Istrien: Zwischen Porec und Labin
4. Mai 2010 von Bernhard Baumgartner
Der erste Urlaubstag in Istrien verleitete uns gleich zu einem “Rundumschlag” quer über die Halbinsel – von Porec möglichst weit bis zur südöstlichen Küste… starkes Programm, aber voll Tatendrang und Neugier…
Am “Limfjord”
Der Limski Zaljev (Limskikanal) ist ein 6 km langer Fjord an der Mündung dieses nördlich von Beram (im zentralen Bergland Istriens) beginnenden Tals in die Adria zwischen Vsar und Rovinj. Im Gegensatz zur Mirna und Rasa (den beiden größten Flüssen Istriens) handelt es sich dabei um ein weitgehend trockenes Tal, ein geringes Gewässer gibt es nur im Mittellauf nahe Sv. Petar und Sumi (die dortige Klosteranlage der Paulaner wäre eine Besichtigung wert). Die bis zu 200 m hohen Hänge des Fjords sind schattseitig mit Laubwäldern und sonnseitig mit mediterraner Macchie bewachsen und von Felsen durchsetzt (Klettergärten). In der Romuald-Höhle wurden eiszeitliche Tierreste und menschliche Artefakte bis zurück in die Altsteinzeit gefunden. Das Gewässer eignet sich ideal für die Austernzucht, die hier noch immer betrieben wird.
Unsere Bergabtour begann bei dem östlich von Klostar an der Straße befindlichen Aussichtspunkt (mit nur einem “Standel”, weiter östlich – gegen die Straßenkreuzung zu – hingegen ein kleiner Markt) – Hinweis für Honiginteressenten: 1 kg kostet hier an der Straße 80 Kunar = ca. 11 Euro! Wir bezahlten bei einem richtigen Imker nahe Motovun 50 Kunar…
Einem ausgeprägten Steig nach ging es (bei der ersten Verzweigung rechts haltend) hinab bis unter die überhängenden Felswände, dann auf immer spärlicheren und rutschigeren Steigspuren bis ans Ufer bei einer Austernanlage. Wie weiter? Östlich am Ufer entlang – schon versperrt eine Klippe den Weg – also hinauf ins Gebüsch und dieses durchquerend mühsam weiter bis zur nächsten, bis zum Wasser reichenden Lichtung. Dort war dann wirklich Ende - voraus eine hohe Felswand! Zum Glück fanden wir über diese Lichtung ansteigend bald einen Steig, der immer besser begehbar und dann rechts wendend im Wald die Wandzone bewältigte. Zuletzt ging es mit herrlicher Aussicht links am Plateaurand weiter zur Einmündung in den Abstiegsweg wenig unterhalb vom Aussichtspunkt.
Der Besuch des Fjordendes war weniger eindrucksvoll, ja sogar etwas lästig – eine Unmenge Verkaufsstände und nur wenige, heftig attakierte Touristen! Die Romuald-Höhle war noch geschlossen, Einkehrmöglichkeiten hätte es genug gegeben. Also Weiterfahrt – wir hätten tatsächlich auf einem etwas urigen Fahrweg direkt im Tal nach Dvigrad gelangen können. Zur Sicherheit fuhren wir aber auf der Hauptstraße über den Kreuzungspunkt Kanfanar.
Dvigrad – das “Pompeji des Mittelalters”
Auf einem Umlaufberg des Limtales entstand über einem “Urweg” von der Küste ins Landesinnere (Herrschaftsort Pazin) um das Jahr 1000 eine mit Mauern umgürtete Befestigung (ital. Duecastelli, kroat. Dvigrad – zwei Burgen). Diese begann im 14. Jh. zu verfallen, wurde aber erst 300 Jahre später nach Krieg, Pest und Malariaepidemie endgültig verlassen. Die weitläufigen Ruinen gelten als eine der größten und am besten erhaltenen verlassenen Städte Europas!
Wir wanderten noch durch den Flaumeichenbestand mit zahllosen Blattrosetten der erst später aufblühenden Purpur-Knabenkräuter noch zum nahen Kircherl St. Antonius mit schönem Blick auf die Ruinenstadt, deren größter Kontrast die nahe davon über das Limtal führende Schnellstraßenbrücke darstellt.
Svetivincenat (St. Vinzenz) und Barban
Nachmittags quer übers Land zu zwei kunsthistorisch bekannten Städten. Zuerst Svetivincenat mit eindrucksvollem Schloss, von dem nur mehr Türme und Außenmauern aufragen, daneben der schöne Hauptplatz mit Zisterne und Loggia, weniger bewegend (wie die meisten Bauten aus dieser Zeit) die Renaissancekirche – dazu Naturkulisse: ein Gewitter mit heftigem Platzregen…
Das nur mit einem Stadttor und Turmrest etwas beeindruckende Barban (die mit Fresken versehene Kapelle davor verschlossen) besuchten wir an diesem Tag dreimal (und sicher nie mehr…). Zuerst beim kurzen Rundgang, dann bei der Rückfahrt und wegen Irrfahrt Richtung Pula noch einmal zurück zur richtigen Abzweigung Richtung Zminj (soll auch interessant sein, aber nicht mehr geschafft) noch ein drittes Mal!
Bergdörfer über dem Rasafjord
Der späte Nachmittag verlockte uns noch zur Weiterfahrt Richtung Labin. Eine steile Kurvenstraße brachte uns hinab ins Tal der Rasa (“Rascha”), eine ganz eigenartige Landschaft ähnlich dem Mirnatal, die es gelohnt hätte, sie noch genauer zu “erforschen”. So blieb es bei einer Fahrt durch das trockengelegte Wiesental bei Most-Rasa, zum Hafen Trget und zur Plateauhöhe mit ihren verstreuten Weilern und Karstflächen.
Die alte Festungsstadt Labin und das nahe Touristenzentrum Rabac sind die bekanntesten Orte an der südöstlichen Küste Istriens, im Südteil der Kvarner Bucht (Zentren weiter nördlich sind Opatija und Rijeka). Die Umgebung ist reich an Steinkohlevorkommen, die unter der italienischen Zugehörigkeit intensiv ausgebeutet wurden - 1936 der Ort Rasa als Bergwerkssiedlung neu angelegt, Kohlebeförderung mittels einer heute nicht mehr betriebenen Eisenbahn nach Trget , dessen Hafen durch den Zaljev Rasa (“Rasakanal” oder “Rasafjord” – analog zum Limfjord) von Hochseeschiffen erreichbar ist. Gegenwärtig wird hier viel Holz verladen, denn der Bergbau ist längst eingestellt (1966 in Rasa, erst 1999 bei Labin). Die fjordartige Buch setzt sich landeinwärts in der Raska Draga (Raskaschlucht) fort und entwässerte einen südwestlich vom Uckamassiv ausgebreiteten See, der erst 1932 trockengelegt wurde (zur Bekämpfung der Malaria und Gewinnung von Kulturland, in den Atlaskarten noch mitunter eingezeichnet).
An der Mole von Trget vorbei ging die Fahrt zwischen Steilhängen mit alten Steinbrüchen und der tiefblauen Bucht nach Kapelica, scheinbar “Ende der Welt”! Aber eine steile und schmale Bergstraße wies zur Höhe hinauf, und rechts abzweigend gelangten wir zu den wenigen Häusern von Trgetari - verstreute Feriendomizile in alten Steinhäusern und nicht so massiven neueren Bauten. Durch Flaumeichenwald und über splittriges Kalkgeröll (mit Calciteinsprengungen) wanderten wir in die Karstwildnis hinaus, von einem Fahrweg (zu einem Sender führend) auf Steigspuren abzweigend und über zerklüftete Blockformationen hinweg.
Echt fündig wurden wir aber erst in Burijaki – beschilderte Seitenstraße bis zum endgültig letzten Haus. Dort weiterwandernd und (bei einem Müllplatz !) rechts gelangten wir auf eine mit hohen Steinwällen umgebene Kulturfläche, teils mit angebautem Getreide, alten Weinstöcken und Oliven, teils brach liegend. Dort blühten vier Orchideenarten gerade auf – Spinnenragwurz, Purpurknabenkraut, Kleines Knabenkraut und das von uns noch nie gesehene Schmetterlingsknabenkraut. Selbstverständlich gab es auch die lieben “Frühlingszyklamen”.
Bei der Rückfahrt gelangten wir trotz Beschilderung in ein Wirrwar von asphaltierten (!) Fahrwegen und landeten schließlich im Hof eines als Feriensitz wunderschön renovierten alten Steinhauses! Vom eifrigen Hund heftig umbellt, vom womöglich Italienisch mehr als Kroatisch sprechenden Besitzer freundlich weitergewiesen – endlich wieder auf der Nebenstraße hinunter zum Hafen in Trget und damit auf der Rückfahrtsroute. Wie schon bemerkt, in Barban statt rechts Richtung Zminj ein Stück Richtung Pula und daher einige Kilometer zurück, insgesamt an diesem Tag mehr als 10 Stunden unterwegs, zu Fuß ca. 5 Stunden und 138 km, vielfach auf Nebenstraßen.
Wer weniger an Istrien interessiert ist und vor allem keine genauere Karte dafür hat, wird mit meinem Bericht womöglich nicht viel anfangen. Aber für uns war es ein typischer erlebnisreicher Urlaubstag, allerdings auch der “stärkste”…