Wieder einmal – zum Blumenstudium auf die Student
21. Juni 2018 von Bernhard Baumgartner
Den Hausberg von Halltal haben wir schon in frühen Jahren von allen Seiten erkundet – schon für das “Mariazeller Bergland” (3. Wanderführer mit Werner Tippelt, NP-Buchverlag 1977), später noch für meinen Führer “Wandererlebnis Mariazeller Land & Ötscher” (Residenverlag 2006, Lektorat bereits Sonja Franzke). Es hat sich dabei herausgestellt, dass MARIAZELL jedesmal kein Verkaufsschlager war, denn alles konzentriert sich dort mehr auf Wallfahrt und Urlaub…
Ganz genau beschrieben habe ich alle Routen auf diesen Lieblingsberg im “Wanderparadies Voralpen. Zwischen Mostviertel und Mariazeller Bergland” (NP 1996) sogar mit einer Abhandlung über dieses interessante Massiv. Zuletzt war ich wohl mit Tourenschi oben, eine anstrengende Partie bei viel Schnee, die mir noch gut in Erinnerung ist, aber in meinem Bildarchiv (noch nicht digital, also vor 2006) kaum aufscheint.
Bei den schönen Naturbildern im Facebook war ich schon fest entschlossen, mit Anni wieder zum “Blumenstudium” auf der Student aufzubrechen. Doch wegen dem hohen Sonnenstand, jetzt zum Sommerbeginn, war auch der Türnsee (von Rotmoos im Salzatal gegen den Hochtürnach, siehe “Wandererlebnis Ötscher & Ybbstaler Alpen”, Neuauflage Kral-Verlag 2018) verlockend. Jedenfalls standen wir gestern zeitig auf und fuhren los – im Halltal war es erst nach 7 Uhr! Und da kam uns die Idee, die Morgenkühle an diesen heißen Tagen besser so zu nutzen, dass wir gleich auf die Student wanderten, ab beim Parkplatz an der Salza (Abzweigung Halltal, Ortsende gegen Mariazell) um halb acht Uhr, noch angenehm frisch!
Über die Salzabrücke, links am Bauernhof vorbei und den gut geschotterten Güterweg aufwärts, im nächsten Wäldchen ein Wegweiser rechts in Gestrüpp (hätte uns zu denken geben sollen). Wir gingen aber kurz danach einfach über die Wiese hinauf, durch ein Zaungatter und über die Viehhalde geradeaus weiter zum Waldrand mit einer “Schussluckn”. Im Führer heißt es etwas sporadisch – hinauf zum Waldrand, sonst aber hat alles noch immer gestimmt, obwohl das Buch von 2006 ist. Gestimmt hat auch der Hinweis auf das sumpfige Gelände, aber so nass und tiefgründig hatte ich die Wegspur nicht in Erinnerung! Dann steil über dem Haselgraben entlang aufwärts, passt auch, der folgende Fichtenbestand schon ganz schön hochgewachsen, aber mit gutem Weg.
Nun geht es erst richtig los – der früher so nette Weg ist ausgewaschen, immer wieder sehr feucht und vor allem – je weiter hinauf umso mehr – dicht verwachsen. Zwei schöne “Zaungäste” hat Anni abgebildet – Österreichische Gemswurz und Großblütiger Fingerhut (die gelbe Art der Kalkalpen im Gegensatz zum Pupur-Fingerhut des Silikatzonen). Kein Wunder, denn hier hat sich durch Abholungen (vor allem nach den ausgedehnten Windbrüchen?) die Berglandschaft völlig verändert! Der Hochwald besteht nur mehr aus Restbeständen, sonst wuchert alles grün und grüner, brusthoch verwachsen, nicht nur mit hübscher Hochstaudenflora… Die Wegspur ist dazwischen gerade nur erkennbar, natürlich sind wir nass bis über den Bauch hinauf… Also nichts war´s mit dem alten schönen Bergweg, aber nach zügigem Stapfen langten wir doch endlich bei der schon dringend erwarteten Forststraße am Kampl an. Dritter Akt – nach Sumpf und Holzschlag – grobschottrig und neu breit ausgebaut, was war das früher für ein moderater Fahrweg! Mit schöner Aussicht geht es nun um den Bergrücken herum ins Hochtal zwischen Studentleiten und Großkogel (wie der Haselspitz mit dem großen Gipfelkreuz auch genannt wurde, Hohe Student ist völlig falsch – dieses Kartenproblem ist von mir schon vor Jahrzehnten erledigt geworden….).
Dann kommt endlich die Abzweigung des alten markierten Weges, wieder sehr nett, wenn auch einige Windbruchgassen. Die vielen Gefleckten Knabenkräuter bleiben nun zurück, zwischen die Hochstaudenflora mischen sich selten Waldhyazinthen, und am Wegrand haben wir (erst beim Abstieg) einen kleinen Schatz entdeckt – das Einblütige Wintergrün mit dem hübschen Beinamen “Moosauge” (schwer zu fotografieren, denn verschämt hält es sein Auge zum Boden gewandt). Bei der sagenumwobenen “Hundsklamm” (alles in meinen Büchern) ist fleißig ausgeschoben worden, aber schon wieder verwachsen. Oberhalb ein flacher Boden (Weißer Germer), der mir bei der Beschreibung entgangen ist, und noch ein flacher Boden mit viel Heidelbeersträuchern (oben überall sehr häufig, aber kaum fruchtend), etwas Germer und Wegkreuzung – Farbmarkierung ausreichend, gelbe Wegtafeln fast reichlich. Hier links hinauf zum Hauptgipfel, weil dort das große Gipfelkreuz steht – Haselspitz, früher (?) auch Großkogel genannt, eben die Bergspitze über dem Haselgraben (Riesenquelle und Wildbach hinab nach Halltal-Ort), keinesfalls Student (wie ein paar Gscheitlinge im Gipfelbuch herumgeschmiert haben…).
Die Student ist eigentlich ein Waldberg, noch besser ein “Waldgrenzberg” mit höchstens etwas über 1500 m Gipfelhöhen! Die zwei nahe beieinander liegenden Gipfel – der Haselspitz und die Hohe Stundent (kommen wir bald hin) sind waldfrei – noch! – denn kleine Fichterl kämpfen sich schon von den Waldrändern darunter hinauf zu den steinigen Rasenflächen. Über die richtige Bezeichnung bin ich mir nicht klar, am ehesten noch HOCHMONTAN mit SUBALPINEN Elementen. Beim Gipfelkreuz nach guten zwei Stunden zügigen Aufstiegs ist es ganz schön kühl, weil sich die Wolken vorübergehend verdichtet haben. Aber gute Fernsicht, und zu meiner Überraschung schaut gerade noch das “Turmtriumvirat” der Mariazeller Basilika über den Waldsaum der Bürgeralpe her!
Statt der Gefleckten Knabenkräuter gibt es hier ebenso dicht die Mücken-Händelwurz (womöglich sogar die Duftende?), weniger zahlreich die Höswurz (Weiße Händelwurz oder richtiger Pseudorchis albide), oft die Kugelorchis (Traunsteinera globosa), Alpen-Nelken, sogar Kohlröserl (Nigritella spez., für mich Rotes K., nicht näher bestimmt) usw. aber vor allem hier überaus häufig einen kleinen Farn – die Mondraute! Wir schließen dann den Übergang zur Hohen Student an: Südöstlich über den etwas steilen Rücken auf spärlicher Steigspur hinab in eine Senke, dann um die nächste Erhebung rechts herum zu einer noch größeren Mulde, dann im Waldsaum hinauf zum nächsten Rücken südwestlich der Hohen Student. Hier hat sich die Wegführung anscheinend geändert (früher bin ich gleich rechts hinunter zum Hüttenweg und links zur Schutzhütte gegangen). Nun ist am Rücken hinauf ein Steig vorhanden, mitten durch die tollste Blumenpracht – verblüht allerdings schon Clusius-Primeln (“Jagabluat”), Silberwurz, Großblütiger Enzian, Alpen-Anemonen. Sonst alles reichlich vorhanden samt Alpen-Heckenrose und Steinquendel, eine niedrige Kiefer dürfte angepflanzt sein (?wozu?), aber gleich danach vor dem Gipfel eindeutig ein Latschfleck! Dann stehen wir beim kleinen Gipfelkreuz mit vielleicht noch fantastischerer Rundsicht, wenn eine Steigerung möglich ist.
Nun geht es den freien und noch immer überwältigend blumigen Südhang auf spärlicher Steigspur hinab zum “Plotschenboden” (Legerflur der einstigen Alm, voll von Lattich zugewachsen), der sogar gemäht ist. Rastpause nicht in der Hütte (für Schlechtwetter ausgerüstete Schutzunterkunft des Mariazeller Alpenvereins und ? der Gemeinde Halltal), sondern auf der gemütlichen neuen Bank davor. Mittagspause – abmarschiert wird genau um 12 Uhr.
Der alte Alm- und Hüttenweg führt nun westwärts unter den Gipfelhöhen zurück zum “Oberen Heidelbeer- und Germerboden”, wieder hübsche Hochstaudenflur und eingemischte Orchideen (auch Großes Zweiblatt und Grüne Hohlzunge), bis zur gut beschilderten Wegkreuzung. Vor dem Abstieg, nun schon in der Mittagshitze, graut uns etwas, war auch wirklich nicht gerade ein Genuss, um es mild auszudrücken. Trotzdem kommen wir ohne größere Rutscher (bergab und heinein ins Sumpfige) gut auf direkter Route wieder nach Halltal. Am Rand der Feuchtflächen neben der Salz sehen wir (wieder) eine Spezialität dieser Gegend – die meterhohe Breitblatt-Glockenblume mit ihren gut 6 cm langen Einzelblüten.