Westerach-Hochalm, ein Geheimtipp in Kirchberg / Tirol?
30. Juni 2014 von Bernhard Baumgartner
Im Gegensatz zum ersten sonnigen Wandertag rund um den Hintersteiner See, lässt der folgende Tag (Dienstag, 17. Juni) nur grauen Himmel sehen. Also kein hohes oder weites Ziel, gleich von Kirchberg hinein ins Spertental nach Aschau. Dort haben wir schon im Winter gesehen, dass für die Fahrt in den Unteren Grund ein Mautschranken eingerichtet wurde. Auf unsere Frage, wie weit man um die vier Euro fahren dürfe, lautet die Auskunft – 9 1/2 km! Also das ist schon ganz schön weit drinnen… besser im Hochtal herumzuspazieren als hier herunten…
Bald haben wir die im Winter gestapfte Strecke bis zum Wegkreuz unterhalb der Hintenbachalm hinter uns gebracht. Die Schaukäserei wäre hier verlockend, aber wir folgen noch der asphaltierten Straße und zweigen sogar rechts über den Seitenhang hinauf zur Labalm ab. Irgendwo müssen wir da vor einigen Jahren auf den Tanzkogel gestiegen sein, aber genau lässt sich das nicht mehr ausmachen. So fahren wir zurück zum Tal, und nun geht es auf sandigem Fahrweg talein weiter. Ein gewaltiger Erdrutsch hat das Verlegen der Straße an den Hang notwendig gemacht, das kennen wir alles noch nicht und ebenso wenig den weiteren Talverlauf.
Bei der Karalm weitet sich der Talboden, hier sind am vorhergehenden Wochenende als festliches Ereignis wunderschöne Pferde auf die Alm gekommen. Voraus schaut die Kar-Hochalm vom steilen Hang herab, und schon kann es nur mehr vorwärts gehen – schmal und ausgefahren ist die Wegtrasse, und man kann nur hoffen, keinen Gegenverkehr zu haben! Schließlich landen wir in einer Kehre kurz nach der Abzweigung zur Steinfeldalm, wo sich der Fahrweg an einer gerade wiederkäuenden Kuhherde vorbei nach rechts zur Stallbach Hochalm wendet. Nun ist Schluss! Gerade genug Platz, um das Auto abzustellen, und schon geht es los – mit Bergschuhen und Wetterschutz natürlich, aber sonst völlig ungerüstet, was Jause und Getränk betrifft. Aber was soll´s, wir steigen eben weiter hinauf, so lange es geht und trocken bleibt…
Der Steig verläuft den gischtenden Bach entlang, und ringsum “glühen” die Hänge in der Almrauschblüte! Also ganz einmalig und überraschend für uns, die wir nur mit einem kleinen Spaziergang gerechnet haben. Bei einem Block teilt sich der Weg, links geht es den Steilhang hinauf zur Herrensteigscharte als Übergang in den oberen Pinzgau. Zum Glück haben wir wenigstens eine genaue Karte mit (beim Mautschranken frei erhältlich!), und diese weist uns ins Tal hinein Richtung Geigenscharte. Kurz vor diesem zweiten Übergang in den Pinzgau bzw. dem Zustieg zu den Gipfeln Geige und Gamsbeil befindet sich die Westerachalm, das könnte ein für uns gerade noch passendes Ziel sein.
Im bald schluchtartigen Taleinschnitt wird es bald vorfrühlingshaft – Schneebrücken verdecken noch teilweise den Bach, und daneben blühen die “Eisglöckerl”, die Alpen-Soldanellen. Der schmale Steig quert übers Wasser und windet sich zwischen Felsblöcken hindurch, neben weißem Hahnenfuß (Platanen- oder Eisenhutblättrigem), der noch ganz klein ist, herrschen Dotterblumen vor! Dann leuchtet es weiß vom Steilrand neben einem Wasserfall – es sind eine ganze Menge von Alpen-Anemonen.
Dann steigt der teilweise verrutschte Steig am linken Steilhang hinan, bis sich das Gelände unvermittelt zurücklegt und die Almmulde mit zwei Hütten erreicht ist. Von ca. 1500 m sind wir inzwischen schon auf fast 1900 m heraufgekommen! Nur mehr wenig mehr hundert Höhenmeter wären es bis zur Scharte hinauf. Aber wir bleiben bescheiden – kein Sonnenstrahl, aber auch kein Regentropfen… und keine Jause… also genug gewandert, müssen wir doch auch wieder hinunter.
Und geht Anni vielleicht fensterln???
Also zur Not könnten wir trotz der spärlichen Einrichtung hier unterschlüpfen, wenn etwa ein plötzliches Gewitter sich zu entladen drohte! Brennholz und sogar ein Sofa vorhanden, Zündhölzer hätten wir selber im Rucksack, Kerzerl stehen am Tisch… Aber indem es immer noch trocken bleibt, wenn auch vom Pinzgau ein scharfes Lüfterl herüber weht, ziehen wir doch unsere gemütliche Fewo in Kirchberg vor!
Der Große Rettenstein beherrscht das Tal, aber auch das nahe Gamsbeil wäre wie die Geige oder die Geigenscharte bei Schönwetter ein lohnendes Ziel. Wir streben nun über den sumpfigen Almboden wieder der Schlucht zu, und dort gibt es beim Anemonen-Standort neben dem kleinen Wasserfall allerlei Verrenkungen, um die Blüten schön ins Bild zu bekommen.
Anni gelingt dann in Gegenrichtung (talab) ein ganz schönes Bild!
Bald kommen wir wieder zu den Schneebrücken in der Schlucht – wie aus einem kleinen Gletschertor gischtet der Bach hervor, und auch beim Überqueren des Wassers braucht es einen mutigen Schritt!
Die größte Überraschung erleben wir jedoch knapp vor unserem in der Kehre abgestellten Auto, wo sich inzwischen die Rinderherde (lauter sanfte Kalbinnen) zusammengeriegelt hat – ein Traktor mit Güllefass ist gerade unterwegs zur talaus am Hang gelegenen Hochalm! Nicht einmal hier heroben sind wir von dem aus dem heimatlichen St. Veit immer wieder so “vertrauten” Duft sicher… Stimmt so nicht, hier schnuppern wir nur am betörenden Almrausch!
2 Reaktionen zu “Westerach-Hochalm, ein Geheimtipp in Kirchberg / Tirol?”
Wunderschön!! Die Gegend kenne ich überhaupt nicht! Da packt mich gleich die Sehnsucht nach den Bergen!!
Ja, wirklich eine sehr “wandermäßig ergiebige” Gegend, trotz der Wintersportgebiete – immerhin kann man mit einigen Bahnen hoch hinauf fahren (Resterhöhe, Fleckbahn) und oben wandern. Ich hab jetzt noch zwei Tage zu bearbeiten – den Alpengarten am Kitzbühler Horn und das Wasenmoos beim Pass Thurn. Aber es gibt so viel nebenbei, auch wenn wir – wie mein Header zeigt (Klosteralm) – nicht weit fortkommen!
Wochenende wird wieder schön und heiß, alles Gute und Grüße!
A&BB