“Jedermann” im Gasteiner Tal: neuer Wandertipp
1. Juli 2010 von Bernhard Baumgartner
„Jedermann” heißt die Parole für den Kulturbetrieb in der Stadt Salzburg, aber dort ist die Festspielzeit allzu schnell wieder vorbei. In Gastein gibt man hingegen dann noch immer einen „Jedermann”, der sich aber dort auf der Naturbühne zwischen Dorfgastein und Sportgastein abspielt – Wanderungen für jedermann – natürlich geschlechtsneutral gemeint! Einige Tourengebiete sollen dafür als lohnende Beispiele dienen. Vielleicht von Hochtouristen etwas gering eingeschätzt, werden diese Routen für Wanderer, die ein paar Stunden in herrlicher Natur unterwegs sein wollen, gerade passend sein. Noch dazu haben sie den Vorteil, mittels Bergbahnen schnell in die Hochregion zu gelangen und damit hochalpine Erlebnisse genießen zu können. Auch Kinder werden mit solchen nicht zu anstrengenden Touren ihre Freude haben!
Unser Tourenprogramm spielte sich bisher nur bei Dorfgastein an der Ostseite des Tales ab (Fulseck – Schuhflicker), sonst wanderten wir am Gastein-Rauriser-Kamm (aber nicht nur von der Schlossalm aus). Beschreiben konnte ich diese Wanderungen im “Naturfreund” 3 / 2010. Nach dem Wandertipp in das Anlauftal bei Böckstein folgt nun eine (von uns leider nicht ganz vollendete) Tour mit Auffahrt von Badgastein mit dem Graukogel-Sessellift.
Graukogel - Palfner See – Palfner Scharte
Von der Bergstation (1954 m) ging es auf markiertem Weg den Hang entlang – durch eine wunderbare alpine Parklandschaft mit urigen Zirben und Zwergstrauchheiden, dazu die herrliche Aussicht, besonders in das Nassfelder Tal mit Schareck und Rauriser Sonnblick als Hintergrund. Nach der ausgeprägten Bergecke folgte eine flache Querung in den felsdurchsetzten Steilhängen unter dem Graukogel. Aus der folgenden Karmulde (wichtige Wegteilung) erfolgte der steilere Anstieg zum malerisch gelegenen Palfnersee. Ringsum eine Wildnis aus blockigem Zentralgneis, aber der weitere Aufstieg zur Palfnerscharte verlief über wellig über Mulden und Steilstufen höher steigende Rasenhänge. Schließlich erreichte der Steig die Scharte auf 2321 m mit ihrem Prachtblick auf das Tischlerkar mit seinem immer mehr zurückschmelzenden Kees, darüber der Tischlerkarkopf und die Tischlerspitze, wild getürmt drohten die Granitspitzen des Hölltorkamms auf unseren Standpunkt zu.
Leider kein Abstieg zum Reedsee
Die natürliche Fortsetzung dieser leichten Wanderung wäre einerseits über den scharfen Felskamm hinauf zum Graukogel und zurück zur Bergstation. Oder noch besser jenseits der Palfnerscharte der Abstieg über Windschursee und Seekarl zum berühmten, von Zirbenwald umgebenen Reedsee. Dort würde der Steilabstieg ins Kötschachtal hinab erfolgen (direkt über 700 Höhenmeter, bis zum Reedsee etwas verlaufender), und am Gasthaus “Himmelwand” vorbei zieht der bequeme Kötschach-Talweg zum Hoteldorf “Grüner Baum” (insgesamt 6 bis 7 Std.) mit Busanschluss zur Graukogel-Talstation.
Zwar gingen etliche Wanderer, die auf der Reedseehütte (unbewirtschaftet, Alpenverein) nächtigen wollten, von der Palfnerscharte weiter. Uns waren aber die Wetteraussichten für diese lange Überschreitung doch etwas zu unsicher, also stiegen wir wieder zum Palfnersee ab und hielten dort beschauliche Mittagsrast. Trotzdem wurde der Rückweg zur Graukogel-Bergstation auch noch eine so hübsche Wanderung, dass ich diese Route nur empfehlen kann. Tatsächlich begann es später bei Lift-Talfahrt bereits zu regnen…
Traumweg über die Palfner Hochalm
Vom See ging es in langer Querung durch die Karböden weiter, immer nahe der Trogschulter und mit herrlichster Aussicht auf die westliche Gasteiner Talseite und talaus zum Hochkönig. Erst zuletzt etwas steiler bergab wurde die aufgelassene Palfner Hochalm erreicht, wo sich die Markierung scharf rechts unterhalb der Trogabbrüche in den unteren Karboden hinein wendet. Das Gelände im obersten Bergwald, mit Zirben und Lärchen, durchsetzt mit Alpenrosen und Heidelbeergestrüpp, aus dem riesig und köstlich die reifen Heidelbeeren leuchteten. Von schon immer drohenderen Wetterwolken getrieben, ließen wir uns hier (wieder leider) viel zu wenig Zeit zum Genießen. Von der Kreuzung mit dem Aufstiegsweg an ging es dann ruckzuck auf bekannter Strecke zurück zur Bergstation. Die zuletzt erhofften Heidelbeergenüsse konnten natürlich nicht mit dem Angebot im einsamen Kar unter Palfner Hochalm mithalten.
Gehzeit für den Aufstieg von der Graukogel-Bergstation zum Palfnersee ca. 1 1/4 Std. und weiter zur Scharte ca. 3/4 Std., insgesamt mit Rückweg ca. 4 1/2 Std.