Malta: Vom Naturschutzgebiet zur Strandpromenade
8. Dezember 2015 von Bernhard Baumgartner
Pembroke – Sliema – Tigne Point
Donnerstag, 22. Oktober: Im Reisetagebuch ist ein typisches Malta-Wetter verzeichnet – vormittags aufgelockert bis gering bewölkt bei starkem Wind aus West, die morgendliche Kühle weicht bald wärmeren Temperaturen, mittags hat es sicher über 21 Grad; aber nachmittags kommt ein Gewitter samt Regenschauer, danach ist es bald wieder aufgelockert.
Eine “Naturwanderung” steht am Programm – fast unglaublich, wenn man in Paceville bzw. St. Julian´s wohnt! Aber wir kennen schon von unseren beiden anderen Maltaauftenthalten (Oktober 2014 und März / April 2015), wie gut das funktionieren kann! Zuerst jedenfalls geht es durch das vormittägig ruhige und ganz “unverdächtige” Vergnügungsviertel hinunter zur St. Georg´s Bay.
Von der Bay folgen wir einer Seitenstraße hinauf zur Anhöhe von Pembroke (im vorigen Bild das Radison Blue), einerseits die tollsten Hotels (Corinthia), oberhalb ein pompöses, aber eher desolates Gebäude (wohl ein ehemaliges Offizierskasino aus der britischen Zeit). Neben dem Radison Hotel hat man eine hübsche parkartige Anlage errichtet, Kinderspielplätze und Sportflächen, Rasenflächen und Blumenbeete, alles für die daneben entstandenen Wohnsiedlungen. Aber weiter dem Meer zu wird das Gelände schon ursprünglicher – Steinflächen mit Büschen und Trockenrasen, bis hin zum Strand, wo das Meer im heftigen Wind ganz schön tobt (Bilder von Anni).
Quer über dieses Gelände zieht sich ein betonierter Weg, mit einzelnen naturkundlichen Infotafeln versehen – der HERITAGE TRAIL, also ein vor gar nicht so langer Zeit angelegter Naturlehrpfad. Neben dem Strand, der hier voll felsig, aber flach ist und trotzdem kaum zum Baden taugt, ist ein fabriksartiges Gebäude abgezäunt, wohl eine Meerwasser-Entsalzungsanlage? Und eigenartige Wälle und Unterstände gibt es – sicher etwas Militärisches – und da knallt es auch schon. Aber nicht wie sonst vielfach von den Jägern, sondern tatsächlich von Schießübungen. Eine uns entgegen kommende Dame, die hier ihren Hund ausführt (sehr beliebt, wie an den “Spuren” zu erkennen), warnt uns: Wenn die Fahnen ausgesteckt sind, wird scharf geschossen! Da sehen wir auch schon die Warntafeln, die also wirklich aktuell sind!
Nach dem Abzug der britischen Truppen, die hier in Pembroke wie auch andernorts ihre Kasernen und Übungsflächen hatten, wurde das Gelände samt den Anlagen an die Maltesische Regierung übergeben. Teilweise versuchte man, die Gebäude für anderen Nutzungen zu reaktivieren, man sieht aber auch immer wieder verfallende Objekte. Nun, dafür interessieren wir uns ohnehin nicht! Aber bereits im Frühjahr entdeckten wir, dass sich auf diesen Gar(r)igues (steinige Heideflächen) ein kleines Orchideeparadies ausbreitet! Darüber habe ich im Blog schon berichtet, aber was könnte es jetzt im Herbst hier geben?
Da gibt es (nur?) eine Möglichkeit: Spiranthes, nach dem eigenartigen Blütenstand Wendel- oder Drehähre, Drehwurz, Wendelorchis oder Schraubenständel benannt! Die noch seltenere Art, Sommer-Wendelähre, haben wir sogar schon einmal gefunden, nämlich in einem Kalkniedermoor im Gebiet des Keutschacher Sees. Diese hier ist die Herbst-Wendelähre, und nach einigem Suchen finden wir immer mehr der gerade schön aufgeblühten Exemplare, für botanisch besonders Interessierte ein schönes und seltenes Erlebnis!
Was uns schon vorher aufgefallen ist – die frischen Blattrosetten der Meerzwiebel, oft überragt von den vertrockneten Fruchtständen (Blütezeit im August, da werden wir kaum ins südliche Mittelmeergebiet kommen…). Aber noch etwas Interessantes gibt es – die kargen Rasenflächen sind übersät mit weißen Sternblüten!
Sonst ist die Vegetation von den Hitzezeiten der “afrikanischen Sonne” Maltas gezeichnet, aber man merkt auch schon, dass die ersten herbstlichen Niederschläge einen grünen Schleier über die Landschaft breiten.
Neben diesem kleinen botanischen Exkurs ist es wieder die von den Wellen zerfressene Steinküste, die immer wieder faszinierende Bilder bietet.
Sliema und Tigne Point
Ein ganz anderes Bild der Maltesischen Küste bietet sich im Stadtbereich von Sliema. Dort zieht auf hohen Mauern über den felsigen Strandterrassen eine wunderschöne Promenade von der Balluta Bay über den Tower und die Fortizza bis gegen Tigne, wo der “Strand” (wenn man den Steilabfall so bezeichnen kann) von Hochhäusern und neuesten Bauobjekten versperrt ist. Bis dorthin, wo die viel befahrene Straße einem Tunnel zustrebt, kann man herrlich flanieren, immer wieder einkehren und vor allem den Ausblick genießen. Bei hohem Wellengang, wegen der häufigen Winde eigentlich fast normal, sind die Bilder mit den heranrollenden Wogen und dem Aufspritzen der Gischt ganz einmalig und eigenartig, wenn man im Rücken die hochragenden Häuserfronten spürt – ein voll städtisches Ambiente im Kontrast zur Urnatur des Meeres.
Dieser Abschnitt der Küste zwischen Paceville / St. Julian´s ist also zum Spazieren am besten geeignet, sogar Parkanlagen unterhalb der Mauern gibt es und trotz hohem Wellengang benützte Badegelegenheiten auf den Klippen und gemütlicher in den ruhigen Felswannen dahinter. Noch dazu ist hier an der “offenen” Küste das Wasser viel sauberer als in den Buchten mit ihren Schiffsanlagern.
Für die Promenaden jenseits des weit zum Eingang des Marsamxett Hafens vorspringenden Kap Tigne mit dem alten Fort Tigne fahren wir am liebsten mit Bus Richtung Valletta bis zur Station Ferry. Dort legt, wie der Name schon sagt, das praktische Fährschiff hinüber nach Valletta ab. Wir gehen aber auf der Promenade nicht weiter den Sliema Creek entlang, sondern in Gegenrichtung zum Tigne Point.
Die Nordseite Vallettas hat man hier prächtigst gegenüber, und auf einem gärtnerisch toll gestalteten Spazierweg kommt man bis zum (abgesperrten) Fort Tigne. Einerseits begleitet von neuen und höchst exklusiven Wohnanlagen, meerseitig gibt es Felsterrassen, wo sich mutige SchwimmerInnen nicht abhalten lassen, ins Wasser zu gleiten …
Wie die kühne Schwimmerin wieder aus dem Wasser gekommen ist, konnte ich nicht abwarten, denn sie schwamm unverdrossen, und das am 23. Oktober! Auf der Pjazza Tigne gibt es jede Menge Geschäfte im mehrstöckigen Shopping Center mit seinen tiefer hinabreichenden Etagen. Als Einkehrmöglichkeit bevorzugen wir jedesmal das “Café French Affairs” mit dem für mich besten Cappucino und grandioser Auswahl an süßen Verführungen…
Zum Abschluss des Tages war ich wieder sehr froh, immer die winzige Canon IXUS in der Jackentasche mitzuhaben, denn um die beiden letzten Bilder wäre mir schon sehr leid gewesen…