Schwanberg – das Hochmoor von Garanas
26. Juli 2013 von Bernhard Baumgartner
Ein Bericht zu unserem Kurzurlaub in Schwanberg: Der Heilmoor-Torf von Schwanberg kommt aus einem vor ca. 30 Jahren entdeckten Hochmoor in Garanas, einer Streusiedlung am östlichen Abhang der Koralpe. Die sich auf drei Hektar erstreckende Moorfläche gilt mit 1300 m Seehöhe als höchstgelegenes Hochmoor Österreichs. Das erscheint mir fraglich, ebenso das Alter von 60 000 Jahren wie in Wikipedia vermerkt, wegen der nacheiszeitlichen Entstehung schon eher die bei der Führung angegebenen 6000 Jahre.
Bei unserem diesmal dritten Aufenthalt im Hotel Moorheilbad Schwanberg schlossen wir uns einer Führung zu diesem sonst nicht zugänglichen Hochmoor an. Ein Termin dafür ist jeden Samstag um 14 Uhr ab dem Hotel, und Herr Quinz als Führer vermittelte nicht nur einen guten Eindruck über dieses Moor und seine Verwertung. Sondern er sorgte offensichtlich für ein volles Programm mit anschließendem gemütlichen Beisammensein in der Schirchlerhütte (dreimal so lang wie die Moorbesichtigung, was aber kein Vorwurf sein soll…).
Die 14 km lange Auffahrt von Schwanberg, zuletzt über eine Sandstraße, erfolgte mit einem Bus und wegen der hohen Teilnehmerzahl mit mehreren Privatautos. Nach Öffnen der Umzäunung marschierten wir zu den einzelnen, nahe beieinander gelegenen Stationen der Führung. Zuerst gab es die Trockenhütten zu sehen, wie sie früher für das Herstellen von Torfziegeln und sonstige Verarbeitung angelegt waren.
Jenseits einer ebenen Fläche – dem steinigen und wasserundurchlässigen Naturboden des Moores – ragt mit mehreren Metern Höhe (ich hätte eine Vergleichperson mitfotografieren sollen!) wie eine finstere Wand die Abbaufläche des Hochmoores auf. Greift man in diese scheinbar kompakte Fläche, hält man einen von Wasser triefenden Klumpen Torf in der Hand! Der Wassergehalt dieser im ersten Stadium der Verkohlung (Zersetzung unter Luftabschluss) befindlichen Torfsubstanz ist einfach ungeheuerlich – desgleichen später bei der Heilbehandlung die Wärmespeicherung.
Die dünne oberste Schicht trägt die Moorvegetation mit immer noch weiter wachsenden Torfmoosen (Sphagnum), typischen Pflanzen (Heidekraut und Beerenarten, Wollgräser, Sonnentau u. a. Blütenpflanzen), dazu den Bewuchs vor allem mit Föhren und Latschen. Die Schichten darunter sind noch kein zu Heilmoor entwickelter Torf, sie werden zu Gartentorf verarbeitet.
Je tiefer desto dunkler und “reiner” wird die Torfmasse, und diese wird für das Heilmoor abgebaut. Die endgültige Verarbeitung erfolgt dann in Schwanberg zu Breibädern, Moorpackungen usw., mit welchen auch andere Kurorte (etwa Bad Gleichenberg oder Radkersburg) beliefert werden.
Die tiefste, weniger als ein Meter dicke Schicht ist der älteste Teil des Hochmoores aus dem Beginn seiner Entstehung. Sie enthält Sand und Geröll und fossile Baumreste, die mehrere tausend Jahre alt sind und als Dekorationsstücke begehrt werden. Auf diesen Massen entwickelten sich die Torfmoos, die nach unten absterben und nach oben zu immer weiter wachsen. So entsteht eine dicke, aufgewölbte Hochmoor-Torfmasse, die nicht mehr mit dem Grundwasser in Verbindung steht (wie bei Flachmooren), sondern nur aus den Niederschlägen ihr Wasser erhält. Die daraus bedingte Nährstoffarmut führt zum Krüppelwuchs von Bäumen innerhalb der Waldzone und kann nur von speziellen Moorpflanzen als Lebensraum bewältigt werden. Der Sonnentau entnimmt als sogenannte fleischfressende Pflanze etwas eine Nährstoffe aus den an seinen klebrigen Blättern haften bleibenden Insekten!
Als wichtig angesehen und bei der Präsentation hervorgehoben wird das “Recycling” des Torfs, also ein Kreislauf von Abbau und Wiederverwertung. Nach Verwendung wird der Heiltorf zunächst zur Lagerung getrocknet, dann mit Wasser wieder aufbereitet und mittels Tankwagen nach Garanas hinaufgeführt. Dort lagert er in großen Becken, soll sich regenerieren und nach ca. 30 Jahren wieder als Heilmoor verwendbar sein. Wieweit das tatsächlich der Fall sein wird, möchte ich nicht als gesichert annehmen. Sicher ist auf jeden Fall, dass das Hochmoor selbst relativ gefahrlos betreten werden könnte, die Ablagerungsbecken jedoch sicherlich eine tödliche Falle beim Hineinfallen bedeuten würden…
Während die meisten Teilnehmer dann zu Fuß das kurze Stück über die Alm zur Schirchlerhütte hinaufwanderten, fuhr ich mit dem Auto dorthin und hatte dadurch noch etwas Zeit bis zum Eintreffen der anderen. Diese nützte ich gleich für eine private Exkursion in ein Sumpfgebiet (in der Karte als solches ausgewiesen) oberhalb der Schirchleralm, das mir bei der Tour zur Brendlhütte schon aufgefallen war.
Tatsächlich erstreckt sich wenige hundert Meter von der Schirchlerhütte nordwärts entfernt eine Moorfläche über den Sattel hinweg, aber eher vom Typ eines Flachmoores. Der Hüttenwirt konnte mir keine Auskunft darüber geben, sagte nur, dass darauf nichts wächst – so aus der bäuerlichen und forstlichen Sicht, weder Weide noch Wald. Die rechteckige Fläche ist mit diversen Sumpfgräsern und Tormoosbulten bedeckt, häufige Pflanze war nur das fruchtende Scheidige Wollgras. Über das ganze Moor verstreut ist der Bewuchs mit niedrigen Fichten, die jedoch nur spärlich begrünt , überwiegend aber mit Flechten bewachsen und abgestorben sind.
Mein Verdacht – hier hat man versucht, eine Sumpfwiese aufzuforsten, was aber vom Hüttenwirt verneint wurde. Ich könnte es mir auch so erklären, dass aus den umgebenden Wäldern Fichtensamen angeflogen wurden, die keimten und wuchsen, aber bei einer gewissen Höhe wegen des moorigen Bodens wieder kümmerten oder vielfach absterben.
Von der Seite her konnte ich diese Moorfläche mit Laufschuhen etwas vorsichtig trockenen Fußes durchqueren (ich nenne sie “Schirchlermoor” nach der benachbarten Hütte, laut Wirt nämlich namenlos).
Anschließend spielte ein lustiges Duo bis Punkt fünf Uhr auf, der flotte Gitarrist war außerdem ein ausgesprochener Witzbold, zu dessen Gags auch Herr Quinz und einzelne Gäste beitrugen. Der Spieler der Steirischen Harmonika erschien mir als vollster Naturvirtuose (vielleicht kannte er gar keine Noten und spielte nur nach Gehör und Intuition, das gibt es selbstverständlich, aber ich möchte damit seine Musikalität hervorheben und keinesfalls abwerten).
Vor der Schirchlerhütte steht übrigens ein Steinmal mit interessanten Ritzzeichen – es wird “Religionsstein” genannt und soll die Grenze zwischen den Bistümern Brixen und Salzburg markieren, die hier im frühen Mittelalter als Grundherren in Erscheinung traten.