen Herbstblüher, dann verabschieden wir uns schon wieder von der zauberhaften Ramla Bay.
Dann geht es über Bergstraßen hinauf nach Xaghra (“schara”) zu den gigantischen Megalithkomplexen der Ggantija Temples am Rand des Dorfes. Quer durch das stille (aber stadtähnlich dicht verbaute) Dörfchen weisen uns Tafeln zu dieser ältesten neolithischen Stätte des maltesischen Archipels. Es eines der schönsten Denkmäler aus dem 4. vorchristlichen Jahrtausend, auch weil die Monumente nicht überdacht worden sind. Die touristische Erschließung ist sonst auch hier vorbildlich – ein Eingangsbereich mit Erläuterungen und Ausstellungsstücken, die man sonst nur im Archäologischen Museum in Valletta zu sehen bekommt.
Schon dröhnt es wieder im Kopf, also hinaus ins Freie – dort herrscht afrikanische Hitze, kurz vor der Mittagszeit, gerade noch durch ein Lüftchen gemildert. Aber die Landschaft ist von großartiger Weite, und mitten darin erheben sich die zyklopischen Steinmauern der urzeitlichen Tempel.
Wie durch ein Zeitfenster blickt man durch ein sicher mystisch bedeutsames Loch in der Steinwand in die Urgeschichte, und neben den Steinmauern öffnet sich der Blick in die Gegenwart.
Im Inneren einer mehrere Meter hohen Steinummauerung befinden sich die Reste einiger Altarräume, die man auf dem bezeichneten Weg durchschreitet, und dann steht man wieder draußen in der afrikanisch wirkenden Landschaft. Palmen im Vordergrund, auf den Tafelbergen am nahen Horizont die Umrisse von barocken Kirchen.
Nun geht die Fahrt wieder quer durch Xaghra und über die Hügelzüge nordwärts, wo die verspätete Mittagsrast auf uns wartet. Vorher aber noch Eindrücke der Landschaft mit ihren Trockentälern und Tafelbergen, von der Sommersonne verbrannt und schon auf die herbstliche Regenzeit wartend…
Dann senkt sich das Gelände dem Meer zu, und wie eine Fatamorgana taucht nach all dem ausgedörrten Gestein wieder das Meer auf – die Bucht von Marsalforn.