Pfingstrosentour zu Fronleichnam
5. Juni 2015 von Bernhard Baumgartner
Eine der Besonderheiten im Reisalpengebiet – nämlich eine botanische! – ist das Vorkommen der sog. Korallen-Pfingstrose / Paeonia mascula. Janchen (Flora von NÖ …) schreibt darüber: Nordhang des Göllers (daher auch “Göllerrose”), oberstes Traisental auf der östl. Talseite zw. Kernhof und St. Aegyd, Südwesthang der hinteren Lilienelder Alpe (= Reisalpe!) gegen das Hohenbergtal (nach Halacsy 1896 !).
Ich weiß von der Wiederentdeckung dieses Vorkommens folgendes: Die Geschichte beginnt beim Rumpelbauern hoch über Innerhallbach, der über diese wild wachsenden Pfingstrosen dem dort zuständigen Rauchfangkehrer Josef Kram aus St. Veit berichtete. Dieser gab die Nachricht an den damaligen Gemeindearzt (vor mehr als 20 Jahren) MR Dr. Otto Hausleitner weiter, mit dem wir die Pfingstrosen aufsuchten. Inzwischen wurde dieses Vorkommen der Korallen-Pfingstrose auch offiziell begutachtet, und Prof. Manfred Fischer schreibt in der “Exkursionsflora”: Sehr selten, Berge um das obere Traisental, wohl lokale Neubürgerin (vermutlich ehedem angesalbt oder Verwilderung einer ehemaligen Zierpflanze, Heimat Südeuropa bis Westasien).
Unsere Merkhilfe war der 1. Juni als Hochzeitstag, an dem wir die Pfingstrosen in schönster Blüte antrafen, und jetzt war es wieder einmal Zeit für dieses Blumenerlebnis! Termin 4. Juni, ein trotz angekündigter Hitze frischer Morgen, Zufahrt über Hohenberg ins Andersbachtal. Unterhalb vom Stadlerhof stellen wir das Auto ab, und als wir den “Stadler” (Herr Günther) gerade im Hof antreffen, haben wir gleich Gelegenheit zu einem Plauscherl. Zuerst wegen dem Parken gefragt, kein Problem – was für eine angenehme Erfahrung!!!! – und gleich einige Auskünfte, die neu für uns waren. Erstens – ein Verwandter kennt die “Göllerrose”, weil er Halter auf der Hofalm war! Leider haben wir keinen anderen Hinweis auf das Vorkommen im oberen Traisental. Zweitens – der Standort ist Einheimischen bekannt, wird immer wieder aufgesucht und auch vom Herrn Günther vulgo Stadler sehr geschätzt. Während er mit dem Auto über die relativ neue Forststraße zum Vieh hinauffährt, nehmen wir den markierten Reisalpenweg.
Die “Stadler-Bergwiesen” (hier mit Blick zum Gippel und Göller) sind einmalig schöne Naturwiesen, blumenbunt und “unbewirtschaftet” – gemäht wird erst! Hier einige Aufnahmen von Anni (diesmal haben die Kameras getauscht, und tatsächlich hat sie mit “meiner” P 510 fast alle Bilder scharf bekommen, während ich mit “ihrer” P 500 bei den Makroaufnahmen nur unscharfe Bilder produziert habe… also?…..).
Der Weg zieht in weiter Kehre über die Wiesen hinauf, am Waldrand unter überhängenden Zweigen, dann als Waldpromenade und steiler Hohlweg weiter. Es ist wohl der alte Auftriebsweg zur Brennalm, tief in den Waldboden eingesenkt und von Steinwällen begleitet. Ein altes, leider arg vernachlässigtes Kreuz mit dem Hl. Leonhard ist ein weiterer Hinweis darauf.
Der am Südhang stockende Hochwald hat vielfach eine typische Flora, auffallend der viele Lorbeer-Seidelbast (jetzt fruchtend) und die massenhaften Waldvöglein – das Schwertblättrige schon fast über die Vollblüte hinaus, das Cremeweiße gerade im Aufblühen.
Weiter oben kreuzen wir die Forststraße und biegen dann östlich auf die in der ÖK sehr gut dargestellte Wiesenfläche ab – ein überraschend flaches Plateau, als Almboden vor etlichen Jahren bearbeitet, vermutlich Standort des abgekommenen Gehöfts Peilsteiner.
Mein Tipp für alle Naturliebhaber und verantwortungsbewusste Besucher – beim Almzaun rechts herum gehen. Den kleinen und höchst verborgenen Standort zu finden, ist ohnehin nicht leicht! Sogar wir gehen zuerst links herum und gelangen im Wald auf die Felsabbrüche gegen den Schwarzenbachgraben gegenüber dem Rumpel.
In der südöstlichen Wiesenecke finden wir endlich den Zustieg, vorbei an Blockformationen, die auf alte Steinhütten zurückgehen könnten (inmitten der Almwiese befinden sich eine anscheinend intakte und wenige zerfallene Blockhütten). Der Herr Günther hat uns schon darauf hingewiesen, dass die vor einer Woche noch knospigen Pfingstrosen jetzt sicher voll aufgeblüht sein könnten. Tatsächlich haben sie auf den besonnten Plätzen der vielleicht 100 Quadratmeter großen, steil von der Bergflanke abfallenden Lichtung die Vollblüte schon überschritten. Der Standort ist auch ringsum weiter zugewachsen, vor langen Jahren konnte ich noch ein Bild mit der Rax im Hintergrund aufnehmen.
Anscheinend haben frühere Besucher ein paar Blütenstängel umgetreten, was keinesfalls passieren darf, denn jede Samenkapsel, die ausreifen kann, ist kostbar und sichert den Bestand (sehr positiv auffallend waren Jungpflanzen mit noch kleinen Blattaustrieben)! Eine abgebrochene Knospe haben wir zuhause eingewässert, und über Nacht ist sie wunderschön aufgeblüht, wie das Bild zeigt.
Nach einer “Fotoorgie” machen wir uns an den Rückweg, versäumen aber nicht, den nahen Parade-Aussichtsplatz zu besuchen – die Stadlerwand! Herrliches Panorama vom Felsabbruch mit Schneeberg, dem nahen Hohenberg Höger, Gippel und Göller, Traisenbergzug über Gschwendt bis zum Türnitzer Höger.
Sogar einen hölzernen Lehnstuhl gibt es! Ich glaube mich zu erinnern, dass auf der merkwürdig flachen Verebnung neben der Felskante im 2. Weltkrieg ein Flugbeobachtungsstand war – der südliche Horizont, von dem die aus Italien zufliegenden Bomber herankamen, ist ja hier perfekt auszumachen… Gott sei Dank leben wir inmitten einer verrückten, unmenschlichen und gewalttätigen Welt wie auf einer friedlichen Insel, vor allem auf so einsamen Bergen!
Für den Rückweg nehmen wir dieselbe Route, schön schattig im Wald und sogar auf den Wiesen trotz der Mittagszeit nicht zu heiß. Die “Göllerrosen” sind jedenfalls für dieses Jahr absolviert, und wenn ins facebook schaue, wo die schönsten Gipfelberichte mit einer unglaublicher Fülle von “Subalpinen” gezeigt werden, weiß ich – nichts wie hinauf zu den Höhen!
1 Reaktion zu “Pfingstrosentour zu Fronleichnam”
Wunderschön!! Vielen Dank fürs Mit-Erleben lassen!