Malta / Gozo: Erinnerung an das “Azure window”
9. März 2017 von Bernhard Baumgartner
Die Nachricht hat wirklich und auch im übertragenen Sinn wie eine Bombe eingeschlagen:
Das “Blaue Fenster” (Azure Window) auf der maltesischen Insel GOZO ist eingestürzt!
Damit ist eines der attraktivsten Ziele für den Tourismus in Malta unwiederbringlich verloren… Aus diesem Anlass krame ich meine Bilder und Erinnerungen an den Karsamstag, 4. April 2015, aus und berichte, wie wir an diesem Tag den Ausflug nach Gozo mit dem Hauptziel Azure Window erleben konnten.
Zeitpunkt der Aufnahme 6.51 Uhr, wir landen bereits in Mgarr, dem Fährhafen von Gozo, Tagwache war um 6 Uhr, BMW-Rekordzeit von St. Julien nach Cirkewwa 25 Minuten mit unserem Sohn Hannes als Pilot und Guide, Frühstück auf der Fähre… Später wird sich herausstellen, dass diese Einteilung sehr sinnvoll war!
So blitzschnell wie möglich “schoffürt” uns Hannes weiter nach Victoria, der zentralen Stadt Gozos, doch die anschließende Hauptstraße zur Westküste ist gesperrt! Also müssen wir über Marsalforn ausweichen – dadurch lernen wir auch diesen wilden und einsamen Küstenabschnitt kennen. Mehrfach geht es an alten Salzbecken vorbei, außerdem bewirkt der Wechsel von harten zu weichen Gesteinsschichten ganz abenteuerliche Geländeformen.
Im Gegensatz zu einem früheren Ausflug fahren wir nicht nach Zebbug hinauf, sondern bleiben an der siedlungsleeren Küste, wo aber bald eine typische Landschaft für das liebliche Gozo anschließt.
Hier gäbe es ein überaus seltenes und lockendes Ziel (das wir allerdings in unserem Leben leider nicht mehr erreichen werden) – Ghasri Bay – völlig einsam und abgeschieden. Bei Stürmen aus Nordwest (wie sie auch in den letzten beiden Tagen letztlich zum Einsturz des allerdings schon etwas bröckligen Azure Windows geführt haben) wird das Meerwasser weit in dieses enge Tal hinein gedrückt und füllt es mit einer katastrophalen Flutwelle aus! Gut, das hätten wir nicht erleben wollen, vielmehr die wunderbar bunte Frühlingsflora dieses Jahres.
Vom Berg schaut wohl Zebbug herunter (mit typisch maltesischer Kirchenkuppel und ebenso charakteristischen Neubauten). Aber neben der schmalen Nebenstraße, die noch dazu kurz danach durch Bauarbeiten noch einmal zu einer Umleitung zwingt, steht ein turmartiger Bau inmitten der Kulturen. Solche wehrhafte “Burgus” stammen noch aus der arabischen Zeit Maltas im Mittelalter, Wohntürme mit Viehstall im Untergeschoß und darüber der gesicherte Raum für die Bewohner.
Endlich durchfahren wir San Lawrenz (die Kirche dort hat ganz eigenartige Seitenkuppeln über den Langhauskapellen), und es geht bergab zur Küste. Vor uns öffnet sich die von Felsmassiven gesäumte Dwejra-Bucht mit Merkwürdigkeiten, die man sich nicht einmal erträumen würde!
Da ist zunächst der “Inlandsee” – durch eine Felsspalte mit dem offenen Meer verbunden hat sich in einer großen Karstmulde ein See gebildet, und wenn nicht zu hohe Wellen branden, fahren die Ausflugsboote vom See durch diesen Spalt hinaus aufs Meer und ein Stück die Felsküste entlang. Ob sie auch zum sogenannten “Pilzfelsen” kommen, weiß ich nicht, jedenfalls nicht an diesem stürmischen Tag. Dabei wäre diese schroffe Felsinsel der nächste Höhepunkt – auf ihr wachsen nämlich die “Malteser Schwämme”, ein pilzartiges Gewächs, dessen Fruchtkörpern Wunderkräfte zugeschrieben wurden. Von den Ordensrittern wurden sie u. a. zum Behandeln von Wunden als Blutstiller eingesetzt. Ihr Wert war derart hoch, dass der “Fungus Rock” streng bewacht wurde (die Türme oberhalb der Bucht sind noch erhalten) und Diebstähle mit Verbannung zum Rudern der Galeeren bestraft wurden. Die Einkünfte mit dem “Pilzhandel” werden wohl auch ungeheuer gewesen sein! Eine wissenschaftliche Untersuchung in den 1960er Jahren ergab jedoch die Wirkungslosigkeit…
Vom Fungus Rock – dem “Pilzfelsen” – wenden wir uns nun der wichtigsten Attraktion zu – anschließend an den schroff und scharf zerklüfteten Felsstrand erblickt man zur Rechten das “Blaue Fenster”, eine Felsbrücke zu einem hochragenden Steinpfeiler über dem tobenden Meer. Unser Vorteil (wegen dem frühen Aufbruch) – dieses Schaustück ist völlig menschenleer! Sonst krabbeln dort oben und davor die Touristen herum, seit Jänner war jedoch das Betreten wegen der zunehmenden Erosion und Einsturzgefahr verboten!
Nachdem wir immer noch nicht genug herumgestiegen sind und zahllose Bilder geschossen haben, wird es Zeit für den Abschied, zugleich mit dem Eintreffen der ersten Touristenbusse. Nach diesem extrem wilden Küstenwinkel wollen wir noch einen typischen Hafen an der Südküste besuchen!
Die Fahrt dorthin geht wieder über San Lawrenz und Victoria, dann hinab zu einem malerischen Fjord mit dem alten Fischerort Xlendi (“Schlendi”).
Bei unserem letzten Besuch im Oktober 2014 bin ich über den Felsensteig vom Kai aus zu einem luftig-eindrucksvollen Aussichtspunkt hinaufgestiegen. Diesmal wollen wir den Fjord entlang wandern und die herrliche Frühlingsflora genießen.
Bei einem Wachturm an der Einfahrt in den Fjord kommen wir zu ganz absonderlichen Felsformationen, harte Korallenkalkplatten im Gegensatz zum Globigerinenkalk, dem weicheren Hauptbaustoff des alten Malta. Aus der Fülle von Blumen zeige ich nur diese wild wachsende Felsen-Levkoje.
Ein Traum, im Hotel am Hafen den Sonnenuntergang zu genießen und hier spannende Tage zu verbringen… Die anschließende Einkehr in einem traditionellen Fischrestaurant muss uns genügen… Als Abschluss des Tages fährt Hannes mit uns nach zum Gut Ta Mena, wo er den herrlichen Wein bezieht und wo es alles gibt, was man aus Feigen, Paradeisern, Kapern, Oliven und den saftigen Naturorangen machen kann.
So zeigte sich die Frühlingslandschaft von Malta und Gozo im üppigen Frühjahr 2015, weithin leuchten die Berghänge im Rot der Süßkleebüsche, und an den Rainen blüht die sonnengelbe “Daisy”… Stimmungsvoller können Erinnerungen nicht sein, noch dazu weil die Rückfahrt mit der Fähre Bilder zeigt, die malerischer nicht sein könnten…