Istrien: Unser “naher Süden”
29. April 2010 von Bernhard Baumgartner
Nach einer Frühsommerreise (Standort Medveja bei Opatija / Abbazia) und einem Herbsturlaub (Umag) sollte jetzt eine Frühlingstour unsere Eindrücke von Istrien abrunden. Vor allem waren wir neugierig, ob und was sich botanisch schon im April dort an der Küste und vor allem auch auf den Bergen abspielt (Ende April und Anfang Juni waren wir auch schon auf der Insel Krk in Baska). Diesmal Standort bei Porec, im Hotel Valamar Diamant in Brulo – eine von diesem Tourismusunternehmen völlig okkupierte Bucht, von wo aus man in einer guten halben Stunde über die Strandpromenade zum Hafen und in die Altstadt von Porec kommen kann.
Der Frühling bricht aus – in der vorletzten Aprilwoche, aber nur in den niedrigen Lagen Istriens (vergleichbar mit dem Wiener Becken = beginnende Blüte der Rosskastanien). Reizend waren die allenthalben blühenden Sternanemonen, zahlreich wie bei uns der Löwenzahn (dort auch eine Art des Rauen Löwenzahns vorherrschend). Viel seltener gab es die “Frühlingszyklamen” (nur an den südlichen küstennahen Berghängen), dafür aber einige Orchideenarten, fast alle auch bei uns irgendwo und gar nicht so selten oder im Gegenteil fast nicht zu finden, jedenfalls in Istrien allesamt in verschwenderischen Mengen! Neu für uns war das Schmetterlings-Knabenkraut / Ochis papilionacaea, eine mediterrane Art. Allerdings vermissten wir das Bleiche (Blassgelbe) Knabenkraut / Orchis pallens, das doch eher auf den alpin-dinarischen Raum beschränkt sein dürfte – vielleicht hätten wir es auf den Bergen vorgefunden, wenn wir später dran gewesen wären, aber das gilt wohl für viele Blumen, auf die wir eigentlich gehofft hätten.
Weil wir bei unseren anderen Urlauben uns schon sehr auf die kunsthistorischen Sehenswürdigkeiten (samt “verborgenen Schätzen”) gestürzt hatten, stand diesmal das Naturerlebnis im Vordergrund. Faszinierend ist die Geschichte Istriens aber allemal, und man kommt nicht umhin, sich damit intensiver zu beschäftigen, noch dazu, wenn man vorher von den historischen Gegebenheiten nicht viel Ahnung hatte. Daher füge ich hier eine Zusammenstellung bei, die eigentlich für einen Artikel im “Granatapfel” (> Suche: Granatapfel) vorgesehen war:
Istrien als „Spielball der Macht”
In den um die Zeitenwende eroberten Höhenfestungen der illyrischen Istrier errichteten die Römer ihre Stadtsiedlungen und ließen das Land ringsum – je nach Fruchtbarkeit – mit Wein oder Oliven bebauen. In der Völkerwanderungszeit wechselte die Zugehörigkeit vom Weströmischen Reich, über die Germanen Odoakers und die Ostgoten unter Theoderich, zum Einflussgebiet von Byzanz, abgelöst von den Langobarden und dem Frankenreich unter Karl dem Großen. Ab 1267 begab sich eine Stadt nach der anderen unter den Schutz Venedigs, das bis 1420 auch die unter Herrschaft der Patriarchen von Aquileia stehenden Gebiete an sich zog. Die Hoheit Österreichs dauerte – nur in der Napoleonischen Zeit unterbrochen – von 1797 bis zum Ende des 1. Weltkrieges. Danach gehörte Istrien zu Italien, bis nach dessen Kapitulation 1943 die deutsche Wehrmacht das Land besetzte. Nach dem Kriegsende 1945 dauerte es elf Jahre bis zur Abklärung der im Kalten Krieg maßgeblichen Einflusszonen. Der Küstenstreifen bei Triest verblieb beim NATO-Staat Italien, das übrige Gebiet kam zu Jugoslawien.
Diese politischen Umwälzungen führten dazu, dass sich viele zur italienischen Volksgruppe gehörigen Einwohner in ihr sprachliches Mutterland Italien absetzten und nur mehr eine Minderheit im nun kroatischen Istrien verblieb. Ohne diese Kenntnis der jüngeren Geschichte Istriens würde man verwundert sein, hier zweisprachige Ortsnamen in Kroatisch und Italienisch anzutreffen. Nach dem Zerfall dieses (von Tito zusammengehaltenen) „Mehrvölkerstaates” in den jüngsten Balkankriegen entstanden 1991 als neue Staaten Kroatien und Slowenien, das am Nordrand Istriens seinen schmalen Meereszugang behauptet.
Über unsere einzelnen Touren möchte ich in eigenen Beiträgen berichten! Bilder AB beachten – Bildautorin Anni Baumgartner für wandertipp.
1 Reaktion zu “Istrien: Unser “naher Süden””
@ BB
toll !, und wie bereits schon mal betont : frau anni , kompliment an die bildautorin !
zum beispiel obiges sonnenuntergangs- bild : suprig, wie herr gatte zu sagen pflegt
diese uferpromenade ( oder strandpromenade ) erinnert mich an die promenade von opatja, wo ich ja seinerzeit dem armen schwerkranken fernsehsprecher walter richard langer begegnet bin
habe diesen artikel sehr genossen, danke
HB